München Soll es in Schulkantinen künftig kein Fleisch mehr geben? Manch einer, der die Tierhaltung am liebsten abschaffen würde, hält das für eine gute Idee. Landesbäuerin Christine Singer nicht. Bei der Neujahrspressekonferenz des Bayerischen Bauernverbandes hatte sie vergangene Woche betont, dass Fleisch zur gesunden Ernährung und deshalb auch in die Schul- und Kita-Kantinen gehöre. Dafür erntete sie in den Sozialen Medien jetzt mit einwöchiger Verspätung einen wahren Sturm der Gefühle, von Applaus bis Spott.
Der Bayerische Rundfunk hatte Singer in einem Posting, einem sogenannten Sharepic, folgendermaßen zitiert: „Wichtig ist, dass Kinder an Fleisch gewöhnt werden. Später ist es ihre freie Entscheidung, ob sie es essen oder nicht.“ Bis Mittwoch zählte der Beitrag bei Facebook über 3000 Likes – sowohl Lach-Emojis als auch Daumenhoch – und über 1500 Kommentare.
„Solch ein Beitrag ist ein weiterer Grund, weitgehend auf Fleisch zu verzichten“, schrieb ein Nutzer etwa. Debattiert wurde, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage Singer zur Aussage gelangt, Fleisch sei gesund. „Diese Studien hat der Bauernverband vermutlich selbst und aus reinem Eigennutz gemacht“, lautete ein Kommentar. „Lobbyarbeit hat beim Schulessen nichts verloren“ ein anderer, flankiert vom zwangsläufigen Konter: „Warum muss dann in der Schule auf Fleisch verzichtet werden?“
Christine Singer zeigte sich gegenüber dem Wochenblatt selbst überrascht von der großen Resonanz auf das Zitat und auch von der Brutalität manch Kommentierender. Die Aussage habe sie ganz am Schluss der Veranstaltung getroffen, ihr Fokus habe eigentlich auf den gesundheitlichen Aspekten von Fleischkonsum und „Wahlfreiheit in der Gemeinschaftsverpflegung“ gelegen. „Ausgerechnet der Satz ist dann aber hängengeblieben“, bedauert sie.
Singer: Fleisch enthält hochwertiges Eiweiß
Mit der Wortwahl ist die Landesbäuerin selbst nicht ganz zufrieden. Auf Instagram entschuldigt sie sich als @sandlbaeuerin dafür: „Ups…da hab ich wohl eine unglückliche Formulierung gewählt!“
Inhaltlich aber steht Singer, die auch neue Tierhalterpräsidentin des BBV ist, weiter dazu: „Fleisch enthält hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe und ist ein wichtiger Baustein in unserer Ernährung.“ Außerdem sei Fleisch Bestandteil der Versorgung mit regionalen Lebensmitteln, „denn mit der Tierhaltung können wir auch Grünland nutzen“.
Schützenhilfe erhielt die Landesbäuerin unter anderem von Gerhard Langreiter, Vize-Kreisobmann von Mühldorf am Inn, Vorsitzender des Fleischerzeugerringes Mühldorf-Traunstein und Mitglied im Landesfachausschuss Tierische Erzeugung und Öffentlichkeitsarbeit. „Es ist vielleicht nicht sinnvoll, einen auf bairisch gesagten Satz ins Hochdeutsche 1:1 zu übernehmen und als einzelnen Satz zu posten“, kommentierte er, und betonte: „Kinder sollen einfach die Möglichkeit haben, sich vielseitig zu ernähren und da gehört Fleisch in allen Varianten mit dazu.“
Bauernverband: Fleisch gehört zu Ernährung dazu
Bedanken wollte sich Wolfgang Scholz bei Singer. Der Kreisobmann von Weilheim-Schongau und VMB-Vorsitzende hatte 2021 bereits Milch als „alternativlos“ bezeichnet, ein weiteres tierisches Produkt, das in der Schulkantine - genau wie Fisch - zunehmend in der Kritik steht. „Vielen Dank für die klären Worte“, schrieb er. „Mittlerweile bedarf es schon einer Portion Mut, die Dinge auch zu benennen. Weiterhin wünsche ich viel Kraft dabei.“ Mit Siegfried Jäger meldete sich noch der Bezirkspräsident von Niederbayern zu Wort: „Zu einer ausgewogenen gesunde Ernährung gehört auch Fleisch, genau so wie Gemüse. Deshalb Respekt für Ihre klaren Aussagen.“
Der vielleicht versöhnlichste Kommentar, verfasst von einer Nutzerin, wäre im Sturm dann fast noch untergegangen: „Koch- und Ernährungsunterricht in den Schulen für alle!“