Die neue deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/ Die Grünen) konnte sich beim Treffen der EU-Umweltminister am Montag (20.12.) nicht der österreichischen Position beim Umgang mit neuen Züchtungstechniken anschließen.
Sie betonte, die Bundesregierung lege großen Wert auf das Vorsorgeprinzip und auf die Wahlfreiheit der Verbraucher. Deutschland habe sich den Österreichern aber nicht angeschlossen, da es im Koalitionsvertrag keine Aussage über eine Neuregelung von neuen genomischen Züchtungstechniken gebe. Sie habe die Position von Österreich aber mit Interesse zur Kenntnis genommen, ließ die deutsche Umweltministerin wissen.
Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler, ebenfalls von den Grünen, setzte jedoch auf frühe Akzente für die Neuregelung von neuen genomischen Züchtungstechniken (Cripsr/Cas). Es müsse das in der EU anerkannte Vorsorgeprinzip gelten, forderte Gewessler. Bevor die EU-Kommission einen Vorschlag für die Regelung der "neuen Gentechnik" vorlege, sei eine umfassende Risikoabschätzung notwendig.
Auch nach einer Neuregelung müsse der Käufer die Wahlfreiheit behalten. Deshalb sollten Erzeugnisse, die mithilfe der Genschere erzeugt wurden, klar gekennzeichnet werden, so die österreichische Umweltministerin. Österreich hatte den Punkt auf die Tagesordnung unter "Sonstiges" gesetzt und wurde von Ungarn, Zypern und Luxemburg unterstützt.
Gesundheitskommissarin sieht keine Deregulierung
Die EU-Kommission kündigte für das Ende des kommenden Jahres einen Vorschlag für die neuen Züchtungstechniken (NGT) an. Auch innerhalb der Kommission gehen die Meinungen zu NGT auseinander. Den Kritikern der "neuen Gentechnik" beteuert EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, die EU-Kommission werde keine Kompromisse bei der Sicherheit der neuen Methoden machen.
Von einer "Deregulierung" möchte sie deshalb nicht sprechen, wenn die "neue Gentechnik" aus den bestehenden EU-Gentechnikverordnungen herausgenommen werden soll. Die EU-Kommission setzt vor allem auf neue, resistente Sorten, die eine Verminderung von Pflanzenschutzmitteln ermöglichen.
Umweltkommissar sieht Vorteile
EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius sieht dagegen durchaus Vorteile und Chancen. Beispielsweise ist der Litauer überzeugt, dass die NGT zu einer Verminderung des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes führen können. Damit seien die betreffenden Produkte auch freier von Schadstoffen. Zudem könnten Produkte mit höheren Nährstoffgehalten erzeugt werden. Wie die Gesundheitskommissarin will auch der Umweltkommissar an einer Risikobewertung festhalten, die sich an dem Vorsorgeprinzip orientiere.
Weitaus wohlwollender gegenüber den NGT wie Crispr/Cas gaben sich die Niederlande. Den Haag begrüßte ausdrücklich das Vorhaben der Kommission, das nicht mehr zeitgemäße EU-Gentechnikrecht zu überarbeiten. Frankreich sprach sich ebenso für eine solche Überarbeitung aus, allerdings mit einer strengen Risikobewertung.