Brüssel - Nach nächtlichen Zweiergesprächen setzten sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten am Freitagnachmittag in Brüssel wieder an einen Tisch, um über den EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 zu debattieren. Doch von einer Einigung sind sie noch weit entfernt. Österreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande verharren auf ihrer Position, nach der nicht mehr als 1,0% des BIP an das zukünftige EU-Budget abgeführt werden soll. Die anderen werfen der Gruppe der "sparsamen Vier" fehlende Kompromissbereitschaft vor. "Wenn die Gruppe auf ihrer Position beharrt, könnten wir gleich abreisen", konterte der tschechische Premierminister Andrej Babis.
Die Osteuropäer und die meisten südlichen EU-Mitgliedstaaten haben sich zu einer Gruppe der "17 Freunde eines ambitionierten Europas" zusammengeschlossen. Sie sehen den EU-Kommissionsvorschlag mit Zahlungen in Höhe von 1,114% des BIP als Minimum an und forderten einen Erhalt der Agrar- und Kohäsionsmittel. Die ausgabenbereiten EU-Mitgliedstaaten argumentieren, ein niedrigerer EU-Haushalt werde vom Europaparlament ohnehin nicht akzeptiert. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist gegenüber zusätzlichen Zahlungen etwas offener als die "sparsamen Vier", sie beharrt aber entschieden auf einem Rabatt für Deutschland.
Die Brexit-Lücke von rund 75 Mrd. Euro im Haushalt der Jahre 2021 bis 2027 scheint die verbleibenden EU-Mitgliedstaaten auf dem EU-Gipfel hart zu fordern. EU-Ratspräsident Charles Michel wollte am Freitagnachmittag einen weiteren Kompromiss vorlegen, aber ein Durchbruch war nicht in Sicht und auch eine Vertagung der Verhandlungen wurde nicht mehr ausgeschlossen.