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EU-Agrarpolitik

EU-Agrarrat: Premiere für Cem Özdemir

Josef koch
Josef Koch
am Montag, 13.12.2021 - 06:30

Özdemir ist einziger Grüner im Agrarrat. Welche Ziele der Bundesagrarminister auf europäischer Ebene verfolgen will.

Özdemir Cem-Kabinett

Wenige Tage nach seinem Amtsantritt wird Bundesagrarminister Cem Özdemir, heute (13.12.), in Brüssel an seinem ersten Agrar- und Fischereirat teilnehmen. Er kündigt an, Deutschland werde auch auf europäischer Ebene kraftvoll vorangehen – für mehr Klimaschutz, mehr Artenreichtum, mehr Tierschutz. „Das ist auch das Anliegen der Landwirtinnen und Landwirte,“ so Özdemir. Aber das koste Geld, sie müssen wettbewerbsfähig sein und brauchen verlässliche Perspektiven. Der politische Rahmen dafür werde vielfach auch in Brüssel gesetzt. „Ich will einen wirkungsvollen Beitrag leisten, hier voranzukommen und unterschiedliche Interessen zusammenzubringen,“ nennt der grüne Agrarminister seine Ziele.

Schwerpunkt des Rats wird die Festlegung der Fischereiquoten in Nicht-EU-Gewässern sowie im Atlantik, der Nordsee, dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer für 2022 sein. Außerdem beraten die EU-Agrarministerinnen und -minister unter anderem über den Schutz kleinerer Lieferanten und Erzeuger vor unlauteren Handelspraktiken UTP-Richtlinie). Zudem soll der Rat Schlussfolgerungen zu einem Notfallplan beschließen, um die Lebensmittelversorgung sicherzustellen.

Am Rande der Sitzung wird Bundesminister Özdemir zudem mit den EU-Kommissaren für Landwirtschaft und Fischerei, Janusz Wojciechowski und für Umwelt, Virginijus Sinkevičius sowie mit seinen französischen Amtskollegen, Julien Denormandie (Landwirtschaft) und Annick Girardin (Fischerei), zu einem ersten Gespräch zusammenkommen.

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Auswahlmöglichkeiten

Startschwierigkeiten möglich

Auf der europäischen Bühne steht Özdemir als gegenwärtig einziger grüner Agrarminister unter besonderer Beobachtung. Politische Beobachter mutmaßen, ihm könnten in Brüssel bereits etablierte Parteinetzwerke fehlen. Dies könnte, so verschiedene Brüsseler Akteure gegenüber Nachrichtendienst Agra Europe, unter anderem bei der Vorbereitung der EU-Agrarratstreffen zumindest zu Beginn leichte Startschwierigkeiten mit sich bringen.

So kommt es in der Regel vor den offiziellen Zusammenkünften der Landwirtschaftsminister in Brüssel oder Luxemburg jeweils zu eigenen Vortreffen der Ressortchefs der Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten und Sozialisten sowie der liberalen Parteien. Auch die agrarpolitischen Sprecher der jeweiligen Fraktionen nehmen teil.
 

Lins: Deutschland gehörte schon vor Özdemir zum Reformlager

Norbert Lins von der CSU

Andere Kreise unterstreichen allerdings, dass die unterschiedlichen Trennlinien im Agrarrat eher geographisch respektive kulturell begründet sein dürften. Je nach Thema gibt es also vor allem innerhalb der östlichen Mitgliedstaaten, wie beispielsweise der aus Polen Tschechien, der Slowakei und Ungarn bestehenden Visegrád-Gruppe, den südlichen Mittelmeerländern sowie den teilweise progressiveren westlichen und nördlichen Mitgliedstaaten parteiübergreifende Zusammenarbeit.

Erste Kritik am neuen deutschen Bundeslandwirtschaftsminister hat der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament, Norbert Lins vorgebracht. Die Aussage des Grünen-Politikers, dass die Bundesrepublik im Agrarrat jetzt in das Reformlager wechseln werde, sei objektiv unzutreffend, so Lins. Laut dem CDU-Politiker ist Deutschland immer im Reformlager der EU-Mitgliedstaaten vertreten gewesen. Gerade Özdemirs Amtsvorgängerin Julia Klöckner habe mit großem Engagement die südlichen und östlichen Mitgliedstaaten von notwendigen Änderungen an der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) überzeugen können.

Häusling: Kommissionspitze an Özdemirs Seite

Von der Leyen

Lob für den neuen Berliner Agrarressortchef kam indes erwartungsgemäß von seinem Parteikollegen, dem grünen Agrarsprecher Martin Häusling. Der langjährige EU-Agrarpolitiker zeigte sich vor allem überzeugt, dass Özdemir die entscheidenden Personen aus der Kommission auf seiner Seite habe.

Hier nannte Häusling Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) sowie den geschäftsführenden Vizepräsidenten und Klimakommissar Frans Timmermans (Sozialdemokraten). Der Grünen-Politiker begrüßte zudem, dass die länderübergreifende „Panikmache“ vor der Farm-to-Fork-Strategie (Vom Hof auf den Tisch) durch seinen Parteifreund keine Unterstützung finden werde.

Mit Material von AgE