Größere Unabhängigkeit von Importen sowie sofortige Lebensmittellieferungen in die Ukraine, sind zentrale Forderungen eines Entschließungsantrags des EU-Parlaments. Er erhielt im Plenum am Donnerstag (24.3.) in Brüssel mit 413 Pro- zu 120 Gegenstimmen und bei 49 Enthaltungen eine große Unterstützung. Die Entschließung umfasst das Einrichten von Lebensmittelkorridoren in die und aus der Ukraine, die Diversifizierung der Quellen von Agrarimporten in die EU, die landwirtschaftliche Produktion in der EU anzukurbeln sowie eine Hilfe für betroffene Landwirte in der Union.
Die Nahrungsmittelhilfe für die ukrainische Bevölkerung sollte angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ernährungssicherheit als eine robuste, langfristige und humanitäre Nahrungsmittelhilfe gewährt werden. Die EU sollte außerdem als Alternative zu den geschlossenen Häfen im Schwarzen Meer Lebensmittelkorridore in die und aus der Ukraine öffnen. Die ukrainischen Landwirte seien durch Bereitstellen von Saatgut, Treibstoffen und Düngemitteln zu unterstützen.
Importe aus Drittländer besser streuen
Die COVID-Pandemie und der Krieg in der Ukraine hätten den Abgeordneten zufolge deutlich gemacht, dass die EU ihre Abhängigkeit von Einfuhren aus einem einzigen oder zu wenigen Drittländern reduzieren müsse. Sie fordern eine Diversifizierung der Lieferungen. Ebenso soll die Kommission prüfen, wie die Auswirkungen der hohen Düngemittelpreise auf die Landwirte abgefedert werden können. Um die Abhängigkeit von Düngemittelimporten langfristig zu verringern, schlägt das Parlament alternative organische Nährstoffquellen vor sowie Innovationen zu fördern.
Schließlich verlangt die Entschließung, die Lebensmittelproduktion in der Union zu steigern, um die Abhängigkeit von Importen zu verringern. Landwirtschaftliche Flächen sollten in erster Linie nur für Nahrungs- und Futtermittel genutzt werden. Um den unmittelbaren Bedarf zu decken, sollen Landwirte ab 2022 brachliegende Flächen für Eiweißpflanzen nutzen können. Die Kommission ist aufgefordert, die am stärksten betroffenen Sektoren zu unterstützen und die Krisenreserve von 479 Mio. € zu mobilisieren. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, Marktteilnehmern auf dem Agrarmarkt umfassende, schnelle und flexible staatliche Beihilfen zu gewähren.
Das sagen bayerische EU-Abgeordnete zur Entschließung

Zusammen mit ihren deutschen EVP-Kollegen sieht Marlene Mortler (CSU) mit der Entschließung ein klares Signal an die Märkte und an den russischen Präsidenten Putin. „Die EU hält dagegen, wir produzieren nachhaltig mehr und legen kein Ackerland zwangsweise still“, so Mortler. Durch den Ukrainekrieg drohen Produktionsausfälle von bis zu 25 Mio. t Weizen. Wenn Putin russisches Getreide als Waffe einsetze, könne sich diese Fehlmenge verdoppeln.
Für die bayerische EU-Abgeordnete Ulrike Müller (Freie Wähler) stellt diese Nahrungsmittelkrise eine längerfristige Herausforderung für die Agrarreform 2023 dar. Das beschlossene Übergangsjahr sollte allerdings Flexibilität ermöglichen, insbesondere bei der Nutzung von Brachflächen für die Eiweißpflanzenproduktion, ohne die Gesamtziele des Green Deal in Frage zu stellen.
Diese Ziele will auch Maria Noichl (SPD) keineswegs aufgeben. Ihrer Meinung nach gibt es dauerhafte Ernährungssouveränität nur mit einer ressourcenschonenden Landwirtschaft. In Krisenzeiten müsse umgesteuert und weniger Essen für den Trog und mehr für den Teller produziert werden. „Dazu muss der weltweite Tierbestand gesenkt werden,“ ist sie überzeugt. Damit liegt sie auf der Linie von den Grünen. Nach Auffassung ihres Agrarsprechers Martin Häusling wäre es ein weiterer Fall „sturer Wissenschaftsleugnung“, wenn die EU ihre Nachhaltigskeitsvorhaben verlangsamen oder sogar ganz begraben würde.
Während die Grüne-Fraktion und die SPD-Abgeordneten gegen die Entschließung stimmten, war von der sozialdemokratischen Fraktion (S&D) jedoch eine Mehrheit für die Entschließung.