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Welternährung

Essen wird etwas billiger, aber Zeitbombe Düngerpreise tickt

Getreideernte (Symbolbild): Weltweit werden Nahrungsmittelpreise seit Monaten wieder etwas günstiger. Das sagt die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Trotzdem bleibt Nahrung deutlich teurer als noch vor einem Jahr. Außerdem warnt die FAO, dass Auswirkungen auf die globale Nahrungsversorgung, etwa durch massiv angestiegene Düngerkosten, noch gar nicht auf die Märkte für Lebensmittel durchgeschlagen haben.
Simon Michel-Berger Portrait 2019
Simon Michel-Berger
am Dienstag, 09.08.2022 - 11:48

Der steile Anstieg globaler Nahrungsmittelpreise wurde im Juli gebrochen. Ein wichtiger Preisindex der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ging um fast 9 % zurück. Die Gefahr von Hungerkrisen sei aber noch nicht gebannt. Noch seien die Auswirkungen stark angestiegener Düngerpreise gar nicht zu spüren.

Zum vierten Mal in Folge ist der monatliche Nahrungspreisindex der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Juli gesunken, diesmal um 8,6 Prozent auf 140,9 Punkte. Das gab die Organisation am vergangenen Freitag bekannt. Der Nahrungspreisindex der FAO gilt als ein wichtiger Anzeiger für die Preisentwicklung von Lebensmitteln weltweit. Er bildet Preise für Fleisch, Milchprodukte, Getreide, Pflanzenöle und Zucker ab.

Nahrungsmittel bleiben außergewöhnlich teuer

Die FAO weist darauf hin, dass trotz einem Rückgang des Lebensmittelpreisindex von seinem Rekordhoch bei rund 160 Punkten im März 2022 Nahrungsmittel immer noch deutlich teurer sind als im mehrjährigen Vergleich vergangener Jahre. So liege der Index im Juli gut 13 % höher als im Juli des Jahres 2021. FAO-Chefvolkswirt Maximo Tolero fasst die aktuelle Entwicklung zusammen: „Der Rückgang der Nahrungsmittelpreise von ihrem sehr hohen Niveau ist eine willkommene Nachricht, insbesondere wenn man die Perspektive des Zugangs zu Lebensmitteln im Blick hat.“

Warum die Nahrungskrise noch nicht abgewendet ist

Gleichzeitig sei die weltweite Versorgungssituation mit Nahrungsmitteln weiterhin gefährdet. FAO-Chefökonom Maximo Tolero verweist darauf, dass nach wie vor viele Unsicherheiten bestehen. Konkret nennt er:

  • „hohe Düngemittelpreise, die Auswirkungen auf die künftige Produktion von Nahrungsmitteln und die Einkommen von Landwirten haben,
  • düstere Konjunkturaussichten für die Weltwirtschaft,
  • starke Schwankungen bei Wechselkursen.

So teuer ist Dünger in Deutschland derzeit

Mehrfach hat agrarheute berichtet, dass Düngerpreise auf breiter Front steigen, obwohl Getreidepreise fallen. So kostete laut einer aktuellen Umfrage der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz eine Tonne Kalkammonsalpeter ab Lager (ab 10 t, 27 % N, ohne Mehrwertsteuer) am 3. August durchschnittlich 790 €. Mitte Mai lag der Preis noch bei durchschnittlich 730 €/Tonne. Im März und April hatten die Preise allerdings bei über 900 €/t gelegen.

Sinkende Pflanzenölpreise treiben Entlastung

Ein entscheidender Faktor beim Rückgang der globalen Nahrungspreise ist laut FAO das starke Absinken der Preise für Pflanzenöle. Diese sind gegenüber Juni um 20 % gesunken und liegen damit auf dem niedrigsten Wert in zehn Monaten. Wichtigste Faktoren hinter dieser Entwicklung sind positive Exportaussichten für Palmöl aus Indonesien und eine deutlich geringere weltweite Nachfrage nach Sonnenblumenöl. Letztere gleiche sogar die Exportschwierigkeiten der Ukraine aus. Schließlich würden Pflanzenölpreise such auch am Rohölpreis orientieren und dieser befinde sich derzeit im Sinkflug von seinem Rekordhoch im Juni. Über Erntedruck und Ölpreisverfall sowie den Absturz der Rapspreise hat agrarheute Ende Juli berichtet.

Schwarzmeer-Exporte drücken Getreidepreise

Die weltweiten Getreidepreise liegen im Juli gut 11 % unter dem Durchschnittswert des Vormonats, Getreide bleibt aber weiterhin fast 17 % teurer als vor einem Jahr. Grund sei das Abkommen über ukrainische Getreideexporte. Erst Anfang August hatten wieder 57.000 Tonnen Getreide auf drei Schiffen die Ukraine verlassen. Durch das Abkommen seien sowohl die Preise für Weizen als auch für Mais gesunken. Ein weiterer Faktor hinter den sinkenden Getreidepreisen seien die Ernten auf der nördlichen Hemisphäre (Weizen) bzw. in Exportländern wie Argentinien und Brasilien (Mais). Zum ersten Mal in diesem Jahr seien außerdem die Preise für Reis gesunken.

Zucker wieder etwas günstiger

Um 4 % zurückgegangen sind laut FAO im Juli die Weltmarktpreise für Zucker. Die Gründe hierfür seien die Erwartung einer weiteren Schwächung der Weltwirtschaft, die Abwertung der brasilianischen Währung und niedrigere Ethanol-Preise. Zucker ist bekanntlich ein wichtiger Rohstoff zur Erzeugung von Ethanol.

Milchpreise bleiben hoch

Kaum verändert haben sich laut FAO die globalen Preise für Milchprodukte. Zwar gab es einen Rückgang von 2,5 % gegenüber dem Vormonat, dennoch lägen die Durchschnittspreise um gut 25 % über denen des Vorjahrs. Globale Handelsaktivitäten seien zudem „niedrig“, so die FAO. Insgesamt hätten die Preise für Milchpulver und Butter leicht nachgegeben, während die Preise für Käse stabil geblieben seien. Die Welternährungsorganisation führt das auf Nachfrage in europäischen Urlaubszielen während der Ferienzeit zurück.

Auch Fleisch bleibt teuer

Weltweit nur um 0,5 % zurückgegangen sind die Preise für Fleisch, so die FAO. Während die Preise für Rindfleisch, Schweinefleisch und Schaffleisch leicht gesunken seien, lägen die Preise für Geflügelfleisch derzeit auf Rekordniveau. Die Gründe dafür lägen in einer weltweit hohen Importnachfrage und knappem Angebot auf der Nordhalbkugel der Erde, wegen mehreren Ausbrüchen von Vogelgrippe.