Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Klimaschutz und Entwaldug

Entwaldungsfreie Lieferkette: Zahlen Bayerns Bauern die Zeche?

Sojaschrot-Verladen-Schiff
Josef Koch
Josef Koch
am Donnerstag, 20.04.2023 - 11:39

Agrarbranche hält Fristen für zu kurz und Aufwand für zu hoch. EU-Parlament verabschiedete Verordnung.

Die Agrarbranche warnt vor etlichen Hürden bei Umsetzen entwaldungsfreier Lieferketten. Am Mittwoch (19.4.) haben 552 EU-Abgeordnete der Kommissionsverordnung über entwaldungsfreie Produkte mit großer Mehrheit zugestimmt. Es gab nur 44 Gegenstimmen.

Höhere Transportkosten sind die Folge

Vor allem die kurze Umsetzungsfrist von 18 Monaten bereitet beispielsweise den Ölmühlen und dem Agrarhandel Kopfzerbrechen. Nach Auffassung des Verbands der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) sind künftig mit jeder Schiffsladung von Sojabohnen oder Palmöl Hunderttausende von Geolokalisationsdaten weiterzugeben. Hinzu kommt der Ausbau der Lager- und Transportinfrastruktur und umfangreiche Sorgfaltspflichtenerklärungen für alle Einfuhren in die EU. Kritische Stimmen fürchten, dass Ölmühlen und Handel die höheren Logistikkosten den Landwirten in Rechnung stellen.

Und auch Agrarhandelsverband wie Deutscher Raiffeisenverband, die im Dachverband Grain Club zusammengeschlossen sind, warnen vor „massiven Störungen der Warenströme“ und einer erheblichen Verunsicherung der Marktteilnehmer. Als Folgen sehen sie höhere Kosten für Transport und Logistik, ein Anstieg der Verbraucherpreise, Versorgungsengpässe sowie den Ausschluss vieler Landwirte und Handelspartner aus der Lieferkette.

Ölmühlen pochen auf klare Vorgaben

Jaana Kleinschmit von Lengefeld, OVID-Präsidentin verlangt daher wegen der knappen Umsetzungsfrist von der EU umgehend Klarheit und rohstoffspezifische Richtlinien, wie die neuen Vorschriften rechts- und handlungssicher umzusetzen sind. „Die Übergangsfrist von 18 Monaten ist für diese Mammutaufgabe viel zu knapp bemessen. Der problematische Start des deutschen Lieferkettengesetzes, sollte dem Gesetzgeber eine Warnung sein”, so Kleinschmit von Lengefeld.

Nach Auffassung von Björn Meyer, Grain-Club-Vorsitzender, sind erhebliche Umstellungen und Investitionen in der gesamten Lieferkette, bei Lagerung und Logistik erforderlich. Selbst die Infrastruktur und das Personal für die behördliche Kontrolle existiere aktuell nicht.

Welche Produkte betroffen sind

Nach der beschlossenen EU-Verordnung sind dürfen Rinder, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz nur dann eingeführt werden, wenn sie weder von einer Fläche stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurde, noch dürfen sie nach dem 31. Dezember 2020 vor allem unersetzliche Primärwälder geschädigt haben. Dazu müssen die Lieferanten eine Sorgfaltserklärung abgeben. Betroffen von den Auflagen sind aber auch Produkte, die diese Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden. Darunter fallen beispielsweise auch Leder, Schokolade oder Möbel.

Der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling bemängelt indes, dass Agrotreibstoffe oder Mais nicht richtig erfasst werden. „Hier muss nachgebessert werden“. Das erwartet auch der Verein Donau-Soja beim Stichtag 2020. So könne der Verein bereits jetzt 2008 als Stichtag gewährleisten, so Geschäftsführerin Dagmar Collan.

Bei Verstößen sind maximale Geldstrafen von mindestens 4 % des Jahresumsatzes möglich. EU-Behörden haben nicht nur Zugang zu entsprechenden Unternehmensdaten wie den geografischen Koordinaten. Sie überprüfen mithilfe von Satellitenüberwachungsinstrumenten und DNA-Analysen, woher die Erzeugnisse stammen.

Großteil entfällt auf Soja auf Palmöl

Die Nach FAO-Schätzungen wurden von 1990 bis 2020 insgesamt 420 Millionen Hektar Wald in landwirtschaftlich genutzte Fläche umgewandelt. Das entspricht einer Fläche, die größer als die EU ist. Der Verbrauch in der EU ist nach Kommissionsangaben für etwa 10 % dieser weltweiten Entwaldung verantwortlich. Mehr als zwei Drittel davon entfallen auf Palmöl und Soja.

* Pflichtfeld. Mit der Anmeldung für den Newsletter haben Sie den Hinweis auf die Datenschutzhinweise zur Kenntnis genommen. Sie erhalten den forstpraxis-Newsletter bis auf Widerruf. Sie können den Newsletter jederzeit über einen Link im Newsletter abbestellen.