Enttäuschung ruft das Osterpaket des grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Ausbau der Erneuerbaren Energien bei Verbänden hervor. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch (6.4.) mehrere zentrale Gesetzesnovellen beschlossen. Bis Anfang Juli soll das Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden und spätestens Anfang 2023 in Kraft treten.
Habecks Ziel: Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbarer Energien sein. Derzeit beträgt der Anteil gerade mal die Hälfte.
Die Vorlage zur EEG-Novelle sieht der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, kritisch: „Obwohl Biogas für die Versorgungssicherheit so dringend benötigt wird wie niemals zuvor, bremst der EEG-Vorschlag die landwirtschaftliche Biogaserzeugung aus“. Krüsken vermisst die Perspektive für den Weiterbetrieb des Anlagenbestandes. Hier müsse der Bundestag noch für Verbesserungen sorgen. Positiv wertet der DBV, dass die Gülleverwertung in Biogasanlagen auf bis zu 150 kW erweitert wird.
„Der Ausbau bei Photovoltaik sollte weiterhin vorrangig auf Dächern erfolgen, um landwirtschaftliche Flächen soweit wie möglich zu schonen. Bei Agri-Photovoltaik muss die Förderung auch auf Grünland, auf Extensivstandorten und in geeigneten Schutzgebieten möglich werden“, verlangt Krüsken.
Solarbranche unzufrieden
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) sieht einen erheblichen Nachbesserungsbedarf bei der EEG-Reform. Die Solarbranche begrüßt zwar die höheren Solarenergie-Ausbauziele. Diese müssten aber auch mit wirksamen Maßnahmen politisch unterfüttert werden.
Der beschlossene EEG-Gesetzesentenentwurf weist aus Sicht des Branchenverbands nach einer ersten Analyse Mängel insbesondere bei den Rahmenbedingungen für die anteilige solare Eigen- und Direktversorgung mit Solarstrom auf.
„Es ist nicht nachvollziehbar, wie die angestrebte Vervierfachung der jährlich installierten Solarstromleistung erreicht werden soll, wenn die Förderkonditionen nicht verbessert werden,“ so BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.
Unveränderte Einspeisevergütungen
So sollen künftige Solaranlagenbetreiber im Falle einer anteiligen Eigenversorgung für den nicht selbst verbrauchten und eingespeisten Solarstrom die gleichen Einspeisevergütungen bzw. Marktprämien erhalten wie bisher. Besser gestellt werden lediglich neue Betreiber, wenn sie den Solarstrom vom eigenen Dach vollständig ins öffentliche Stromnetz einspeisen und nicht anteilig selbst verbrauchen.
Aus Sicht von Körnig geht diese Rechnung nicht auf. Er hält deutlich attraktivere Bedingungen für die Eigen- und Direktversorgung mit Solarstrom für unverzichtbar, um bei der Energiewende im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor und auch beim Speicherausbau den gewünschten Turbo zu zünden.
Zwar begrüßt der BSW die geplante Anhebung der Auktionsvolumen für Solarparks auf Freiflächen. Dazu müsste aber aktuelle Standortkorsett für Solarparks bundesweit gelockert werden.
Habeck: Beschleuniger für den Ausbau
Für Bundesklimaschutzminister Robert Habeck ist das Osterpaket „der Beschleuniger für den Ausbau der erneuerbaren Energien“. s wird als Herzstück des Pakets der Grundsatz verankert, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient.
Bei der Windenergie an Land werden die Ausbauraten auf ein Niveau von 10 GW pro Jahr gesteigert, so dass 2030 Windenergieanlagen an Land im Umfang von rund 115 GW in Deutschland installiert sein sollen. Ende vergangenen Jahres betrug die Leistung der Windräder 56,13 GW. Bei der Solarenergie werden die Ausbauraten auf ein Niveau von 22 GW pro Jahr gesteigert, so dass 2030 Solaranlagen im Umfang von rund 215 GW in Deutschland installiert sein sollen. Aktuell sind es 59 GW.
Boni für Agri-PV- und Moor-PV-Anlagen
Bei Freiflächenanlagen wird die Flächenkulisse unter Berücksichtigung landwirtschaftlicher und naturschutzverträglicher Aspekte laut Bund „maßvoll“ erweitert. Neben den bisherigen Flächenkategorien wie Konversionsflächen und Seitenrandstreifen sowie den erweiterten benachteiligen Gebieten kommen Agri-PV, Floating-PV und Moor-PV neu hinzu.
Die letztgenannten Kategorien werden in die reguläre PV-Freiflächenausschreibung überführt. Bestimmte Agri-PV-Anlagen sowie Moor-PV-Anlagen erhalten aufgrund ihrer höheren Kosten einen Bonus in den Ausschreibungen, um wettbewerbsfähig zu sein.
Für Agri-PV-Anlagen mit horizontaler Aufständerung ist in den Ausschreibungen ein Bonus von 1,2 Cent/kWh in 2023 vorgesehen. Er sinkt in den Folgenjahren wie folgt:
- 1,0 Cent/kWh in 2024,
- 0,7 Cent/kWh in 2025
- und 0,5 Cent/kWh von 2026 bis 2028.
Für Solaranlagen auf wiedervernässten Moorflächen sieht der Entwurf des Osterpakets einen Bonus von 0,5 Cent/kWh vor.
Was für Biogasanlagen vorgesehen ist
Bei den Ausschreibungen für Biomasse- sowie Biomethananlagen sind folgende Ausschreibungsmengen vorgesehen:
Biomethan:
- 2023 bis 2028: jeweils 600 MW
Biomasse/Biogas:
- 2023: 600 MW
- 2024: 500 MW
- 2025: 400 MW
- 2026-2028: je 300 MW
Die Vergütung für hochflexible Biomethananlagen will Habeck verbessern, indem der Höchstwert in den Ausschreibungen um 0,5 ct/kWh angehoben wird. Zudem wird für Biomasse-/Biogasanlagen die Degression der Höchstwerte in der Ausschreibung abgesenkt, und zwar von 1 % auf 0,5% pro Jahr und der Übergangszeitraum in eine Anschlussförderung nach erfolgreicher Teilnahme an einer Ausschreibung von drei auf fünf Jahre ausgedehnt.
Der Maisdeckel wird stufenweise auf 30 % in 2026 abgesenkt. Er betrug bisher 40 %. Ab 2024 geht er bereits auf 35 % zurück. Im Gegenzug wird das Segment der Güllekleinanlagen in der Festvergütung bis zu einer Bemessungsleistung von bisher 100 auf 150 kW geöffnet. Dabei wird die Festvergütung auf die Bemessungsleistung umgestellt und größere Anlagen (ab 75 kW bis 150 kW) erhalten eine abgesenkte Vergütung von 19 ct/kWh, um laut Bundesregierung eine Überförderung zu vermeiden. Um den Gülleanteil von 80 % zu erfüllen, können Biogasbauern nun auch Kleegras bis zu 10 Prozentpunkten einsetzen.
Bionergieverbände fürchten Ende für Bestandsanlagen
Die Bioenergieverbände lassen kein gutes Haar am Kabinettsentwurf zur EEG-Novelle. Ihr Fazit: "Dieser Entwurf ist ein Ausstiegspfad für den Bestand an Bioenergieanlagen".
Mit der vorgeschlagenen einseitigen Fokussierung der Biomasse-Vergütung auf Biomethan-Spitzenlastkraftwerke steht der bestehende Park an dezentralen Holzheizkraftwerken und flexiblen Biogasanlagen sowie deren erneuerbare Nah- und Fernwärmeversorgung nach Ansicht des Bundesverband Bioenergie e.V. (BBE) auf dem Spiel. Hemmnisse in den EEG-Ausschreibungen wie etwa die endogene Mengensteuerung bleiben bestehen. Anreize zur Flexibilisierung fehlen laut BBE gänzlich. Obwohl Bundeswirtschaftsminister Habeck betonte, jedes Kilowatt aus Erneuerbaren sei wichtig, würden dutzende Terrawattstunden erneuerbaren Stroms und Wärme zur Disposition gestellt, warnen die Bioenergieverbände.
Nach Branchenangaben stellt der Bioenergieanlagenpark aktuell ca. 20% des erneuerbaren Stroms bereit. Der Anteil könnte mithilfe von Nebenprodukten, Rest- und Abfallstoffen sowie Biomasse aus Agrarumweltmaßnahmen bis 2030 noch deutlich erhöht werden.