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Kostenexplosion

Düngerpreise: Für Hilfe vom Staat ist die Lage noch nicht ernst genug

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Johanna Michel
am Donnerstag, 23.06.2022 - 16:01

Die Bundesregierung will Landwirte momentan nicht beim Kauf von Düngemitteln unterstützen. Staatliche Eingriffe in den Düngemittelmarkt soll es nicht geben.

Aus der Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 20/2193) geht hervor, dass Unterstützungsmaßnahmen weder für die Produktion noch für den Kauf von Düngemitteln geplant sind.

In ihrer Anfrage vom 7. Juni 2022 weist die AfD auf die massiv gestiegenen Düngerpreise – schon vor Beginn des Kriegs in der Ukraine – hin. Die Verteuerung sei noch nicht am Ende, da die globalen Märkte weiterhin von russischen und ukrainischen Stickstoff- und Kalidüngemitteln abgeschnitten seien. Kräftige Preisanstiege bei einer hohen Preisvolatilität bestimmten den Düngemittelmarkt in den letzten Monaten. In der Folge könne es zu geringeren Erntemengen und weiter steigenden Lebensmittelpreisen kommen.

Regierung kann keine Engpässe bei Düngemitteln erkennen

Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Lage der Düngemittelversorgung in Deutschland würden nach Angaben der Regierung beobachtet. Falls erforderlich, wolle sie geeignete Maßnahmen ergreifen, um einerseits die Landwirte und andererseits wichtige Lieferketten zu unterstützen.

Wie stark die Preise dazu noch anziehen müssten, geht aus der Antwort nicht hervor. Fest steht nur, dass die aktuelle Situation, in der Düngemittel im Vergleich zum Vorjahr um ein Vielfaches teurer geworden sind, nicht ausreicht: „Nach Information der Bundesregierung bestehen derzeit keine Engpässe bei der Verfügbarkeit mit mineralischen Düngemitteln“ heißt es.

Auch die Produktion von Mineraldüngern solle nicht durch den Staat vorangetrieben werden.

Mehr Wirtschaftsdünger bei Reduzierung der Tierbestände

Nach den Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) wurden zwischen 2018 und 2020 durchschnittlich 31 Prozent des Stickstoffbedarfs aus Wirtschaftsdüngern von deutschen Nutztieren bezogen. Bei Phosphor waren es 49 Prozent. Unter Hinzurechnung von vergorenem Wirtschaftsdünger steigen die Anteile in diesem Zeitraum für N auf 40 Prozent und für P auf 63 Prozent.

Bei einer Halbierung der Nutztierbestände sei 39 Prozent weniger Stickstoff aus Gärresten und Wirtschaftsdüngern zu erwarten. In dieser Rechnung wurde angenommen, dass Energiepflanzen zu 55 Prozent und Wirtschaftsdünger zu 45 Prozent zum Stickstoff im Gärsubstratmix beitragen.

Zum Ziel des BMEL, die Nutztierbestände zu reduzieren und gleichzeitig den Einsatz von Wirtschaftsdüngern zu erhöhen, wird auf die flächengebundene Nutztierhaltung verwiesen. Sie ermögliche es, die Nährstoffe aus den Wirtschaftsdüngern besser zu nutzen.

Weniger Pflanzennährstoffe müssten verwendet werden, um Futtermittel herzustellen. Außerdem führe die flächengebundene Tierhaltung zu geringeren Nährstoffverlusten bei der Wirtschaftsdüngerausbringung und -lagerung.

Schließlich werde die Abhängigkeit von mineralischen Düngemitteln auch durch geschlossene Nährstoffkreisläufe verhindert. „Je nach Anbaustruktur können im Idealfall einzelne landwirtschaftliche Betriebe auf die Zufuhr von Mineraldüngern verzichten“, heißt es.

Kommt die Krise der Regierung entgegen?

Wegen der hohen Preise für Mineraldünger würden Landwirte aus Sicht der Regierung vermehrt Wirtschaftsdünger aus umliegenden Betrieben beziehen, wenn sie selbst nicht über ausreichend Dünger aus tierischer Herkunft verfügen. „Die derzeitige Preissituation am Düngemittelmarkt führt grundsätzlich dazu, dass landwirtschaftliche Betriebe ohne Tierhaltung einen wesentlich höheren Anreiz als bisher haben, Wirtschaftsdünger aus Betrieben mit Tierhaltung und Regionen mit Nährstoffüberschüssen zu Düngezwecken verwenden“, so das BMEL.

Dieser neue Anreiz ist ein weiterer Grund für die Bundesregierung, nicht dem Beispiel Polens zu folgen, Landwirte beim Kauf von Düngemitteln zu unterstützen. Zudem handle es sich nicht um eine „nachhaltig geeignete Hilfsmaßnahme“.

Mineraldünger aus weiteren Ländern will die Regierung ebenfalls nicht beziehen. Die Importmengen aus Russland und Weißrussland seien nur gering und könnten auch anderweitig gedeckt werden.