Für Christiane Lambert. Präsidentin des europäischen Bauernverbandes Copa, hält der Green Deal viele Herausforderungen für die Landwirtschaft parat: Die Strategien "Farm to Fork", "Biodiversität 2030", "Methan", "Boden", "Wald", "Ausstieg aus der Käfighaltung" und das "Fit for 55"-Paket.
Diese Leitprinzipien wurden 2021 skizziert und werden 2022, teilweise unter französischer Ratspräsidentschaft, in Gesetzesvorschläge umgesetzt werden müssen. Gleiches gilt für die EU-Handelspolitik, mit dem möglichen Abschluss der Handelsabkommen der EU mit Australien und Neuseeland. Weiter im Raum steht das Mercosur-Abkommen.
All diese Initiativen sehen tiefgreifende Veränderungen vor, die das EU-Agrarmodell für die nächsten Jahrzehnte neu definieren werden. Sie kommen dann noch einmal "on the top" hinzu, zu den bereits heute geltenden zahlreichen Umstellungen.
Es fehlt an Fairness im internationalen Handel
Defizite sieht Lambert vor allem in der Handelspolitik. Die Anforderungen an die Erzeuger in der EU würden laufend steigen, während sie für den internationalen Handel sehr vage blieben. Beim Kapitel fairer Wettbewerb im internationalen Handel lege die EU damit nicht den gleichen Ehrgeiz an den Tag, wie bei der Regulierung ihrer eigenen Landwirte.
Hier setzt Lambert Hoffnungen auf die französischen EU-Ratspräsidentschaft. Den vorgelegten Fahrplan, der sich auf die Debatte über die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs im Rahmen der "Stärkung der strategischen Autonomie der Union" konzentriert, hält die Copa-Cogeca für sehr relevant.
Die EU-Kommission will zu diesem Punkt bis Juni 2022 einen Bericht über die Durchführbarkeit der Anwendung der EU-Standards auf alle Einfuhren in die EU veröffentlichen. Diesem Bericht sieht die Copa skeptischen entgegen, denn die EU-Kommission will vor allem Konflikten mit der Welthandelsorganisation und damit drohenden rechtlichen und wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen aus dem Weg gehen will. Da könnten dann die Interessen der Landwirte nur eine nachgeordnete Rolle spielen.
Entwicklung der "Kohlenstofflandwirtschaft"
Als zweiten wichtigen Punkt im Fahrplan der französischen Präsidentschaft erachtet die Copa das Carbonfarming, also die Möglichkeit, Kohlenstoff in den Böden anzureichern. Diese Initiative wird dann positiv sein, wenn sie eine nachhaltigere Landwirtschaft ermöglicht, dem Klima zugutekommt und den Landwirten ein zusätzliches Einkommen sichert.
Für die beiden Schlüsselgrößen zum Erfolg dieses neuen Geschäftsmodells für Landwirte erachtet Copa die Kohlenstoffbepreisung und marktbasierte Instrumente. Das europäische Legislativpaket "Fit for 55" ebnet den Weg. Aber auch die neue Bodenschutzstrategie der EU, die Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt 2030 und die Ziele der Naturwiederherstellung müssen mit der Schlüsselrolle der Landwirtschaft bei der Kohlenstoffspeicherung in Einklang stehen. Copa will darauf drängen, dass die Landwirte nicht nur für ihren Beitrag zur Erhöhung der Kohlenstoffspeicherung, sondern auch zur Verringerung der Treibhausgasemissionen belohnt werden.
Carbon Leakage vermeiden
Im Hinblick auf den internationalen Handel erachtet die Copa ist auch den Vorschlag interessant, einen Mechanismus zum Ausgleich der Kohlenstoffemissionen an den Grenzen einzuführen, um Kohlenstoffverlagerungen zu verhindern. Die wichtigsten Studien, die im Zusammenhang mit "Farm to Fork" veröffentlicht wurden, zeigen, dass dieser "Carbon Leakage"-Effekt das Potenzial hat, alle Anstrengungen der europäischen Landwirte weitgehend zunichte zu machen[2].
Die Kommission hat beschlossen, die Landwirtschaft vorerst auszuschließen, obwohl die Produktionsfaktoren, die für die Kontinuität der landwirtschaftlichen Tätigkeit unerlässlich sind (vor allem Düngemittel), unter diesen Mechanismus fallen. Dies würde nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft beeinträchtigen, sondern auch zu einer Verlagerung von CO2-Emissionen aus dem Agrarsektor führen, da Importe von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen mit einem höheren CO2-Fußabdruck begünstigt würden. Dies sollte durch den Ausschluss des Düngemittelsektors oder durch die Entwicklung eines Instruments zur Verhinderung von Carbon Leakage in der Landwirtschaft korrigiert werden. Angesichts der geringen politischen Bereitschaft, den Düngemittelsektor aus dem Kommissionsvorschlag herauszunehmen, sei es deshalb von größter Bedeutung, das ordnungsgemäße Funktionieren des Düngemittelmarktes kurzfristig zu verbessern.