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Bodenschutz

Brüssel will Landfraß bis 2050 stoppen

Josef Koch
Josef Koch
am Mittwoch, 17.11.2021 - 15:11

EU-Bodenschutzstrategie sieht aber Pflicht zur Wiedervernässung von Mooren vor. Kritik aus Parlament und Bauernverband.

Baugebiet-Bauland-Landfraß

Die Vorstellungen der EU-Kommission zur Bodenstrategie 2030 stoßen bei EU-Parlamentariern und Bauernverband auf unterschiedliche Resonanz. Positiv kommt aber das Ziel an, den Flächenverbrauch zu stoppen. Bis 2050 soll kein Netto-Verbrauch von Landflächen mehr stattfinden. Nach Auffassung der bayerischen EU-Abgeordneten Marlene Mortler (CSU) weisen Bäuerinnen und Bauern zurecht auf einen zunehmenden Flächenfraß hin. Daher sei es unerlässlich, „unsere Böden vor einer weiteren übermäßigen Versiegelung zu schützen“.

Bis 2023 will Brüssel nach einer Folgenabschätzung einen Gesetzesvorschlag zur Bodengesundheit vorlegen. Nach Auffassung der EU-Kommission befinden sich 70 % der Böden in keinem guten Zustand. Mit der Strategie will Brüssel über freiwillige und rechtsverbindliche Maßnahmen den Gehalt an organischem Kohlenstoff in landwirtschaftlich genutzten Böden erhöhen, die Wüstenbildung bekämpfen sowie geschädigte Flächen und Böden sanieren. Bis 2050 sollen alle Bodenökosysteme einen gesunden Zustand erreichen.

Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV) fürchtet allerdings eine Überregulierung. auch eine Vielzahl von Regelwerken für den Schutz der Böden und eine Reduzierung möglicher Belastungen. So dienen nach DBV-Ansicht nationale und europäische Regelungen unter anderem zur Luftreinhaltung, zum Gewässerschutz, zur Düngung und zum Pflanzenschutz, zur Kreislaufwirtschaft, zum Genehmigungsrecht für Industrieanlagen und in der Gemeinsamen Agrarpolitik direkt oder indirekt der Gesunderhaltung der Böden und der Vermeidung von Schadstoffeinträgen, Erosion, Verdichtung oder Degradierung.

Köhler: Bodenschutz ja, aber ohne Regulierungsirrsinn

BBV

Stefan Köhler, Umweltpräsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) hat daher eine klare Botschaft nach Brüssel: „Ja zum Bodenschutz, aber ohne Regulierungsirrsinn!"

Ein weiteres Regelwerk zum Bodenschutz würde daher keinen Mehrwert bringen, sondern nur Doppelregelungen und mehr Bürokratie zur Folge haben, befürchten Köhler und Krüsken. Ein europäisches Bodengesundheitsgesetz missachtet nach deren Auffassung die Subsidiarität und hebelt nationale Bodenschutzregelungen aus. Aus diesen Gründen haben selbst die EU-Umweltminister bereits 2014 eine nicht mehrheitsfähige EU-Bodenrahmenrichtlinie zurückziehen müssen.

Handlungsbedarf beim Landfraß

Dennoch besteht beim Bodenschutz dringender Handlungsbedarf, und zwar beim ungebremsten Flächenverbrauch für Siedlungen, Gewerbe und Infrastruktur von bundesweit 56 Hektar pro Tag. In Bayern beträgt der tägliche Flächenverbrauch 11,6 ha.

„Landwirtschaftliche Flächen müssen für die Ernährungssicherung und den Klimaschutz erhalten und vor Versiegelung geschützt werden“, fordert BBV-Umweltpräsident Köhler. Der Erhalt der Bodenfruchtbarkeit sei ureigenstes Ziel der Bauern und Grundeigentümer. Die nachhaltige Bewirtschaftung der Böden hat die Bodenfruchtbarkeit laut Köhler über Generationen erhalten und verbessert. Für das Bauen fehlt aber auf europäischer Ebene die Regelungskompetenz und Zuständigkeit.

Verpflichtende Wiedervernässung geplant

Kritisch wertet die Bodenschutzstrategie der österreichische EU-Abgeordnete und Landwirt Alexander Bernhuber. Er ist Umweltsprecher der ÖVP-Delegation im EU-Parlament „Die Strategie ist leider alles andere als praxistauglich und von Grund auf problematisch. Sie verspricht Einschränkungen in der Landwirtschaft und führt zu absehbaren Folgen für die heimische Lebensmittelversorgung und die Einkommen in der Land- und Forstwirtschaft“, so Bernhuber.

Fraglich sind laut Bernhuber die Ideen der EU-Kommission zur verpflichtenden Wiedervernässung trockengelegter und bewirtschafteter Feuchgebiete Das würde laut Bernhuber unzählige Ackerflächen treffen, die damit der landwirtschaftlichen Produktion entzogen werden. Gerade in Zeiten des steigenden Bodenverbrauchs und rasanten Verlusts landwirtschaftlicher Produktionsflächen seien solche Vorschläge indiskutabel.

Grüne begrüßen EU-Vorschlag

Der Agrarsprecher der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, begrüßt indes die Initiative Brüssels. Erst in diesem Frühjahr hatte das Europäische Parlament in einer Resolution einen verbindlichen Legislativvorschlag zum Schutz des Bodens gefordert, allerdings ohne die Stimmen der Konservativen.

Seit Anfang der 2000 er Jahre verhindert laut Häusling eine konservative Allianz. Häusling hofft, dass die Kommission in ihrem Legislativvorschlag auch sinnvolle Ansätze erarbeitet, um die Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) auch in Übereinstimmung mit dem Boden- und Wasserschutz sowie mit der Biodiversitätsstrategie zu bringen.

 

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