
Paetow erklärt seine Idee so: „Eine pauschale Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, so wie sie die EU-Kommission vorgeschlagen hat, halte ich nicht für sinnvoll. Es ist bisher auch noch nicht erwiesen, ob das zu einer tatsächlichen Zielerreichung beim Biodiversitätsverlust beiträgt. Die Schaffung und Vernetzung von Biotopstrukturen scheint hier viel wirksamer zu sein. Dennoch, das 50% Reduktionsziel ist nun Bestandteil der maßgebenden politischen Strategien und wenn sich die Politik nicht eines Besseren belehren lässt, braucht es Vorschläge, wie dieses Ziel möglichst effizient erreicht werden kann. Der Abschlussbericht der ZKL favorisiert hier Instrumente, die ökologische Leistungen betriebswirtschaftlich attraktiv werden lassen. Dazu sind am besten marktwirtschaftliche Systeme geeignet.“
Warum braucht es eine Pflanzenschutzmittel-Quote?
Die Grundidee ist einfach: Jeder Betrieb erhält eine bestimmte Menge an Zertifikaten für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Benötigt er mehr Mittel als eigene Zertifikate erlauben, müssen dafür Zertifikate von anderen Landwirten gekauft werden, die weniger Mittel benötigten. Diese wiederum können sich durch den Verkauf an Zertifikaten ein Zubrot verdienen. Die gesamte durch die Zertifikate erlaubte Einsatzmenge wird jedes Jahr reduziert, um so die Pflanzenschutz-Reduktionszielen der Farm-to-Fork-Strategie der EU zu erreichen.
Wie soll die Pflanzenschutzmittel-Quote verteilt werden?
Paetow erklärt, dass die Pflanzenschutzmittel-Quote ein Gegenvorschlag für das seitens der Politik angestrebte Komplettverbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten darstellt. Letzteres wäre laut seinen Worten eine Katastrophe für viele ordnungsgemäß wirtschaftende Betriebe. Diese Katastrophe gelte es zu verhindern. Die Quote sollte auf Basis der Ackerfläche zugeteilt werden, für die ein landwirtschaftlicher Betrieb einen Förderantrag im Rahmen der Direktbeihilfen der Gemeinsamen Agrarpolitik stellt. Der DLG-Präsident betont: „Die Wirkstoffmenge kann nicht Grundlage der Quote sein. Vielmehr muss man sich an den Risiken der eingesetzten Wirkstoffe orientieren.“
Wie soll die Pflanzenschutzmittel-Quote von Landwirten umgesetzt werden?
Zur Umsetzung der Pflanzenschutzmittel-Quote stellt sich Paetow ein Punktekonto vor, auf das jeder Landwirt zugreift und von dem Punkte abgebucht werden, wenn er im Landhandel einkauft. Der DLG-Präsident erklärt: „Organisiert werden müsste es über eine Plattform, auf die der Landhandel zugreift. Wenn die Punkte weg sind, kann man keine Pflanzenschutzmittel mehr kaufen.“
Wonach soll sich richten, welche Pflanzenschutzmittel-Quote zugeteilt wird?
Welche Quote welchen Betrieb zugeteilt wird, müsse noch sorgfältig erarbeitet und diskutiert werden, so Paetow. Auf keinen Fall solle man jedoch eine einzelbetriebliche Baseline auf Basis des dort aktuell eingesetzten Pflanzenschutzes definieren. Der DLG-Präsident warnt: „Das würde zu Frustration bei den Betrieben führen, die bislang schon sehr viel getan haben, um den Pflanzenschutzeinsatz zu reduzieren.“ Es könnten Einsatzkulissen erarbeitet werden. Dabei müssten Kulturräume festgelegt werden, für die eine heutig gültige Referenzbasis definiert wird. Hier könnte man dann die Betriebe einordnen. Das sei alles andere als trivial, daher müsse hier das entsprechende Knowhow der Wissenschaft und Beratung mobilisiert werden.
Soll die Pflanzenschutzmittel-Quote auch für andere Betriebsmittel gelten?
Paetow betont, dass sich der Vorschlag nur auf Pflanzenschutzmittel bezieht. Er stellt fest: „Wir wollen es nur für Pflanzenschutzmittel und sehen es als Gegenvorschlag für das angestrebte Komplettverbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten.“ Im Zuge der im Rahmen der Farm-to-Fork geforderten Minderung des Pflanzenschutzeinsatzes um 50 % bis 2030 sei ein Zertifikatesystem analog zum CO2-Handel die beste Lösung. „Damit könnte die Politik die Zielerreichung steuern“, so Paetow.
An welchen Indikatoren soll sich die Pflanzenschutzmittel-Quote orientieren?
Der DLG-Präsident schlägt vor, dass die Pflanzenschutzmittel-Quote sich unter anderem auch an den Risiken eines Wirkstoffes für die Biodiversität und für Ökosysteme orientiert. Einen genauen Indikator müsse man noch in einem wissenschaftsorientierten, transparenten Prozess unter Beteiligung der Behörden definieren. Vielleicht könne dabei auch der sogenannte „harmonised risk indicator“ der EU auf Eignung geprüft werden. Dieser wird in der Farm-to-Fork-Strategie erwähnt.
Wie soll der Pflanzenschutzeinsatz über die Jahre bis 2030 gedrosselt werden?
Um die Reduktionsziele der Farm-to-Fork-Strategie zu erreichen, schlägt Paetow eine lineare Senkung der betrieblichen Pflanzenschutzmittel-Quoten vor. Dies sei am besten mit den betrieblichen Strategien zum Pflanzenschutzeinsatz zu vereinbaren.
Wem nützt die Pflanzenschutzmittel-Quote?
Neben der Zielerreichung der Pflanzenschutzmittelreduktionsvorgaben der EU sieht der DLG-Präsident Vorteile bei einer Quote für Betriebe, die wenig bis keinen Pflanzenschutz einsetzen würden. Er sagt: „Ökobetriebe würden auch eine Quote erhalten, könnten ihre Punkte aber sofort verkaufen. Das gleiche gilt für konventionelle Betriebe, die sehr sparsam mit Pflanzenschutz umgehen.“
Sollen Pflanzenschutzmittel-Quoten regional angepasst werden?
Ob es eine regionale Anpassung von Pflanzenschutzmittel-Quoten geben soll – abhängig beispielsweise von der Lage von Agrarflächen in Schutzgebieten – ist offen. Paetow erklärt: So weit sind wir noch nicht. Wir werden den Vorschlag nun in unseren Gremien verfeinern und freuen uns, wenn wir dafür Unterstützer finden.“
Wie sind die Reaktionen auf den Vorschlag der Pflanzenschutzmittel-Quote?
Paetow sagt, dass anderer Akteure in der Agrarbranche auf den Vorschlag einer Pflanzenschutzmittel-Quote „überrascht“ reagiert hätten. Er freue sich, damit eine Diskussion anzustoßen und zeigte sich selbst verwundert, dass noch kaum jemand wissenschaftlich zu Reduktionssystemen für Pflanzenschutz geforscht habe.