
Für nicht gerechtfertigt hält der Vorsitzende des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, Jochen Borchert, die vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) geäußerte Kritik an der Rolle des Bundeslandwirtschaftsministeriums bei der Umsetzung der Empfehlungen für einen Umbau der Tierhaltung. „Alle Beteiligten wollen den Erfolg“, betonte Borchert gegenüber dem Nachrichtendienst Agra-Europe. Bisher hat das Agrarministerium zu den Vorwürfen des BÖLW noch keine Stellung genommen, trotz Wochenblattanfrage.
Der frühere Bundesagrarminister räumte ein, dass es in einer Arbeitsgruppe unterschiedliche Auffassungen über die Kriterien für die Schweinehaltung in der höchsten Tierwohlstufe 3 gebe. Das Kompetenznetzwerk habe empfohlen, dass die dritte Stufe „weitgehend“ den Haltungskriterien des Ökolandbaus entsprechen solle. Dass darüber diskutiert werde, sei nicht überraschend. Klar sei aber auch, dass es keine eigene Stufe 4 für die ökologische Tierhaltung geben werde.
Unterschiedliche Positionen der Ökoverbände
Borchert geht davon aus, „dass man sich verständigen wird“, zumal die Vorstellungen bei den Vertretern der Ökolandwirtschaft keineswegs einheitlich seien. Alles andere oder gar ein Rückzug des BÖLW wäre für das Gesamtprojekt „nicht hilfreich“.
Der Kommissionsvorsitzende zeigt sich insgesamt zufrieden mit den Fortschritten in den Arbeitsgruppen. Er geht davon aus, dass die meisten im Februar ihre Arbeit abschließen werden. „Dann ist die Politik am Zuge.“
Ein Aufschub ist nicht vorteilhaft
Borchert appellierte erneut an die Verantwortlichen, noch vor der Bundestagswahl „die notwendigen Weichenstellungen“ für eine Umsetzung der Empfehlungen vorzunehmen. Das gelte insbesondere für die Finanzierung. Der langjährige Haushaltspolitiker hält nach wie vor eine steuerliche Lösung für unerlässlich. „Die von uns vorgeschlagene mengenbezogene Verbrauchssteuer auf tierische Erzeugnisse ist ein machbarer Weg", so der Kommissionschef.
Nach seinen Informationen wird die von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie weder in diesen Punkt noch zu den Empfehlungen insgesamt unüberwindbare Hindernisse aufzeigen.
Der langjährige Parlamentarier weiß um die Diskussionen, die eine neue Steuer in den politischen Parteien auslösen, insbesondere in diesem Wahljahr. Umso wichtiger sei jedoch, „dass Bundestag und Bundesrat zu ihren bisherigen Willensbekundungen stehen und die notwendigen weiteren Schritte gehen“. Niemand solle glauben, dass ein Aufschub der Entscheidungen Vorteile hätte: „Je länger gewartet wird, umso schwieriger wird es.“