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Erneuerbare Energie

Wo bleibt Biogas, Herr Habeck?

Josef Koch
Josef Koch
am Montag, 27.06.2022 - 14:06

Die Versorgungslage beim Erdgas spitzt sich zu. Die Bioenergiebranche wundert sich, warum der Bundeswirtschaftsminister das Potenzial bei Biogas nicht nutzen will.

Habeck-Gasvesorgung

Erdgas wird knapper. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vergangene Woche die zweite Eskalationsstufe im Notfallplan Gas aufgerufen. Insgesamt gibt es drei Stufen. Doch er erwähnt Biogas als möglichen Lückenfüller nicht. Stattdessen setzt der Bund lieber auf fossile Brennstoffe wie Kohle oder importiertes Fracking-Gas, um die Versorgung im Winter sicherzustellen.

Dabei könnte die Biogasbranche kurzfristig etwa 20 % der aktuellen Leistung des Anlagenbestandes zusätzlich mobilisieren. Dies entspricht laut Biogasfachverband 19 TWh Gas beziehungsweise 7 TWh Strom. „Das würde den Strombedarf von 2 Mio. Haushalten decken“, rechnet Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas (FvB), vor.

Ausreichend Substratvorräte vorhanden

Aufgrund der Notsituation ist es seiner Meinung nach daher ein Gebot der Stunde, für 2022 bis 2024 die Begrenzung der Stromproduktion im EEG auszusetzen. Der FvB-Präsident erinnert daran, dass darüber hinaus aufgrund baurechtlicher Beschränkungen die Produktion an vielen Standorten auf 2,3 Mio. m³ Biogas limitiert sei. Auch diese Begrenzung sollte temporär ausgesetzt und notwendige Genehmigungsverfahren in diesem Zeitraum verkürzt werden.

Unterstützung bekommt Seide vom Deutschen Bauernverbandspräsidenten Joachim Rukwied. „Aktuell haben viele Biogas-Bauern noch mehr als ausreichend Substratvorräte aus der Ernte 2021. Diese könnten sie im kommenden Winter aktivieren und für die Erzeugung von Strom, Wärme und Biomethan nutzen. Die Bundesregierung sollte jetzt dafür den Weg freimachen, so Rukwied.

Seit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 ist die vergütungsfähige Stromerzeugung jeder Anlage aber auf die sogenannte Höchstbemessungsleistung begrenzt.

Die Weichen neu stellen

Simone Peter, Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) stimmt Habeck zwar zu, dass Deutschland möglicherweise für die komplette und kurzfristige Substitution von russischem Erdgas auch am Einsatz von fossiler Kohle zur Stromerzeugung nicht vorbeikomme. Es sei aber klima- wie energiepolitisch vor allem geboten, die sofort nutzbare Biomasse in den bestehenden Bioenergieanlagen in dringend benötigte Energie umzuwandeln.

Damit könnten bereits heute die Gasspeicher für den Winter geschont und der Bedarf zur Reaktivierung von Kohlekraftwerken deutlich verringert werden. Die notwendigen Schritte hatten die Bioenergieverbände bereits vor einer geraumen Zeit in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf zum Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz dem Wirtschaftsminister vorgelegt.

Mit Material von AgE
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