Die Umweltminister der Bundesländer haben bei ihrem Treffen in Wilhelmshaven (13.5.) beschlossen, dass künftig keine Nahrungs- und Futtermittel mehr in Biokraftstoffe landen sollen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) betonte gegenüber Journalisten, mit Hochdruck an einer Gesetzesvorlage zu arbeiten.
Derzeit sei man in Abstimmung mit den Ressorts und Regierungsfraktionen. „Wir werden zeitnah einen Gesetzesvorschlag vorlegen“, kündigte sie an. Auf ihrer Sicht hat die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung derzeit die oberste Priorität. „Nahrung gehört auf den Teller und nicht in den Tank“, so die grüne Ministerin. Sie bestätigte, in den Abstimmungsgesprächen seien möglicher Entschädigungen für die Biokraftstoffhersteller ein Thema.
Für Lemke geht Nahrungsversorgung vor
So ist sie offenbar auch bereit, auf das CO2-Einsparpotential von Biosprit von rund 13 Mio. t zu verzichten. Allerdings favorisieren die Umweltminister den Einsatz von Reststoffen für die Biospritproduktion.
Offen ließ Lemke, ob sich die Nahrungsmittelversorgung durch ein Absenken der Biokraftstoffquoten schneller verbessern lässt als durch Aussetzen der 4%-igen Stilllegung ab 2023. Sie verwies dabei auf die Aussage des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir, dass man Nahrungsmittelkrise nicht gegen Arten- und Klimaschutzkrise ausspielen dürfe. Beim Biosprit dagegen ist die grüne Ministerin dagegen bereit, Klimaschutzziele für mehr Nahrung zu opfern.
Olaf Lies (SPD), Vorsitzender der UMK und niedersächsischer Umweltminister, betonte, „angesichts des Ukrainekriegs können wir nicht so weiter fahren wie bisher“. In Deutschland würden jährlich 2,4 Mio. t Getreide für Bioethanol genutzt. Auch deswegen hätten alle Länder den Beschluss zum Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen ausgesprochen, Bayern und Nordrhein-Westfalen vermerkten im Protokoll, die Wirkung eines Tempolimits sei aber begrenzt.
FDP: Lemkes Biospritpläne sind nicht abgestimmt
Das Vorgehen Lemkes sorgt in der Ampelkoalition offenbar für den nächsten Knatsch. Wie die dpa berichtet, hält Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) von Lemkes Biospritplänen wenig. Eine Einschränkung führe zu einem höheren Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehr, sagte Wissing. Das sei mit den Klimazielen der Bundesregierung nicht vereinbar und innerhalb der Bundesregierung auch nicht abgestimmt.
Bereits bei der Frage zum Aussetzen der 4%igen Stilllegung von Ackerflächen, die die Agrarreform ab 2023 vorsieht, ist sich die Koalition nicht einig. Während die FDP-Agrarsprecher Gero Hocker dies befürwortet, lehnen SPD und Grüne dies (bisher) rigoros ab.
Ufop kritisiert Lemke und Schulze scharf
Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (Ufop) kritisiert, dass die Bundesministerinnen für Entwicklung und für Umwelt, Schulze und Lemke, bei ihrer Forderung nach einem Ausschluss von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse wie Raps nicht darauf hinwiesen, dass der Einsatz dieser Biokraftstoffe in der Menge bereits gesetzlich gedeckelt ist. Diesen Aspekt hätten die Umweltminister der Länder offenbar bei ihrem Beschluss nicht berücksichtigt. Tatsächlich begrenzt die sogenannte Kappungsgrenze von 4,4 % am Endenergieverbrauch das Mengenpotenzial in Deutschland. Damit liegt die nationale Grenze weit unter dem im europäischen Regelwerk möglichen Limit von 7 %, betont die Förderunion.
Zudem vermisst die Förderunion einen Vorschlag zur Kompensation, wenn die Umweltminister Biokraftstoff-Optionen ausschließen. Kein Verständnis hat die Ufop, dass trotz der knapp versorgten Agrarmärkte an der Extensivierungsstrategie festgehalten werde. Hier werde beim Bedarf zur Nahrungsmittelversorgung offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen.