Biokraftstoffe stehen nun doch nicht vor dem Aus. Überraschend hat sich die Bundesregierung kurz vor Weihnachten auf Eckpunkte zur nationalen Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie II (RED II) der Europäischen Union geeinigt. Für mehr Klimaschutz im Verkehr soll der Anteil erneuerbarer Energien in den kommenden zehn Jahren kräftig steigen. Ursprünglich wollte Umweltministerin Svenja Schulze den weiteren Ausbau einschränken.
Die Ressorts haben sich darauf verständigt, die Treibhausgas-(THG)-Minderungsquote schrittweise von aktuell 6 % auf 22 % bis 2030 anzuheben. Im Zieljahr würde der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr damit auf mehr als 28 % steigen, während die Europäische Union bis dahin nur 14 % vorschreibt.
Bekanntlich verpflichtet die THG-Minderungsquote Unternehmen, die Kraftstoffe in Verkehr bringen, die Treibhausgasemissionen des abgesetzten Kraftstoffs um einen von der Politik vorgegebenen Prozentsatz zu senken. Mit Biokraftstoffen, Wasserstoff, PtX-Kraftstoffen auf Strombasis und Strom für E-Fahrzeuge sehen die Eckpunkte mehrere Erfüllungsoptionen mit Unterquoten vor.
Nach Überzeugung von Staatssekretär Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium, der die Eckpunkte vorstellte, nimmt die hohe THG-Quote auch die Bundesregierung in die Pflicht und erfordert eine „sehr ambitionierte“ Ausgestaltung weiterer Maßnahmen im Verkehrsbereich.
Palmöl vor dem Aus
Wie Flasbarth zu den Erfüllungsoptionen weiter ausführte, sollen Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln auf dem aktuellen Niveau von 4,4% gedeckelt werden. Palmöl im Tank soll schrittweise weniger werden und ab 2026 sogar ganz verboten sein. Voranbringen will die Bundesregierung auch die Nutzung „fortschrittlicher“ Biokraftstoffe aus Abfällen oder Stroh, für die bis 2030 einen Mindestanteil von 2,6 % vorgesehen ist. In Sachen Elektromobilität soll es bei der Förderung durch Mehrfachanrechnung bleiben; allerdings ist nur noch ein Faktor 3 geplant.
Ursprünglich war vom Umweltressort sogar eine Vierfachanrechnung angedacht, gegen die die Biokraftstoffverbände Sturm gelaufen waren. Der Gesetzentwurf geht nun zunächst zur Notifizierung nach Brüssel, bevor er dann im kommenden Jahr das hiesige parlamentarische Verfahren durchläuft.
Koppelproduktion gesichert
Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop) begrüßte, dass das Umweltministerium als federführendes Ressort endlich die Rolle der Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse als heute wichtigste Klimaschutzkomponente im Verkehrssektor anerkenne und diesen bis 2030 eine stabile Rolle auf heutigem Niveau zuweise. Damit sei auch die weitere Bereitstellung heimischer Futtermittel als Koppelprodukte der Biokraftstoffverarbeitung gesichert, erklärte Ufop-Geschäftsführer Stephan Arens gegenüber dem Nachrichtendienst Agra-Europe.
„Wir begrüßen den schrittweisen Ausschluss von Palmöl bis 2026. Positiv ist auch, dass dieser Ausstieg nicht zu Lasten der heimischen Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse geht“, so Arens weiter. Zwar sei die Mehrfachanrechnung für die Elektromobilität gegenüber dem ersten Entwurf des Umweltressorts reduziert worden, man sehe aber weiterhin eine Überförderung dieses Bereiches. Mehrfachanrechnungen seien auch klimapolitisch kritisch zu sehen, da der reale Beitrag zum Klimaschutz begrenzt sei.
Hersteller geht das alles zu langsam
Skeptischer als die Ufop reagierte der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), auch wenn er den Regierungsentwurf als Schritt in die richtige Richtung bezeichnete. Dieser sei jedoch noch nicht ausreichend, um die heutige THG-Reduzierung durch Biokraftstoffe auch für die Zukunft zu sichern.
„Die Treibhausgasminderungsquote steigt bis 2026 deutlich zu langsam an - absurder Weise hatte die erste Version des Gesetzes einen noch langsameren Anstieg vorgesehen", so VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann.
Herkömmliche Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse und auch solche aus Abfällen und Reststoffen sind seiner Meinung nach deshalb stark gefährdet, weil sie durch Mehrfachanrechnungen aus der Quote und damit aus dem Markt gedrängt werden.
Zwingenden Änderungsbedarf sieht er auch bei Detailregelungen. Baumann fordert eine jährliche Revision der Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe, damit sich die tatsächlichen Marktentwicklungen in der Gesetzgebung widerspiegeln.