Die Hängepartie um die Biokraftstoffe geht weiter. Gestern ( 26.1.) konnte sich der Koalitionsausschuss auf keinen Kompromiss einigen. Nächste Woche wollen die Regierungsfraktionen die Gespräche fortsetzen, heißt es in Berlin. Möglicherweise muss Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Ende ein Machtwort sprechen, ob ihm Klimaschutz und Biokraftstoffe wichtiger sind, als eine von den Grünen vorgeschobene Debatte zu Teller vor Tank.
So lehnt bisher FDP-Minister Volker Wissing den Referentenentwurf seine grünen Kabinettskollegin Steffi Lemke, Bundesumweltministerin, zum Ausstieg von Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln ab. Auch Carina Konrad, stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende hatte kürzlich klar gemacht, dass die Liberalen Lemkes Ausstiegsplänen nichts abgewinnen können.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger hofft, dass Wissing seinen Widerstand gegen den Gesetzentwurf beibehält. "Damit die Energiewende im Verkehrssektor gelingt, brauchen wir einen vernünftigen
Mix aus Verbrennern, E-Mobilität und alternativen Kraftstoffen," fordert er.
Weitere Knackpunkte in den Verhandlungen sind das Tempolimit auf Autobahnen und der schnellere Ausbau von Straßen, Brücken und Schiene.
Weltweit 8% der Fläche für Biokraftstoffe
Im Vorfeld der Ausschusssitzung macht die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e.V. (Ufop) deutlich, dass weltweit nur rund 8 % der Anbaufläche als Rohstoffen für die Biokraftstoffproduktion dienten, Weltweit wurden dabei 2021 auf ca. 1,4 Mrd. ha Getreide, Ölsaaten, Eiweiß-, Zucker- und Faserpflanzen, Obst, Gemüse, Nüsse angebaut. Davon wurde das meiste direkt oder indirekt über die Verfütterung an Nutztiere zur Ernährung eingesetzt.
Relativ geringe Beimischung in Deutschland
Die Rohstofferzeugung für die Verwendung in Biokraftstoffen konzentriere sich auf Regionen mit strukturellen Überschüssen, so die Ufop. Dies lasse sich an den im Vergleich zur EU hohen Mandaten für die Beimischung, wie in Indonesien (35 % Biodiesel) oder in den USA (15 % Bioethanol) ablesen. Zum Vergleich: In Deutschland dürfen laut Kraftstoffnorm nur 7% Diesel und 10% Bioethanol beigemischt werden.
Die Gründe liegen vorrangig in der Markt- und Preisstabilisierung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise sowie in der Lieferung eines Beitrages zur Energieversorgungssicherheit. Ohne Biokraftstoffe und ihrer angebotspuffernden Wirkung würde sich der Druck auf die Rohstoffpreise erhöhen.
Flächenanteile sind falsch berechnet
Gleichzeitig verweist die Ufop auf das zusätzliche Protein in hoher Qualität, das bei der Herstellung von Biokraftstoffen anfällt und das zur Nutztierfütterung oder direkt für die Humanernährung eingesetzt wird.
Nicht sachgerecht hält die Ufop zudem das Argument, dass Biokraftstoffe aufgrund des Flächenbedarfs zu weltweiten Landnutzungsänderungen führten. So müsse dabei auch der Flächenanteil für die Proteinproduktion bei Raps heraus- bzw. angerechnet werden, stellt die UFOP fest. Bei einem Anteil von 60 % Futterprotein beim Raps wäre somit nur 40 % der Anbaufläche für die Biokraftstoffproduktion anzurechnen.
Dieser Ansatz ist aus Sicht der Förderunion sachgerecht, denn andernfalls müssten fehlenden Proteinmengen durch Importe von zusätzlichen Flächenbedarf gedeckt werden müssten.
Özdemir gefährdet gentechnikfreie Milch
Dieser Kompensationseffekt wird bei allen sogenannten „iLUC-Studien“ und daraus abgeleiteten Diskussionen gewollt nicht berücksichtigt, so die Ufop. Aus ihrer Sicht ist es unverständlich, dass Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir diese Initiative unterstützt und die bekannten Zusammenhänge ignoriert. Denn die heimische bzw. europäische Rapsproduktion für die Kraftstoffherstellung sichert zugleich die Versorgung mit gentechnisch unverändertem Rapsprotein für die Milchproduktion.
Praktisch jedes Milchprodukt mit dem Siegel „Ohne Gentechnik“ signalisiert, dass die Kühe am Anfang dieser Warenkette mit nachhaltig zertifiziertem Rapsschrot aus der Biodieselproduktion gefüttert wurden.
Die Förderunion moniert zudem, dass Lemke mit ihrem Vorstoß zugleich die Diskussion mit der Landwirtschaft um eine Nationale Biomassestrategie (NABIS) aushebelt. Die Ufop sieht keine Gesprächsbasis, wenn der Rechtsrahmen wie bei Biokraftstoffen einseitig vorgegeben wird. Die Gesetzesinitiative zu Biokraftstoffen nehme das Ergebnis vorweg.