Nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes bleiben die von der Bundesregierung geplanten Klimaschutzmaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft und Landnutzung hinter dem Stand des Klimaschutzplans von 2019 zurück.
Die bislang bekannt gewordenen Entwürfe des Klimaschutz-Sofortprogramms 2022 der Bundesregierung sehen in der Landwirtschaft als Maßnahmen lediglich eine erweiterte Datenbasis bei der Düngung, eine reduzierte Stickstoff-Düngung für Backweizen, einen Ausbau des Ökolandbaus, eine „klima- und tiergerechte Nutztierhaltung“ sowie ein Energieeffizienzprogramm vor.
Maßnahmen, um Kohlenstoff-Senken auf Acker und Grünland (Carbon Farming) zu bilden und um Methan durch eine verstärkte Güllenutzung in Biogasanlagen zu verringern, sind in dem Entwurf gar nicht mehr vorgesehen. Stattdessen sollen vermehrt Forstflächen stillgelegt werden.
Krüsken fordert Initiative beim Carbon Farming
Nach Auffassung von DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken ist für Landwirte dieser Stillstand mehr als unverständlich, da dieses Potenzial zu groß ist, um nicht genutzt zu werden. „Die Bundesregierung muss hier von der Bremse gehen,“ fordert er. „Wir brauchen aber beim Thema Carbon-Farming mehr Tempo und eine Inwertsetzung der Kohlenstoff-Bindung, um die Klimaschutzziele erreichen zu können.“
Die geplanten Maßnahmen zur Emissionsminderung gehen aus Verbandssicht zu weiten Teilen in eine falsche Richtung. Eine pauschale Vorgabe zum ökologischen Landbau sei nach dem Stand der Wissenschaft keine anerkannte Klimaschutzmaßnahme, notwendig sei vielmehr eine nachhaltige Intensivierung der gesamten Landwirtschaft.
Auch die undifferenzierte Vermischung von Tierwohl und Klimaschutz führt laut Krüsken absehbar zu keinen sinnvollen Maßnahmen. Verlagerungseffekte von CO2-Emissionen (sogenannte Leakage-Effekte) durch die Abwanderung einer bereits relativ klimafreundlichen Tierhaltung in Drittländer würden ausgeblendet.
Bund blendet Bioenergie aus
Der DBV erwartet konkrete Unterstützung bei weiteren Emissionsminderungsmaßnahmen bei Methan und Ammoniak in der Tierhaltung. Die Fortführung des Bundesprogrammes für Energieeffizienz & CO2-Einsparung begrüßt er, das Antragsverfahren müsse aber weiter verschlankt werden.“
Nachbesserungsbedarf sieht der Verband auch bei der Bioenergie. Diese werde im Entwurf des Klimaschutz-Sofortprogramms weitgehend ignoriert. Auch die Chancen eines verstärkten Einsatzes nachwachsender Rohstoffe für die stoffliche Nutzung werden nicht angesprochen.
Biokraftstoffindustrie: Lemke lässt Wissing gegen die Wand laufen

Noch kritischer als der DBV wertet die Biokraftstoffindustrie das Klima-Sofortprogramm im Verkehrssektor. Die Hersteller vermuten hier einen „parteipolitische Rangeleien“ zwischen der grünen Umweltministerin Steffi Lemke und dem FDP-Verkehrsminister Volker Wissing. „Lemke will das vom Verkehrsministerium vorgelegte Klima-Sofortprogramm zum Scheitern bringen“, meint Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB).
Laut Baumann steigen die CO2-Emissionen im Verkehrssektor drastisch, wenn Lemke ihren Plan umsetzt, die Nutzung von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse ab dem kommenden Jahr einzuschränken und bis 2030zu beenden. Der Verkehr hat seinen Grenzwert im Jahr 2021 um 3 Millionen Tonnen CO2 überschritten.
Was Biokraftstoffe und Tempolimit bringen
Nachhaltiger Biodiesel und Bioethanol aus Anbaubiomasse haben im Jahr 2021 nach VDB-Schätzungen 7,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Für den VDB-Geschäftsführer bleibt es rätselhaft, wie Lemke diese Einsparungen ohne solche Biokraftstoffe ausgleichen will.
Das Klimaschutzgesetz schreibt vor, dass der Treibhausgasausstoß im Verkehr bis 2030 auf 85 Millionen Tonnen sinken muss. Aus VDB-Sicht ist es wichtig, dass alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zum Klimaschutz beitragen. Das betrifft vor allem den riesigen Fahrzeugbestand.
Hier gebe es neben einem Tempolimit praktisch nur Biokraftstoffe, die den Treibhausgasausstoß signifikant verringern können, so Baumann. Ein Tempolimit von 120 km/h bringt nach Angaben des Umweltbundesamtes jährliche Einsparungen von etwa zwei Millionen Tonnen CO2. Bis 2030 sollen 15 Millionen Elektroautos in Deutschland fahren. Im Bestand befinden sich heute etwa 48 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.