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Marktungleichgewicht

BDM fordert radikalen Politikwechsel

Ulrich Graf
Ulrich Graf
am Montag, 02.12.2019 - 15:40

Der Verband beklagt, dass in der gegenwärtigen Marktgestaltung die Landwirtschaft in einem Teufelskreis aus Preis- und Kostendruck sitzt.

Marktverschiebung

Die Proteste  der Bäuerinnen und Bauern, die sich aktuell am Agrarpaket entzünden, beruhen nach Einschätzung des BDMs auf Systemproblemen, die sich nicht mit Geld aus öffentlichen Töpfen und einem „Weiter so wie bisher“ lösen lassen. Diese Systemprobleme würden ein strukturelles Handeln erfordern. Der politisch verfolgte Weg einer weltweiten Wettbewerbsfähigkeit der Ernährungsindustrie mit immer günstigeren Lebensmitteln münde in einer Sackgasse. Die Ernährungsindustrie kassiere die Exporterfolge, und während der Verbraucher immerhin noch von günstigen Lebensmitteln profitiert, bleibt die Landwirtschaft in einem Teufelskreis aus Preis- und Kostendruck sitzen. Daraus folgen Effizienz- und Intensivierungsdruck mit negativen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Dem werde dann mit Auflagen begegnet, die die Kostenspirale weiterdrehen.

Die Fragestellung müsse nun lauten, wer den größten Hebel in der Hand habe, um eine Situation aufzulösen, in der gesellschaftliche Ansprüche und landwirtschaftliche Erfordernisse immer weiter auseinanderdriften. Und das sei die Politik, die den Rahmen vorgebe, in dem sich alle Marktteilnehmer bewegen.

    Lösungsansätze des Verbandes

    Nach Ansicht des BDM müssen zur Problemlösung drei wesentliche Aufgaben in Angriff genommen werden:

    1. Die Weiterentwicklung und Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP 2020 in Verbindung mit der Gemeinsamen Marktordnung GMO: Um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, müssten die Zielvorgaben für die Landwirtschaft mindestens auf europäischer Ebene einheitlich definiert sein. Die Ausrichtung der europäischen Agrarpolitik auf weltweite Wettbewerbsfähigkeit über Billigpreise müsse überdacht werden.
    2. Ein effizientes Krisenmanagement, mit dem Marktkrisen mit immensen Wertschöpfungs- und Substanzverlusten für die landwirtschaftlichen Betriebe effizient begegnet werden könne: Nur Agrarmärkte, die einigermaßen ausgeglichen seien, ließen mindestens kostendeckende Preise zu - das sei eine absolute Grundvoraussetzung für eine tiergerechte, umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft. Wenn Kosten über den Markt nicht gedeckt werden können, werde die Landwirtschaft an ihre Leistungsgrenzen getrieben mit negativen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt.
    3. Eine deutliche Verbesserung der Marktstellung der Landwirte: Es gelte auf EU-Ebene eine Branchenorganisation für jeden landwirtschaftlichen Sektor als eigenständige Branche anzuerkennen, also z.B. eine Branchenorganisation Milchviehhaltung. Bisher sei das nicht möglich, da immer mindestens zwei Akteure der Wertschöpfungskette Teilnehmer einer nach EU-Recht zulässigen Branchenorganisation sein müssen. Angesichts der Übermacht von wenigen Oligopolen auf Handels- und Industrieseite und einer immer stärker konzentrierten verarbeitenden Industrie müssten die Landwirte für jeden Sektor eine zentrale Plattform haben, die ihre Marktposition stärke.