Erst Söders Ankündigung zum Klimawald, dann das Projekt „Forstbetrieb 2030“ – die Mitarbeiter der Bayerischen Staatsforsten sind verunsichert. Was braucht das Unternehmen, um die Zukunft zu bewältigen? Damit befasste sich der Landtag.
Es war im Sommer 2019, als Ministerpräsident Markus Söder (CSU) medienwirksam verkündete, der Staatswald soll künftig „Klimawald“ sein. Die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) sollten ihre Waldbewirtschaftung nun ganz nach den Zielen Biodiversität und Klimaschutz ausrichten. Der Erhalt und Ausbau der Wälder sei die wichtigste Aufgabe, sagte Söder. Das Geld, das die BaySF erwirtschaften, solle künftig in den Waldumbau und die CO2-Speicherung fließen – und nicht mehr wie bisher in den allgemeinen Staatshaushalt.
In ihrer 16-jährigen Geschichte hat die Anstalt des öffentlichen Rechts 650 Mio. € in die Staatskasse gespült. Seit zwei Jahren macht das Unternehmen allerdings wegen der Holzmarktkrise Verluste und musste zuletzt einen Kredit von 50 Mio. € aufnehmen. 2020 startete die Führung der BaySF zudem das Projekt „Forstbetrieb 2030“, um „gemeinsam mit den Beschäftigten Konzepte zu erarbeiten, die das Unternehmen in Zukunft innovativ und schlagkräftig aufstellen sollen“. Ein Schwerpunkt dabei ist „die intelligente Nutzung der Digitalisierung“. Die Befürchtung vieler Mitarbeiter: Einsparungen und Personalabbau.
Bei einer Experten-Anhörung im Bayerischen Landtag ging es nun um dieses Projekt – und die zukünftige Ausrichtung der BaySF. Zwar hat Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber als BaySF-Aufsichtsratsvorsitzende im Mai erklärt, es werde im Rahmen des Projekts „Forstbetrieb 2030“ keinen Stellenabbau bei den Staatsforsten geben. Doch es bleiben Zweifel, wie die Anhörung zeigte.
Personalabbau: Belastung führt zu Demotivation
Dass die Hauptaufgabe im Staatswald, nämlich die nachhaltige Bewirtschaftung, auch künftig erfüllt werden kann, ist wegen der klimatischen Veränderungen zuletzt immer schwieriger geworden. Das findet zumindest der BaySF-Personalratsvorsitzende Hubert Babinger. Seit Gründung der BaySF im Jahr 2005 seien etwa 25 Prozent des Personals abgebaut worden – darunter alleine über 650 Waldarbeiter an den Forstbetrieben und im Forsttechnikbereich. Er warnte vor einem weiteren Personalabbau. Derzeit haben die BaySF laut Vorstandsmitglied Reinhardt Neft umgerechnet 2213 Vollarbeitskräfte. Die Belastung der Beschäftigten nimmt laut Babinger zu – und das führe bei den Mitarbeitern zu Demotivation.
Ein praktisches Beispiel schilderte Alois Keller von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt: So säßen die Mitarbeiter nicht selten eine Stunde im Auto, bis sie zum ersten Arbeitsort gelangen – für Keller resultiert das aus dem geringen Personalstand. Das führe zur Frustration und beeinflusse auch die Arbeitsqualität – wenn die Einzelflächen nicht ausreichend betreut werden können.
Was den künftigen Personalbedarf betrifft, setzen die BaySF laut Neft unter anderem auf eine Ausbildungsoffensive und ein Traineeprogramm, aber das richtige Personal zu finden und an das Unternehmen zu binden, sei eine „große Herausforderung“.
Wegen der „riesengroßen Ansprüche der Gesellschaft“ fordert auch Bernhard Breitsameter „mehr Leute in der Fläche“. Er ist Vorstand der Wald-Säge-Fuchstal-Genossenschaft und der WBV Aichach. Die BaySF hätten immer eine Vorbildfunktion für den Privatwald – und da sehe es düster aus: „Viele private Waldbesitzer geben die Forstwirtschaft auf“, sagte er.
Wie sollen sich die BaySF also künftig ausrichten? Der Chef vom Bund Naturschutz (BN), Richard Mergner, fordert nicht nur mehr „qualifiziertes und ortskundiges Personal in den Forstrevieren“. „Wenn ein Unternehmen zu 85 Prozent vom Holzpreis abhängig ist, dann ist das kein nachhaltiges Unternehmen“, sagte er. Die jüngste Kreditaufnahme der BaySF kritisierte er scharf: Aus seiner Sicht hätte das Geld aus der Staatskasse kommen müssen. Nach Söders Ankündigung im Jahr 2019 fehle es bis heute an der inhaltlichen Ausgestaltung dieser „Grundsatzentscheidung“: Die Erfüllung der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes müsse Vorrang vor Holzeinschlag und Gewinnstreben bekommen. Das solle auch im Waldgesetz verankert werden.
Vor „politischem Mikromanagement“ warnte dagegen der Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbandes Josef Ziegler. Die BaySF mache gute Arbeit und habe „deutschlandweit das beste Naturschutzkonzept“ – wegen moderner und konsequenter Jagd, größter Umbauflächen, bester Holzvermarktung sowie Nass- und Trockenlagerkonzepten. Allerdings müsse sich das Unternehmen wegen des Klimawandels und schwankender Preise rüsten und Risikorücklagen bilden.
Mit Blick auf andere Länder warb er für eine Erweiterung der Geschäftsfelder der BaySF. „In Rheinland-Pfalz haben sie viel Windkraft im Wald. Wenn das Holzgeschäft volatil wird, kommt man so besser durch die Krise“, sagte er. Wegen „Problemen mit Erholungssuchenden“ fordert er zudem mehr Kommunikation im großstädtischen Bereich.
Damit traf er einen Nerv: Mehrere Abgeordnete – von den Grünen über CSUler bis zu den Freien Wählern – klagten über zunehmende Beschwerden von Ausflüglern über die „ganz normale Waldarbeit“. Die parteiübergreifende Forderung: Es braucht in der Fläche Ansprechpartner – auch und gerade bei den BaySF, um die Bevölkerung aufzuklären.
Finanzielle und personelle Ressourcen für den Wald
Klimawandel, Dürre, Borkenkäfer, Waldumbau: Aus Sicht von Florian Vogel, dem Sprecher der BaySF-Betriebsleiter, haben die vergangenen Jahre den Mitarbeitern „alles abverlangt“. Wichtig sei jetzt die Existenzsicherung des Waldes, und dazu brauche es ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen. „Und wir müssen Rücklagen bilden für stürmische Zeiten und regionalspezische Lösungen finden“, meinte er. Im Moment „sind wir personell auf Kante“.
Letzteres sprach keiner deutlich an, aber es klang immer wieder durch: Die Mitarbeiter beklagen offenbar Entscheidungen von oben herab. Sie fordern mehr „Team statt Hierarchie“. So steht es jedenfalls in der Stellungnahme des Gewerkschaftsvertreters Keller.