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Emissionssschutz

Bauernverband fürchtet Kahlschlag bei Tierhaltern

Josef Koch
Josef Koch
am Donnerstag, 07.04.2022 - 12:56

Brüssel will Emissionsschutzrecht verschärfen. Betriebe mit 100-Kuh- oder 500 Schweinemastplätzen könnten betroffen sein.

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"Wird dieser Richtlinienentwurf so umgesetzt, ist das der Einstieg in die Abwicklung der bäuerliche Tierhaltung in Deutschland und Europa“, befürchtet der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken. Gemeint ist EU-Industrieemissionsrichtlinie. Die EU-Kommission will sie novellieren. Auch in Bayern könnten Landwirte betroffen sein.

Nach den EU-Plänen sollen bereits kleine tierhaltende Betriebe mit mehr als 150 Großvieheinheiten unter die strengen Regelungen des europäischen Emissionsschutzrechts fallen. Betroffen sind davon alle Tierarten vom Rind, zum Schwein bis hin zum Geflügel.

Beispielsweise müssten laut DBV dann bereits ein Milchviehbetrieb mit rund 100 Kühen plus Nachzucht oder ein Schweinemäster mit 500 Mastplätzen weitreichende und kostenträchtige Emissionsminderungsmaßnahmen im Stall umsetzen, die wirtschaftlich nicht tragbar und kontraproduktiv für das Tierwohl seien. Die Vorschläge der Kommission konterkarieren die Bemühungen der Tierhalter, mehr Platz und eine Öffnung der Ställe anzubieten, und werden die landwirtschaftliche Tierhaltung aus Deutschland und Europa verdrängen, ist sich der Berufsstand sicher.

Umsetzung ab 2024 denkbar

Wie aus Brüssel zu hören ist, soll das Emissionsschutzrecht ab 2024 auf EU-Ebene umgesetzt werden, anschließend sind die EU-Staaten verpflichtet, diese national umzusetzen. Aufgrund der vorgestellten Begründungen der Kommission vermutet Krüsken, dass ein Abbau der Tierhaltung die eigentliche Agenda der Novelle sei. Für Krüsken ist die Tierhaltung in ihrer Vielfalt das Rückgrat der deutschen Landwirtschaft. Er fürchtet, dass Brüssel fast alle Betriebe mit ernsthafter Tierhaltung in bürokratische, langjährige und enorm aufwendige Genehmigungsverfahren drängen will. Er fordert, Rat und Parlament auf, der heimischen Erzeugung in bäuerlichen Strukturen eine Zukunft zu geben und auf Basis einer fundierten Folgenabschätzung die Vorschläge zu ändern.

Die bayerische EU-Abgeordnete Marlene Mortler verspricht gemeinsam mit ihren Kollegen dafür zu kämpfen, dass die bäuerlichen Strukturen auch in Zukunft erhalten bleiben und nicht mutwillig zerschlagen werden. Die Vorschläge der Kommission müssen dementsprechend geändert werden, macht sie die Marschrichtung klar.

Verneunfachung der Betoffenen

Gemäß dem Vorschlag sollen die neuen Vorschriften schrittweise ausgedehnt werden und schließlich etwa 185.000 Betriebe in der gesamten EU betreffen; derzeit sind es 20 000. Laut Kommission soll die Verschmutzung von Boden, Gewässern und Grundwasser eingedämmt und insbesondere Methan- und Ammoniakemissionen verringert werden.

Der betreffende Ausstoß soll um 265.000 t beziehungsweise 128.000 t zurückgehen. Nach Einschätzung der Brüsseler Behörde würde dies Vorteile für die menschliche Gesundheit im Gegenwert von mehr als 5,5 Mrd. € mit sich bringen.

Umwelt- und Klimakommissar stecken dahinter

Nach Auffassung von EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius würden infolge der Veränderungen auch mehr Arbeitsplätze entstehen, wie es der Öko-Innovationssektor der EU bereits unter Beweis gestellt habe. Maßnahmen zum proaktiven Bewältigen der Umweltverschmutzungs-, der Klima- und der Biodiversitätskrise könnten die Wirtschaft effizienter und widerstandsfähiger machen.

EU-Vizepräsident und Klimakommissar Frans Timmermans sieht durch die Vorschläge die Chance, die „schädlichen Emissionen von Industrieanlagen und Europas größten Nutztierhaltungsbetrieben erheblich“ zu senken.

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