Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Kundgebungen

Nach Bauern-Protesten in Holland: LSV kündigt Aktionen an

imago0162383036h
Philipp Seitz
Philipp Seitz
am Freitag, 08.07.2022 - 16:45

Die wütenden Proteste der Landwirte in den Niederlanden gehen weiter. Auch in Bayern bahnen sich flächendeckende Kundgebungen an.

München In den Niederlanden gehen die Bauernproteste weiter. Für Aufsehen sorgte zuletzt, dass die niederländischen Polizisten Warnschüsse abgegeben und auch gezielt geschossen hatten. Am Dienstagabend gab ein Polizist mit der Dienstwaffe einen Schuss auf einen 16-Jährigen ab, der einen Schlepper gelenkt hatte. Der Jugendliche blieb dabei unverletzt.

Auch in Bayern bahnen sich aktuell größere Bauern-Proteste an. LSV Bayern spricht in einer Pressemitteilung davon, dass es auch die deutschen Landwirte trifft, was sich gerade in den Niederlanden abspielt. Die niederländischen Bauern protestieren aktuell vehement gegen Auflagen zur Reduzierung des Stickstoff-Ausstoßes. Viele Viehbetriebe befürchten, dass sie nun aufgeben müssen.

Die Vorstände von LSV Bayern, Rainer Seidl und Claus Hochrein, warnen, dass die zukünftigen Auflagen und Verordnungen „früher oder später“ genau zu dieser prekären Lage führen würden, in welcher sich gerade die Landwirte in den Niederlanden befinden. Wörtlich heißt es in einer Mitteilung von LSV Bayern: „Angesichts dieser Aussichten müssten eigentlich nicht nur abertausende Schlepper hupend in Berlin und Brüssel stehen, sondern auch hunderttausende Bürgerinnen und Bürger, um für ihre sichere Ernährung zu kämpfen.“ Und Seidl schiebt noch vielsagend hinterher: „Das hier ist erst der Anfang!“

Einen ersten Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte, gibt es gerade in einigen Bundesländern. Am Donnerstag trafen sich nach Angaben von LSV in ganz Deutschland um 21 Uhr Landwirte auf den Autobahnbrücken, um ihre Solidarität mit den protestierenden Landwirten in den Niederlanden zu zeigen. Auch im Freistaat rufen regionale LSV-Organisationsteams zu Solidaritätskundgebungen auf.

Wie Andreas Bertele, Pressesprecher von LSV Oberbayern, dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt am Freitag, 8. Juli 2022, sagte, beteiligten sich am Donnerstag, 7. Juli 2022, im Freistaat zwischen 450 und 500 Landwirte an den spontan angesetzten Kundgebungen. An den meisten Autobahnbrücken in Bayern hätten sich um 21 Uhr Landwirte postiert. „Wir wollen damit auch ein Wecksignal an die Bevölkerung und an die Politik senden“, sagte Bertele. Es könne so nicht mehr weitergehen. „Wenn wir die Ernährungssicherheit im Land sichern wollen, muss die Landwirtschaft erhalten werden.“

Im Unterallgäu versammelten sich mehrere Bäuerinnen und Bauern etwa an Autobahnbrücken. Der örtliche LSV-Sprecher Andreas Magg warnte, dass die Maßnahmen, wie sie derzeit in den Niederlanden die Existenz vieler Landwirte bedrohen, „morgen genauso bei uns kommen können“. Es gehe, wie Magg betonte, auch um die Lebensmittelsicherheit. Dafür seien die Bäuerinnen und Bauern vor Ort existenziell. Die Demonstrationen nun sollen zeigen, wie Magg sagte, „dass ein wichtiger Berufsstand in Gefahr ist“.

Nicht nur Magg hat die Bilder aus den Niederlanden vor den Augen, wenn er die Landwirte auf weitere Protestaktionen einstimmt. Auch Bertele sagte, dass ihn die Szenen und die Schüsse der Polizei schockiert hätten. Er spricht von einem „absoluten Wahnsinn“. Dass es dort so weit gekommen und die Lage derart eskaliert ist, sei für ihn noch vor einigen Monaten unvorstellbar gewesen. „Eigentlich müssten Verbraucher und Landwirte auf die Straße gehen, wenn man sieht, was auf uns noch zukommt.“

Und LSV bereitet sich auch schon für neue Proteste und Kundgebungen vor. Am Montag wird, wie das Wochenblatt erfuhr, über neue LSV-Kundgebungen gesprochen. Es gehe darum, den Verbraucher aufzuklären, damit er an der Seite der Landwirte kämpfe, erklärte Bertele. Und er ist überzeugt, dass die Landwirte in den kommenden Wochen starke Zeichen an die Politik senden werden: „Die Landwirte sind zuletzt in den Winterschlaf gefallen und haben sich von den Verordnungen überrollen lassen. Nun wachen alle wieder auf.“ Und auch der Bevölkerung müsse klar werden, dass sie auf die Lebensmittelversorgung vor Ort angewiesen sei.

Das betonten auch die LSV-Vorstände Rainer Seidl und Claus Hochrein. Wie es in ihrer Pressemitteilung heißt, werde sich die Versorgungslage im Inland durch den Green-Deal und Farm to Fork deutlich verschlechtern. „Die Nachhaltigkeit bei uns sinkt dadurch stark, gleichzeitig nimmt die Umweltbelastung in anderen Ländern enorm zu!“ Allein durch Flächenstilllegungen würden bis 2030 mindestens 10% der fruchtbaren Ackerflächen in Deutschland wegfallen, warnen die LSV-Vertreter. Hinzu komme, wie es weiter in der LSV-Mitteilung heißt, eine pauschale Pflanzenmittelreduktion von 50%, die nach ihren Worten zusätzlich noch mindestens zwischen 10 bis 40% des Ertrags und der Qualität kosten werde. „Es geht uns also in Deutschland sehr wohl was an, was gerade in den Niederlanden passiert.“

* Pflichtfeld. Mit der Anmeldung für den Newsletter haben Sie den Hinweis auf die Datenschutzhinweise zur Kenntnis genommen. Sie erhalten den forstpraxis-Newsletter bis auf Widerruf. Sie können den Newsletter jederzeit über einen Link im Newsletter abbestellen.

Auch interessant