Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist unter Waldbauern vor allem wegen der Beschränkungen für das Heizen mit Holz stark in der Kritik. Jetzt gießt ein aktuelles Gutachten noch mehr Öl in das Feuer der Kritiker.
Denn das GEG ist auch in einigen Teilen verfassungswidrig. Zu diesem Schluss kommt ein Rechtsgutachten des Juristen Prof. Dr. Meinhard Schröder und dessen Mitarbeiter Alexander Frammersberger, Uni Passau, das das Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hat.
Aiwanger fordert unverzüglichen Stopp
Für Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger kommt das sicherlich kurz vor der Demonstration am Samstag (10.6.) im oberbayerischen Erding sehr gelegen. Für ihn ist jetzt schon klar: „Das Gesetz gehört in die Tonne getreten.“ Das „ruinöse Heizungsgesetz“ ist laut Aiwanger unverzüglich zu stoppen. Spätestens am Dienstag (13.6.) muss es aber in den Bundestag eingebracht werden, wenn es bis Jahresmitte noch in Kraft treten soll.
Laut Rechtsgutachten erfüllt Habecks Gesetzesentwurf nicht die formalen Mindestanforderungen. „Das ist beschämend für eine Bundesregierung“, findet Aiwanger.
Aus dessen Sicht ist die Altersgrenze von 80 Jahren völlig willkürlich gewählt. 79-Jährige mit schmaler Rente müssten im Extremfall ihr Häuschen verkaufen. Wohlhabende 80-Jährige dürften hingegen weiterhin mit Öl und Gas heizen, kritisiert der Chef der Freien Wähler. „Das versteht kein Mensch und zeigt, wie weltfremd die Politik der Ampelkoalition ist.“
Wo das GEG verfassungswidrig ist
Das Gutachten sieht vor allem mehrere Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1):
- Die Altersgrenze von 80 Jahren für die Befreiung von der Pflicht zum Heizungstausch (Art. 73 Abs. 2 GEG) kollidiert gleich doppelt mit dem Gleichheitsgrundsatz. Zum einen werden Eigentümer unter 80 Jahren ohne tragfähige Gründe anders als ältere Eigentümer behandelt. Zum anderen nimmt die Norm keine Rücksicht auf die möglicherweise unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Voraussetzungen bei den Eigentümern ab 80 Jahren.
- Kritisch sehen die Gutachter, dass der Schutzstatus von Personen über 80 Jahren entfällt, wenn die weiteren Miteigentümer einer Immobilie und insbesondere einer Wohnungseigentümergemeinschaft jünger als 80 Jahre alt sind.
- Die Ungleichbehandlung zwischen Eigentümer und Mieter verstößt laut Gutachten ebenfalls gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Ausnahme von der Pflicht zum Heizungstausch beschränkt sich auf Immobilieneigentümer. Hochbetagte Rentner, die eine Wohnung mieten, werden nicht berücksichtigt - obwohl auch ihnen ein mit einer Sanierung verbundener Heizungstausch nicht zumutbar ist, wenn dadurch etwa die Wohnung vorübergehend unbewohnbar wird.
- Ebenfalls verfassungswidrig nach dem Gutachten ist die Beschränkung auf Gebäude mit sechs Wohnungen für die Annahme eines erhöhten Schutzes des selbstgenutzten Wohneigentums bei Personen über 80 Jahren. Diese Zahl ist willkürlich, sprengt damit den zulässigen Rahmen einer Typisierung und löst dadurch eine doppelte Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz aus.
Ausnahmen sind nicht klar geregelt
Zudem kritisiert das Gutachten die fehlende Klarheit bei den Ausnahmen für finanzschwache Eigentümer. Im Gesetzesentwurf geht nicht deutlich genug hervor, dass Eigentümer von der Investitionspflicht in neue Heizungen ausgenommen sind, wenn ihnen trotz Förderung das Geld für den Einbau einer teuren Öko-Heizung fehlt.
Eine Ausnahme ist nur dann gesichert möglich, wenn sich die Investition trotz sinkender Heizkosten nicht rechnet oder gemessen am Gebäudewert übermäßig hoch ausfällt. Für finanzschwache Eigentümer fehlen konkrete Regelungsbeispiele, die klarstellen, dass auch Geldmangel als „unbillige Härte“ eingestuft wird und zur Befreiung führen kann.