Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) muss derzeit eine Reihe von Briefen aus Bayern studieren. So hat sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in Sachen Brennholz und Biogas schriftlich mit einigen Forderungen an den Bund gewandt.
So soll sich der grüne Bundeswirtschaftsminister in Brüssel für die Nutzung von Holz zur Wärmeerzeugung einsetzen. Aiwanger sieht im Waldholz einen unverzichtbaren Baustein für die Energiewende. Auf EU-Ebene sind seit kurzem die Trilog-Verhandlungen über die Zukunft der Energieerzeugung aus nachhaltig gewonnenem Waldholz angelaufen.
Nach Auffassung des bayerischen Wirtschaftsministers kann es sich Deutschland nicht leisten, auf Strom und Wärme aus nachhaltigem, heimischen Waldholz zu verzichten.
Aiwanger sieht EU-Parlament auf Irrweg
Die Energieerzeugung aus Waldholz müsse dauerhaft als erneuerbare Energie anerkannt und förderfähig bleiben. „Habeck muss den Irrweg des EU-Parlaments stoppen, das die Nutzung schrittweise einschränken will“, so der Minister.
Allerdings haben Habecks Grüne auf EU-Ebene sogar den Anteil von Holz zur Wärmerzeugung auf Null setzen wollen. Erst nah langwierigen Verhandlungen ist es der EVP gelungen, zumindest einen bestimmten Anteil zuzulassen. Auch die EVP-Abgeordneten setzen nun auf den Rat, um weitere Lockerung auszuhandeln.
Das Europäische Parlament hat am 14. September 2022 seine Positionierung zur Novellierung der Erneuerbaren Energien Richtlinie (RED III) für die anstehenden Trilog-Verhandlungen festgelegt. Die EU-Abgeordneten stuften dabei das gesamte durch Entnahme gewonnene Waldholz, unabhängig von der Beschaffenheit der Sortimente wie auch Äste, Wurzeln und Stümpfe, als „Primäre Holzbiomasse“ ein. Ausnahme ist Waldholz, das zur Verhütung von Waldbränden in Gebieten mit hohem Brandrisiko, bei Straßenverkehrssicherheitsmaßnahmen und aus von Naturkatastrophen betroffenen oder unter anderem von aktiven Schädlingen befallenen Wäldern entnommen wird.
Deckel für Primäre Holzbiomasse soll weg
Der Vorschlag des Parlaments sieht vor, dass der Anteil der Energieerzeugung aus „Primärer Holzbiomasse“ auf dem Niveau von 2017 bis 2022 gedeckelt und bis 2030 weiter abgesenkt wird. Damit wäre der Einsatz von „Primärer Holzbiomasse“ in Holzenergieprojekten zukünftig auch nicht mehr förderfähig. „Diese Einstufung muss im Trilogverfahren verhindert und durch den Rat richtiggestellt werden“, erwartet Aiwanger.
„Primäre Holzbiomasse“ aus Waldholz hat Schätzungen zufolge mit rund 50 Prozent einen wesentlichen Anteil an der Energieerzeugung aus Holz in Bayern. Feste Biomasse, darunter insbesondere Holz, ist in Bayern nach Ministeriumsangaben aktuell der wichtigste erneuerbare Energieträger bei der Bereitstellung erneuerbarer Wärme. Im Jahr 2020 hatte Bioenergie in Bayern einen Anteil von mehr als 80 Prozent an der erneuerbaren Wärme und einen Anteil von rund 25 Prozent am erneuerbaren Strom. An der gesamten Wärmebereitstellung hat feste Biomasse einen Anteil von rund 17 Prozent. In Deutschland ergibt sich ein ähnliches Bild, so das Wirtschaftsministerium.
Aiwanger: Biomasse und Biogas von Abschöpfung ausnehmen
Völlig unverständlich sind für Bayerns Wirtschafts- und Energieminister die Planungen der Bundesregierung, Biomasse- und Biogasanlagen bei der Diskussion um die Strompreisbremse nicht von der Erlösobergrenze auszunehmen. Er fordert Habeck in einem Schreiben auf, diese Anlagen von der Gewinnabschöpfung auszunehmen. Laut Aiwanger versteht kein Mensch, warum die Bundesregierung hier nicht ihren Spielraum ausnutze und diese Anlagen, soweit EU-rechtlich möglich, von der Abschöpfung ausnehme.
Die „Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom 6. Oktober 2022 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise“ ist in Kraft. Mit dieser Verordnung sollen Erlöse über der Erlösobergrenze von 18 ct/kWh gekappt werden. Die EU-Verordnung sieht aber vor, dass Anlagen unter einem Megawatt ganz von der Erlösobergrenze ausgenommen werden können.
Deutlich höhere Zuschläge bei Abschöpfung nötig
Aiwanger verweist in diesem Zusammenhang auf die massiv angestiegenen Preise von Einsatzstoffen und die Kosten für die erhöhten Umweltanforderungen. Die Gestehungskosten liegen inzwischen 9 bis 10 ct/kWh höher als noch vor einem Jahr.
Zudem hält Aiwanger den bislang diskutierte „Anzulegenden Wert“ für Biomasse- und Biogasanlagenbetreiber viel zu gering ist, da er weder Boni noch Flexibilitätsprämie oder -zuschlag enthalte. Gerade diese Prämien sind aber Teil der Vergütung dieser Anlagen. Gemäß EU-Verordnung können jedoch Investitions- und Betriebskosten berücksichtigt werden.
"Ein Sicherheitsaufschlag von lediglich 3 ct/kWh würde den gestiegenen Kosten nicht ansatzweise gerecht werden. Hier wäre mindestens ein Aufschlag von rund 10 ct/kWh notwendig, um die gestiegenen Kosten aufzufangen“, fordert Aiwanger. Am vergangenen Freitag beim Energiebeirat sprach er noch von mindestens 6 Cent/kWh Gewinnzuschlag. Inzwischen forderte aber der Biogasfachverband höhere Zuschläge.
Bund scheint sich zu bewegen
Auch die Planungen, die Erlöskappung rückwirkend zum 1. September 2022 erfolgen zu lassen, sieht Aiwanger kritisch. Die EU-Verordnung gebe diese Rückwirkung nicht vor. "Mir erscheint es fraglich, ob dies rechtlich überhaupt zulässig wäre," so der Staatsminister. Auf jeden Fall hält er diese Rückwirkung aus Sicht des Bestands- und Vertrauensschutzes für falsch.
Aiwanger betont, dass die Bundesregierung den Biomasse- und Biogasanlagen nicht die Existenzgrundlage entziehen dürfe, sie seien auch in Zukunft unverzichtbar. Im Jahr 2021 wurde aus Bioenergie bereits mehr als 20 Prozent des erneuerbaren Stroms und mehr als 85 Prozent der erneuerbaren Wärmebereitstellung in Deutschland produziert.
Wie aus Berliner Kreisen zu hören ist, scheint sich Bundeswirtschaftsminister Habeck zu bewegen. So will sein Ministerium bei der Erlösobergrenze darauf achten, dass für Biogasbauern weiterhin ein Anreiz besteht, die mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes geschaffenen Möglichkeiten zu nutzen und ihre Stromproduktion zu erhöhen.