Der Deutsche Bundestag hat am Donnerstag (24.03.) seine Debatte über den Entwurf des Bundeshaushaltsplans für 2022 fortgesetzt. Für den Agrarhaushalt sind 7,1 Milliarden Euro vorgesehen. Im letzten Jahr waren es noch 7,68 Milliarden Euro.
Mit dem Entwurf des Agrarhaushalts wird sich nun der Haushaltsausschuss befassen, bevor der Bundestag in zweiter Lesung – voraussichtlich Mitte des Jahres – darüber beschließen kann. Wegen der Bundestagswahl im September wird erst jetzt über den Haushaltsplan entschieden.
Weniger Geld für landwirtschaftliche Sozialversicherung
Während die Mittel für die landwirtschaftliche Sozialversicherung im letzten Jahr noch bei 4,2 Mrd. Euro lagen, sollen sie in diesem Jahr 3,95 Mrd. Euro betragen. Das liegt vor allem an dem Minus von über 100 Mio. Euro die Alterssicherung der Landwirte und an 77 Mio. Euro weniger für die landwirtschaftliche Unfallversicherung.
Die SPD-Abgeordnete Esther Dilcher wies in der Debatte darauf hin, dass die Kürzung in der Unfallversicherung noch von Cem Özdemirs (Grüne) Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) angestoßen worden sei. Darüber wolle Dilcher noch im Ausschuss diskutieren. Dass der Gesamtetat auf 7,1 Mrd. Euro gesunken sei, begründete die SPD-Politikerin mit dem Wegfallen der zeitlich befristeten Konjunkturprogramme, die die Folgen der Corona-Pandemie abfedern sollten.
Josef Rief (CDU) kritisierte die geplanten Kürzungen bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Er führte an, dass für die landwirtschaftlichen Betriebe die Beiträge für die Unfallversicherung um 14 Prozentpunkte steigen würden, würde der Entwurf des Agraretats umgesetzt. Stattdessen gebe es für das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und seine Geschäftsbereiche „nie dagewesene“ Personal- beziehungsweise Verwaltungsausgaben.
GAK, Wald und Insektenschutz werden zu größeren Posten im Agraretat
Auf 1,3 Mrd. Euro steigen werden voraussichtlich die Ausgaben für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK). Das sind 173 Mio. Euro mehr als im Vorjahr. Wie die SPD-Abgeordnete Sylvia Lehmann betonte, ist die GAK das wichtigste nationale Gestaltungsinstrument, um die Gemeinsamen Agrarpolitik (GAK) umzusetzen.
„Wir halten am Transformationsprozess fest“, stellte Lehmann klar und begrüßte außerdem, dass für den Insektenschutz 150 Mio. Euro zur Verfügung stehen werden. 2021 waren es noch 85 Mio. Euro.
Als neuer Posten wurde die Honorierung der Ökosystemdienstleistungen des Waldes mit 200 Mio. Euro in den Entwurf eingeführt. Niklas Wagener von der Fraktion der Grünen wies darüber hinaus auf die regionale Wertschöpfung auf dem Holzmarkt hin, die die Ampelkoalition verfolge.
Der FDP-Politiker Karlheinz Busen erinnerte an die Notwendigkeit, klimarobuste und nicht heimische Baumarten zu etablieren. Zudem müssten mehr schnell wachsende Nadelhölzer angebaut werden. Dagegen wäre es fatal, die Holzimporte auszuweiten, sagte Busen.
Noch kein Umbau der Nutztierhaltung im Haushalt erkennbar
Eine dauerhafte Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung vermisste Steffen Bilger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. Die Mittel dafür müssten aus dem Bundeshaushalt kommen und über die 42 Mio. Euro für das Bundesprogramm Nutztierhaltung und die 2 Mio. Euro für das Tierwohllabel, für das im letzten Jahr noch 20 Mio. Euro zur Verfügung standen, hinausgehen, so Bilger.
Sebastian Schäfer (Grüne) erklärte, dass ein Ziel der Ampelkoalition der Abbau der Tierbestände sei. Dem widersprach Koalitionspartner Karlheinz Busen, der davon ausgeht, dass angesichts der enormen Düngemittelpreise mehr organischer Dünger denn je benötigt werde. Unionspolitiker Josef Rief bemängelte, dass die Regierung erst ab 2023 Tierwohlställe fördern wolle und für das Tierwohllabel im aktuellen Entwurf fast kein Geld mehr übrig bleibe.
Auch für die CDU-Abgeordnete Christina Stumpp ist der Umbau der Nutztierhaltung nicht ausreichend im Haushaltsplan berücksichtigt. Sie forderte eine schnellstmögliche Umsetzung des „5D“-Vorhabens sowie der Empfehlungen der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Laut Stumpp seien die Vorschläge der ZKL ausgezeichnet und zeigten, wie sinnvoll runde Tische seien.
Dass auch das Verbot der Anbindehaltung, das die Ampelkoalition umsetzen will, Geld kostet, machte der bayerische Abgeordnete Artur Auernhammer (CSU) deutlich. Noch stünden hier viel zu wenig Mittel bereit.
Minister Özdemir wies zu Beginn der Debatte auf die zugesicherte erste Milliarde als Anschubfinanzierung zum Umbau der Tierhaltung hin und betonte erneut, an die Ergebnisse der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) anknüpfen zu wollen.
Mehr Digitalisierung, weniger ländliche Entwicklung
Grundsätzlich auf Zustimmung gestoßen ist die mit 51 Mio. Euro veranschlagte Summe für die Digitalisierung in der Landwirtschaft. So begrüßte der AfD-Abgeordnete Peter Felser, dass auch ein Budget für Künstliche Intelligenz geplant ist.
Gegenüber 2021 ist für die Digitalisierung ein Plus von über 15 Mio. Euro vorgesehen. Das ist in etwa der Betrag, der für das Bundesprogramm ländliche Entwicklung weggefallen ist – anstatt 68 Mio. Euro sind für diesen Posten noch 52 Mio. Euro geplant. Die Kürzung bei der ländlichen Entwicklung empfand Ina Latendorf von den Linken als „blanken Hohn“.
Streit um Flächenstilllegung
Die Diskussion um eine Aufhebung der Flächenstilllegungen ab 2023 wurde in der Debatte zum Agrarhaushalt nicht ausgelassen. Özdemir will nach wie vor eine nachhaltigere Landwirtschaft mit der Ernährungssicherheit in Einklang bringen. „Ich ziehe es vor, auf die Zwischentöne zu hören“, sagte der Minister und begründete damit die Freigabe der ökologischen Vorrangflächen zum Anbau von Futtermitteln.
Neben der Union lehnte auch die AfD und teilweise auch die FDP die Flächenstilllegungen ab. Aus Sicht der drei Fraktionen müsse jetzt die Versorgung mit Lebensmitteln im Vordergrund stehen, die beispielsweise Artur Auernhammer schon im Koalitionsvertrag vermisst hat. „Da hat Euch der Koalitionsvertrag eingeholt“ sagte Auernhammer und drängte auf eine schnelle Entscheidung, damit die Landwirte ihre Anbauplanung für das nächste Jahr abschließen können.