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Zusammenarbeit

Agrar-Know-how für China, Hightech für Europa

Ulrich Graf
Ulrich Graf
am Mittwoch, 01.04.2020 - 11:28

China und Europa haben heute, am 1. April, eine intensive Kooperation für Industrie und Landwirtschaft vereinbart.

Brüssel - Die bei der EU-Kommission angesiedelte Arbeitsgruppe „Das Beste aus zwei Kontinenten“ hat sich mit China über den Ablauf eines Wissenstransfers geeinigt. Die Asiaten sind vor allem an praktischen Umsetzungen für die Landwirtschaft interessiert, die Europäer wollen wieder Anschluss an digitale Spitzentechnologie erhalten.

China

China will von Praktikern lernen

Der chinesische Delegationsführer Ho Dschi Min erklärte, er sei sehr stolz auf die Volksrepublik. Innerhalb kürzester Zeit hätte sie sich zu einer führenden Digitalnation aufgeschwungen. Es gebe aber auch noch Bereiche, wo sie von Partnern etwas hinzulernen können.

So genießen Fleisch und Milchprodukte aus der EU in China einen sehr guten Ruf. Dies schlage sich auch in den Handelsströmen nieder, nicht zuletzt verstärkt durch die in China grassierende Schweinepest. Er bewundere, so Ho Dschi Min, vor allem die hohe Effizienz und die Nachhaltigkeit der europäischen Agrarproduktion. Hierzu würde er gerne einige Fachleute aus Europa in China begrüßen. Wichtig sei ihm dabei Praxiswissen. Gut ausgebildete Theoretiker gebe es im eigenen Land genug.

EU will ran an Wissen über Spitzentechnologie

„Wir müssen anerkennen“, so sagte der EU-Verhandlungsführer Erik van de Lallen, „dass Asien in der Hochtechnologie nicht nur zu uns aufgeschlossen hat, sondern mittlerweile uns sogar überholt hat.“

Der deutsche Teilnehmer Horst Siebenschläfer präzisierte dies am Beispiel der Autoindustrie. Die Branche sei nach wie vor der weltweit führende Blechbieger, bei der Antriebstechnik habe man aber sehr viel Boden verloren. Seit der Dieselaffäre sei der Glanz von „Made in Germany“ stark verblasst. „Technologisch anspruchsvolle Komponenten bezieht die Branche zum Großteil mittlerweile in großem Umfang aus dem Ausland, vor allem Asien“, so Siebenschläfer. Dazu verwies er auf die für die Zukunft so wichtigen Batterien in Elektroautos und den chinesischen Giganten CATL in diesem Sektor.

Landwirtschaft öffnet Tür für Hightech-Know-how

Aus den aktuellen Herausforderungen leitet van der Lallen einen Zweistufenplan für die Zusammenarbeit mit China ab. „Erstens, wir müssen für Europa wichtige Bereiche wieder hier ansiedeln.“ So habe es sich in der aktuellen Situation als fatal erwiesen, dass die Pharma- und Gesundheitsindustrie wichtige Produktionsbereiche in den asiatischen Raum ausgelagert habe und es in der jetzigen Krise zu Versorgungsengpässen komme. „Zweitens, wir müssen bei der Hochtechnologie wieder in der ersten Reihe mitspielen. Dazu brauchen wir China“, so der EU-Verhandlungsführer.

Für Punkt eins gelte, dass die EU heute froh darüber sein könne, den bereits als Auslaufmodell gehandelten Nahrungsmittelsektor weiterhin in einer vitalen Form in Europa zu haben. Und die Branche könne jetzt sogar als Vehikel dienen, um an Spitzentechnologie heranzukommen. Hier verfüge die Volksrepublik über immense Ressourcen. Das beweise sich gegenwärtig im Handelsstreit mit den USA. So laufe die chinesische Smartphone-Produktion trotz dem teilweisen Ausschluss aus dem Google-Imperium stabil weiter, weil sie über immense Programmierkapazitäten für eigene Software verfüge. Das könnte beispielsweise den europäischen Autoherstellern helfen, den hohen Softwarerückstand gegenüber der USA zu schließen.

Bewerbungsportal soll folgen

Um dem chinesischen Wunsch nach praxiserfahrenen Fachleuten nachzukommen, will die EU in den nächsten Wochen ein Bewerbungsportal für europäische Fachkräfte aus dem Agrarbreich freischalten. Gesucht werden Leute, die bereit sind, im Bedarfsfall die Ärmel hochzukrempeln.

Von Vorteil ist eine langjährige Berufserfahrung und hohe Flexibilität, um sich in fremden Kulturkreisen zurechtzufinden. Bei gleicher Eignung wird der kleinere Bevorzugt. Hünen sind ausgeschlossen, um eine Kommunikation mit den zukünftigen Berufskollegen auf Augenhöhe zu gewährleisten.