
Die Kleinen vor unfairen Mitteln der Großen schützen – das soll die UTP-Richtlinie schaffen. Sie soll EU-weit einen einheitlichen Mindestschutzstandard zur Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken bieten – und zwar zwischen großen Nachfragern (Käufern) von Agrar-, Fischerei- und Lebensmittelerzeugnissen und umsatzmäßig kleineren Lieferanten.
Dadurch sollen laut EU Praktiken eingedämmt werden, „die mit hoher Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf den Lebensstandard der landwirtschaftlichen Bevölkerung haben“. „Das ist ein klares Bekenntnis der EU, dass man rechtsmissbräuchliche Praktiken bei marktbeherrschenden Käufern sieht“, sagte Carl von Butler. Der stellvertretende BBV-Generalsekretär und Rechtsexperte erklärte den Teilnehmern des Marktgespräches zu Obst und Gemüse einige Hintergründe: Um die UTP-Richtlinie auf nationaler Ebene umzusetzen, wurde das Agrarmarktstrukturgesetz erweitert. Außerdem wurde es umbenannt in „Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich“, kurz „Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz“ (AgrarOLkG). Es gilt seit Juni diesen Jahres. Der Anwendungsbereich des Gesetzes hängt vom Verhältnis der Umsätze von Käufer und Lieferant ab. Dazu gibt es eine genau gestaffelte Auflistung.
Realtiv verbotene Praktiken
Neben absolut verbotenen Praktiken zählt das Gesetz auch sogenannte „relativ verbotene“ Praktiken auf – sie sind also nur unzulässig, wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart wurden. Wie sich durch die Beiträge der Teilnehmer zeigte, ist für die Praxis der bayerischen Obst- und Gemüseerzeuger eine der wichtigsten Vorgaben, dass der Käufer dem Lieferanten den vereinbarten Preis innerhalb fester Fristen zahlen muss. Es gelten folgende Fristen:
- für verderbliche Agrar-, Fischerei- oder Lebensmittelerzeugnisse innerhalb von 30 Tagen nach der Lieferung,
- für andere Agrar-, Fischerei- oder Lebensmittelerzeugnisse innerhalb von 60 Tagen nach der Lieferung.
Übergangsfrist von zwölf Monaten
Bestehende Vertragsverhältnisse sind mit dem Inkrafttreten des Gesetzes aber nicht automatisch rechtswidrig, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen. Es gilt eine Übergangsfrist von zwölf Monaten nach Inkrafttreten – in dieser Zeit können Verträge an das Gesetz angepasst werden. Nur wenn diese Anpassung unterbleibt, kann die BLE einschreiten, wie von Butler weiter ausführte.
Geburtsfehler der natioanalen Umsetzung
Doch auch wenn er die UTP-Richtlinie als klares Bekenntnis der EU lobte, gibt es einen großen Makel. Genauer gesagt liegt der Makel bei der nationalen Umsetzung der UTP-Richtlinie – sie bezieht sich nämlich nur auf Fälle, bei denen die beteiligten Organisationen einen Sitz in Deutschland haben. „Das ist ein Geburtsfehler der nationalen Umsetzung. Den Sitz der Organisationen hätte man wenigstens auf das Gebiet der Europäischen Union festlegen müssen“, sagte von Butler. Ihm falle aber auch kein Grund ein, warum der Sitz eines Käufers – egal wo auf der Welt – die Verfolgung eines Verstoßes dieser gesetzlichen Vorgaben in Deutschland unmöglich machen sollte. „Dass Handelsunternehmen, die den Sitz ihrer Einkaufsstelle in Salzburg haben, nicht diesem Gesetz unterfallen, ist mit nichts zu begreifen“, verdeutlichte er.