Das grüne Logo „ohne Gentechnik“ auf vielen Milch- und Fleischprodukten könnte bald Seltenheitswert in deutschen Lebensmittelregalen haben. Davon geht der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) aus.
„Der Krieg gegen die Ukraine verändert die globale Rohstoffverfügbarkeit dramatisch. Raps- und Sojafuttermittel aus Russland und der Ukraine, die bei uns in die Lebensmittelproduktion „ohne Gentechnik“ fließen, werden für längere Zeit nicht mehr zur Verfügung stehen,“ stellt Dr. Henning Ehlers, DRV-Hauptgeschäftsführer fest.
Lagerware geht zu Ende
So sei nur noch die Ware greifbar, die in den Lägern liege. Aus anderen Ländern wie Brasilien kann laut Ehlers nur begrenzt Ware beschafft werden, so Ehlers. Dies treibt die Futterpreise für Geflügel- und Milchviehhalter ebenso wie für Landwirte mit Bioerzeugung in die Höhe.
Dazu kommen explodierende Energie- und Betriebskosten für Landwirte, Futterproduzenten und Lebensmittelwirtschaft. Aufgrund der weggebrochenen Rohstoffbasis müssen Landwirte und Futterwirtschaft, auf alternative Futterkomponenten zurückzugreifen.
Verzicht auf Eiweißfutter nicht möglich
Deshalb werden in Kürze viele Landwirte und Unternehmen der Verarbeitung aus der ohne-Gentechnik-Produktion aussteigen müssen, erwartet Ehlers. Der vollständige Verzicht auf eiweißreiche Futterkomponenten sei indes keine Alternative. In der Konsequenz wäre die Versorgungssicherheit der Bevölkerung gefährdet.
Die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft muss sich auf die Rohstoffengpässe einstellen. „Gegenwärtig müssen rationale Entscheidungen getroffen werden, die uns durch diese Zeit bringen und die Versorgung mit Lebensmitteln sicherstellen“, meint der DRV-Geschäftsführer. Er setzt auf Verständnis bei Lebensmittelhandel und Verbrauchern.
VLOG sieht kurzfristig keinen Engpass
Nach Einschätzung von Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel Ohne Gentechnik (VLOG) geraten in der aktuellen Debatte Unsicherheiten, Erwartungen und die tatsächliche derzeitige Lage teilweise durcheinander. "Unseren umfangreichen Recherchen nach ist Proteinfutter wie Raps- und Sojaschrot nach wie vor und auch in den nächsten Wochen ausreichend verfügbar," so Hissting.
Es gebe allerdings einen deutlichen Preissprung, der ein großes Problem für die Betriebe darstelle. Die Landwirte und Landwirtinnen dürfen nicht auf den Mehrkosten sitzenbleiben, fordert Hissting. Hier setzt der Verband Solidarität entlang der Wertschöpfungskette, die Kosten müssen weitergegeben werden.
Die mittelfristige Verfügbarkeit in den kommenden Monaten sei noch nicht abschätzbar. "Im Gespräch mit Akteuren aus der gesamten Branche treffen wir Vorsorge für alle denkbaren Szenarien und bereiten auch Lösungen dafür vor, falls künftig in Einzelfällen vorübergehend tatsächlich keine gentechnikfreien Futtermittel verfügbar sein sollten", räumt der VLOG-Geschäftsführer ein.