Für das Startup-Unternehmen FarmInsect war es ein wichtiger Meilenstein in der noch jungen Firmengeschichte: die Inbetriebnahme seiner Pilot- und Demonstrationsanlage zur Larvenmast im niederbayerischen Krugsöd im Süden des Landkreises Landshut im September 2020.
Das Startup wurde Anfang 2019 gegründet, mit der Idee, Landwirten vor Ort ein System zur Mast von Insektenlarven an die Hand zu geben, um auf diese Weise in einer Kreislaufwirtschaft mit organischen Reststoffen z.B. aus der Lebensmittelerzeugung, Larven der Soldatenfliege zu mästen.
Ersatz für Soja und Fischmehl

Die Larven können hochwertiges Eiweiß zur Fütterung von Fischen, Geflügel oder auch Schweinen aus heimischer Produktion bereitstellen. Auf problematische Eiweißträger wie Soja oder Fischmehl könne dann verzichtet werden und die Wertschöpfung bleibt beim Landwirt vor Ort, so der Grundgedanke. Auch ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der CO2-Bilanz ist möglich.
Die Demo-Anlage steht auf einem ehemaligen Ochsenmastbetrieb, der vom neuen Besitzer einmal zu einer Indoor-Aqua-Fischzucht umgebaut werden soll. Einmal pro Woche – immer donnerstags – können sich Interessenten jetzt live vor Ort über die Funktionsweise der Anlage und die Möglichkeiten, die sich mit der Insektenmast ergeben, informieren. Einmal in der Woche genau deshalb, weil dann der Zyklus der Mast beendet ist. Sieben Tage brauchen die zu Beginn winzigen Larven, die von Farm- Insect den Landwirten bereitgestellt werden, um dann unter optimierten und genau gesteuerten Bedingungen in den Klimakammern, das 250-fache ihres Ausganggewichtes zuzulegen. Die Larven können dann entweder lebend verfüttert werden oder durch Einfrieren schonend getötet und dann z. B. mit Abluft aus der Biogasanlage getrocknet werden.

Ganz neue Möglichkeiten ergeben sich seit September 2021, denn seitdem sind die Larven nicht nur im Fischfutter, sondern auch im Schweine- und Geflügelfutter als verarbeitetes tierisches Protein zugelassen. „Auch Weiterverarbeiter interessieren sich zunehmend für das hochwertige Insektenprotein aus heimischer Produktion. Sogar Hersteller von Hundefutter sind bereits an uns herangetreten“, berichtet Geschäftsführer Wolfgang Westermeier.
Die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) geht davon aus, dass bis 2025 bis zu 10 % des weltweiten Fischmehls durch Insekten ersetzt wird. Dies würde einem Marktpotenzial von über 8 Mrd. € entsprechen. Die Insekten Organisation der EU (IPIFF) geht davon aus, dass innerhalb der EU ein Umsatz mit Insekten von über 1,2 Mrd. € pro Jahr bis 2025 erreicht wird. Aktuell liegt der Umsatz in der EU im einstelligen Millionenbereich, informiert FarmInsect auf seiner Homepage. Fachleute der Rabobank sehen einen Bedarf an Insektenprotein von rund 500 000 t im Jahr 2030 mit Schwerpunkt in der Aquakultur.
Besonders interessant für Biolandwirte

Bei steigender Nachfrage ergeben sich für Landwirte Möglichkeiten. Sie können den Betriebszweig als zweites oder alleiniges Standbein aufbauen, die Insekten für den Eigenbedarf mästen oder eben an andere Landwirte oder Weiterverarbeiter wie Futtermittelhersteller verkaufen. „Für unsere Kunden können wir solche Anfragen gerne vermitteln“, betont der Firmenteilhaber.
Besonders interessant dürfte das Insektenprotein auch für Biolandwirte sein, denn Biofischmehl gibt es nicht und Biosoja ist enorm teuer. In der neuen EU-Bioverordnung sind auch Insekten als Nutztiere enthalten, und sie müssen zu 20 % mit hofeigenen Futtermitteln gefüttert werden. Ein riesiger Vorteil für die regionale Erzeugung, denn wenn die Verordnung so umgesetzt wird, ist die hofeigene Haltung von Insekten die einzige Haltungsform, die den Bio-Richtlinien entspricht.
Mit was werden die Maden gefüttert?
In der Demonstrationsanlage bekommen die Larven Reste aus der Mehlherstellung wie Weizenkleie oder Schälreste, etwas Mineralfutter sowie etwas Säure. Mit Wasser wird daraus in einem Mischtopf ein homogener Brei angerührt, der einen Trockensubstanzgehalt von 25 % und einen entsprechenden pH-Wert haben muss.
Man kann aber auch mit anderen organischen Reststoffen arbeiten. Beispielsweise Altbrot, Schlempe, Kartoffelpülpe, Biertreber oder Gemüsereste. „Ein ausgeglichener Nährstoffrahmen sollte aber eingehalten werden, um den Larven ein gutes Wachstum zu ermöglichen und sie in den sieben Tagen zum optimalen Gewicht zu bringen. Interessierte Landwirte bringen Ideen mit, auf die wir im Traum nicht gekommen wären. Und ja, statt mit Wasser kann man das Substrat auch mit Spätzlewasser oder Salatsoßenresten herstellen“, fasst Westermeier das Thema etwas schmunzelnd zusammen.
Erste Praxisanlage kurz vor Inbetriebnahme

Demnächst geht die erste Praxisanlage bei einer Fischzucht in Betrieb. Mit einer siebenstelligen Finanzierungsrunde, die von BayStartUp mit auf den Weg gebracht wurde und die angeführt wird von High-Tech Gründerfonds und Bayern Kapital sowie von weiteren namhaften Investoren unterstützt wird, ist der weitere Ausbau des Startups gesichert.
Bis Ende 2022 sollen zehn weitere Anlagen verkauft werden, einige Projekte dazu laufen bereits. Weitere Mitarbeiter wurden bereits eingestellt. Außerdem errichtet FarmInsect derzeit in einer ehemaligen Schweinemastanlage einen Produktionsstandort bzw. Reproduktionsbetrieb für die Insektenlarven sowie ein Forschungszentrum für die Insektenzucht. Die hier errichtete Kapazität soll bis zu 100 regionale Mastanlagen mit Larven versorgen können, was einem Output von mindestens 15 000 t lebenden Larven entspricht.