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Kartoffelmarkt

Nachfrage nach Veredlungskartoffeln wieder gut

Kartoffelmarkt_B
Helga Gebendorfer
am Donnerstag, 09.09.2021 - 10:12

Neue Pommes-Saison beginnt: Die Nachfrage nach Veredlungskartoffeln hat sich verbessert, weil der Lockdown vorbei ist.

Vor der bevorstehenden Kartoffelernte trifft sich traditionell die Kartoffelbranche beim Kartoffelfeldtag auf dem Betrieb von Andreas Heiß in Dötting im Landkreis Eichstätt und erwartet gespannt die erste Markteinschätzung von Experten.

Heuer übernahm Josef Färber vom Kartoffel-Centrum Bayern (KCB) diese Aufgabe. Mit dem Ende des Lockdowns konnte nach seiner Auskunft die Nachfrage aufgrund fehlender Logistik kaum bedient werden. „Wir spüren die Nachholeffekte deutlich“, stellte er fest und sprach von einem regelrechten Sog. Die Leute wollen wieder konsumieren, was sich sehr positiv auswirkt.

Und auch der Export läuft sehr gut. Die Folge: Enorme Produktionssteigerungen in den vergangenen Wochen. Alle Fabriken in Europa produzieren auf maximaler Kapazität. „Der vorhandene Kartoffelvorrat ist nahezu aufgebraucht und wir bringen die Pommes fast nicht her, die wir brauchen“, informierte Färber und freute sich – vor allem mit Blick auf die Zeit des monatelangen Lockdowns – über die aktuell sehr gute Nachfrage.

Weniger Anbaufläche

Beim Blick auf die Anbaufläche 2021 in den wichtigsten europäischen Kartoffelländern machte Färber einen deutlichen Rückgang aus: Belgien –8,5 %, Niederlande –6,5 %, Deutschland –3,5 % und Frankreich –3,0 %. „Das ist schon eine Hausnummer“, kommentierte der Fachmann. Zudem verwies er auf die enorm hohe Pommes-Verarbeitung am Beispiel Niederlande. Hier wurden dieses Jahr im Juli rund 301 000 t produziert. Im Vergleich dazu: das 5-Jahres-Mittel liegt bei etwa 283 000 t und nur 2014 und 2018 kamen ca. 305 000 t zusammen.

Das erwartet die KCB

Grundlage für die diesjährige Ernteeinschätzung stellen die Proberodungen an 18 verschiedenen Standorten dar. Hier sind durch das kalte Frühjahr immer noch deutliche Verzögerung in der Ertragsbildung spürbar. „Die Kartoffeln stehen sehr gut da, aber derzeit stellen wir ein Ertragsminimum fest“, so Färber, der darauf hinwies, dass letztes Jahr ab Anfang August keine Ertragszuwächse mehr auszumachen waren.
Heuer ist dagegen noch Potenzial da: „Aktuell beträgt der Zuwachs pro Woche 5 bis 7 t/ha“, erklärte er und wies darauf hin, dass die Erträge in Mitteleuropa immer noch unter dem 5-Jahresmittel liegen.
Phytophtora ist dieses Jahr überall zu finden, trotzdem konnte sie im konventionellem Anbau in Schach gehalten werden. Dagegen wirkte sie sich im Bio-Kartoffelanbau oft als Katastrophe aus. „Die Erfahrung zeigt, dass Phytophtora-Jahre gute Ertragsjahre sind“, bemerkte der KCB-Mann und ergänzte, dass aufgrund von Senken, Hochwasser und weiteren Naturereignissen von einem Verlust von rund 2 % der deutschen Kartoffel-Anbaufläche auszugehen ist. „Das ist jedes Jahr der Fall und fällt nicht ins Gewicht“, fügte er hinzu.
„Die Stimmung ist gut, es läuft in die richtige Richtung“, bewertete Josef Färber die augenblickliche Situation. Demnach liegt die Notierung für Veredlungskartoffeln für April 2022 bei 18 €/dt, was ein „vernünftiger“ Preis ist. Wird es also ein gutes Jahr? Auf die Kartoffelbauern kommen erst noch große Herausforderungen zu. So müssen die Kartoffeln als nächstes gerodet werden – keine leichte Aufgabe angesichts der womöglich wechselhaften Witterung. So müssen die Anbauer eine gewisse Rodeleistung vorhalten, um die Kartoffeln gut bergen zu können.
Anschließend stellt sich die Frage, wie lagerfähig die Ware in diesem Jahr sein wird und was die Qualität (Rhizoctonia, Hohlherzigkeit) macht. Unsicher ist ebenso, ob die angestrebte längere Vegetationsdauer doch noch Rekorderträge bringt und ob noch weitere Corona-Wellen bzw. nicht mehr geplante Lockdowns entstehen.

Preisentwicklung

Aufgrund von Qualitätsproblemen sah Färber während der Erntezeit wenig Spielraum für hohe Preise im Veredlungsbereich. „Der Preis wird nicht niedriger als im Vertrag sein, aber auch nur minimal höher. „Zur Ernte gibt es auf keinen Fall 15 Euro“, bekräftigte er. Dafür erwartete er für lagerfähige und trockene Ware Preise deutlich über dem Vertragsniveau. „Kartoffeln aus dem Lager in guter Qualität werden mindestens das Geld erzielen wie momentan auf dem Terminmarkt“, prophezeite er mit Blick auf die Trockenheit und Hitze in den traditionellen Exportmärkten in Süd- und Südosteuropa.
Positiv fiel auch Färbers Ausblick auf die Ernte 2022 aus. „Die Nachfrage nach Pommes-Kartoffeln wird weiter steigen“, meinte er und verwies auf die deutliche Ausweitung der mitteleuropäischen Pommes-Produktion, z. B. bei Aviko, LWM. Auch für Rain am Lech werden rund 15 000 t Kartoffeln zusätzlich benötigt.
Parallel dazu investiert das Unternehmen am Standort in Geiselhöring in eine weitere Abpacklinie. „Ich erwarte für den Vertragsanbau 2022 einen deutlichen Preisanstieg“, betonte der KCB-Vertreter. Denn die europäische Verarbeitungsindustrie werde Verträge anbieten, die den vorherrschenden Preisen bei den Agrarprodukten gerecht werden. „Die Kartoffel ist und bleibt die Königin der Feldfrüchte“, erklärte er.