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Messe RegioAgrar

Wie kommt man ins Regal des LEH?

Hans Dreier
Hans Dreier
am Montag, 17.02.2020 - 11:08

Direktvermarkter informieren sich zu Chancen und Hürden der Vermarktung über den Lebensmitteleinzelhandel.

Supermarkt

Bei Landwirten, die in die Direktvermarktung einsteigen wollen, liegt der Hof nicht immer verkehrsgünstig und gut erreichbar für die Kunden. Für den Absatz der Produkte sollte hier auch der Verkauf an regionale Supermärkte und Discounter ins Auge gefasst werden. Beim Direktvermarktertag auf der Fachmesse RegioAgrar, der vom BBV-Fachbereich Agrardienste organsisiert wurde, gab die selbstständige Marketing-Beraterin Heike Zeller Tipps, worauf dabei zu achten ist.

Wie die Fachfrau ausführte, wird es für kleine Lebensmittelgeschäfte immer schwieriger, sich gegen die großen Ketten zu behaupten, die Umsätze sinken von Jahr zu Jahr. Dagegen kaufen die Verbraucher immer mehr bei den Discountern ein, die in den letzten zehn Jahren ihren Umsatz von 60 auf 74 Mrd. € steigern konnten. Die vier großen Konzerne des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) stehen in einem mörderischen Wettbewerb um Marktanteile und bauen immer neue Märkte. Folge: Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner wie in Deutschland.   

Dem Filialleiter ein Angebot machen

Das Geschäftsmodell der großen Ketten ist der weltweite Einkauf zu Niedrigpreisen, die Bereithaltung der Ware in Zentrallagern, aus denen dann die Filialen beliefert werden. Weil die Ketten mehr oder weniger nach dem gleichen Modell arbeiten, ist jedoch eine gewisse Austauchbarkeit eingetreten. Als Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzuheben, haben viele LEH-Filialen inzwischen das Thema Regionalität entdeckt. Obwohl die Idee der Regionalität dem LEH-Konzept völlig widerspricht, wollen immer mehr Filialen die Regionalität für sich nutzen.

Deshalb ist gerade jetzt die Zeit für Direktvermarkter günstig, mit ihren Produkten in die Regale des LEH zu kommen, findet Heike Zeller. Mangels Masse kommt für die Belieferung jedoch nicht der übliche Weg über das Zentrallager in Frage. Die Filialen können jedoch in geringem Umfang von der Zentralbelieferung ausscheren und sich von lokalen Lieferanten direkt beliefern lassen. Genau hier kann der Direktvermarkter ansetzen, rät Zeller: „Gehen Sie auf den Filialleiter zu und machen Sie ihm ein Angebot."

Chancen und Hürden

Die Direktbelieferung einer Filiale ist von unschätzbarem Vorteil, weil man hier sowohl über das dortige Personal als auch über die Kunden Rückmeldungen zu seinen Produkten bekommt. Der Direktvermarkter kann so schnell und unkompliziert Probleme beheben und Verbesserungen umsetzen. Optimal sind für den Direktvermarkter Supermärkte mit einer Bedientheke. Weil der Erfolg hier entscheidend vom Verkaufspersonal hinter der Theke abhängt, ist ein guter Kontakt zu den Verkäuferinnen besonders wichtig.

Um in die Regale des LEH zu kommen, muss der Direktvermarkter freilich zahlreiche weitere Hürden überwinden: man benötigt zahlreiche Versicherungen, eine Global Location Number (Strichcode), Zertifikate von Qualitätssicherungssystemen, Datenblätter und Werbematerial. Normalerweise werden auch Listungs- und Platzierungsgebühren fällig, doch hier gibt es Ausnahmen für kleine Lieferanten.   

Kartoffelboutique auf dem eigenen Hof

Kartoffel

Für Katja Ölberger ist die Belieferung des LEH derzeit allerdings noch kein Thema, denn sie ist mit ihrem eigenen Hofladen äußerst erfolgreich. Die Nebenerwerbsbäuerin betreibt in Senden bei Neu-Ulm die „Kartoffelboutique“, in der sie unter dem Motto „Gutes aus gutem Grund“ die selbst erzeugten Knollen direkt an den Verbraucher verkauft. Sie stand 2006 wie so viele Betriebe vor der Entscheidung: Aufhören oder weitermachen? Die Familie entschied sich jedoch für den dritten Weg und wagte den Schritt, etwas Neues anzufangen.

Da der Hof seit jeher auf den Anbau von Kartoffeln spezialisiert war, entschied man sich, zwar bei den Knollen, über die man sich im Lauf der Jahre viel Wissen angeeignet hatte, zu bleiben. Die Vermarktung sollte jedoch auf neue Beine gestellt werden. Direkt vermarktet wurde ein Teil schon früher, allerdings in Form der Direktlieferung direkt ins Haus des Kunden.

Doch die Lieferung an die Haustür erwies sich als immer schwieriger. Zum einen, weil immer mehr Frauen außer Haus berufstätig und deshalb tagsüber nicht mehr anzutreffen sind. Zum anderen, weil in den Wohnungen keine geeigneten Lagermöglichkeiten mehr vorhanden sind. Jetzt kommen die Kunden in den Hofladen und können zu den für Sie passenden Zeiten bedarfsgerecht einkaufen.

Neukunden mit Frühstück und Wintergrillen gewinnen

Die Grundlage für die Kartoffeldirektvermarktung ist ein modernes Lager, in dem die Knollen sauber und gesund erhalten werden können. Die Umstellung auf die Kistenlagerung war ein großer Fortschritt, wir haben damit eine hervorragende Übersicht und sind bei der Auslagerung flexibel. Angebaut werden zehn verschiedene Sorten, um verschiedenste Kundenwünsche erfüllten zu können.

Damit genügend Kunden den Weg zum Hof auf sich nehmen, ist ein intensives Marketing notwendig, erläutere Katja Ölberger. Sie besucht deshalb jedes Jahr drei bis fünf Bauernmärkte, auf denen man sich präsentieren kann. Dort erhalten Kunden auch eine Tasche mit dem Logo der „Kartoffelboutique“. Um Neukunden zu gewinnen, hat sie heuer bereits ein Bauernfrühstück sowie ein Wintergrillen auf dem Hof veranstaltet.

Um die Bekanntheit zu erhöhen, ist die „Kartoffelboutique“ auch im Internet vertreten. Katja Ölberger nutzt hier die Verbraucher-Plattformen „regionales-bayern.de“ und „einkaufen-auf-dem-bauernhof.com“. Denn klar sei: „Nur wer gesucht werden will, wird auch gefunden“.