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Milchmarkt

Hohe Milchpreise – Bauern und Molkereien kämpfen mit Kosten

Molkerei
Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Mittwoch, 25.01.2023 - 13:08

Die Milchpreise sind hoch wie noch nie. Auch die Verbraucherpreise sind auf Rekordstand. Gleichzeitig verteuerte sich die Produktion drastisch – für Landwirte und Molkereien. Manche Molkereien schrieben sogar rote Zahlen, sagt der Milchindustrieverband. Und es gibt noch ein Problem: die ausufernde Bürokratie.

„Wir blicken auf einen sehr volatilen Milchmarkt im Jahr 2022 zurück. Verbraucherpreise und Rohmilchpreise für die Erzeuger erreichten Rekordniveau. Der Ukrainekrieg und die Corona-Pandemie beeinflussten dabei in den letzten zwei Jahren mittelbar den Milchmarkt. Aufgrund hoher Preise griffen die Verbraucher aber zuletzt seltener zu Milchprodukten, sagte der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes Peter Stahl am Rande der Grünen Woche.

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Rund 53.000 Milcherzeuger in Deutschland haben die Molkereien im vergangenen Jahr zuverlässig mit Rohmilch versorgt, fast 32 Mio. Tonnen wurden verarbeitet. Damit wurde das Niveau des Vorjahres knapp erreicht. Dabei ging die Milchanlieferung Anfang 2022 zunächst spürbar zurück. Immer mehr Auflagen und hohe Kosten machten den Milcherzeugern das Leben schwer.

Dazu kamen regional fehlender Niederschlag und somit eine schlechte Futtersituation. Hohe Milchpreise haben allerdings ab Herbst die Produktion wieder steigen lassen, so dass zuletzt in Europa und weltweit genug Rohmilch zur Verfügung stand. Für das abgelaufene Kalenderjahr 2022 rechnet die ZMB Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH mit einem vorläufigen Milchpreis von 53 Cent/kg Rohmilch (4,0 Prozent Fett, 3,4 Prozent Eiweiß).

Inklusive geschätzter Nachzahlungen wird der Milchpreis daher rund 46 Prozent über dem Jahr 2021 liegen. Das vergangene Jahr endete mit Milchgeldzahlungen, die vielfach bei über 60 Cent/kg Rohmilch lagen. Dabei ist zu beachten, dass durch die Preissteigerungen bei Produktionsfaktoren wie Energie und Futtermitteln auch enorme Kostensteigerungen bei den Milcherzeugern zu verzeichnen sind.

Der Kieler Rohstoffwert als Indikator für die Marktentwicklung sank hingegen im Dezember auf knapp 48 Cent/kg, weitere Preisanstiege beim Erzeugerpreis zeichnen sich daher nicht ab.

Veränderte Verbraucher-Nachfrage und explodierende Kosten

Der Umsatz der deutschen Milchindustrie lag im vergangenen Jahr bei geschätzten 35 Mrd. Euro. Allerdings haben sich die Absatzverhältnisse und die damit zusammenhängenden Aussichten deutlich verändert. Rund 50 Prozent der Milch werden in Deutschland zu Käse verarbeitet. Die Preise für Käse sind auch hier zuletzt stark angestiegen.

Die Nachfrage bei den inflationsbedingt sehr preissensiblen Verbrauchern ging entsprechend zurück. Am Beispiel des Biomarktes lässt sich das Konsumentenverhalten gut ablesen: Deutsche Verbraucher verzichten zunehmend auf Bioqualität und Mehrwertprodukte selbst bei Handelsmarken, während Politiker in Berlin und Brüssel einen Biomarkt-Anteil von 30 Prozent anpeilen. Verunsicherung und Verteuerung in allen Lebensbereichen sind Gründe dafür. Die Preise für Lebensmittel sind in den vergangenen Monaten für einige Produkte und je nach Vertragszeitraum entsprechend den Marktgegebenheiten gestiegen.

Überdurchschnittlich erhöht haben sich aber auch die Kosten für die Herstellung und Verarbeitung von Milch und Milchprodukten – unabhängig davon, ob ein Unternehmen höhere Preise für sein Produkt erzielen konnte. Die Erlöse konnten die hohen Kosten häufig kaum decken. Viele Molkereien haben daher trotz des insgesamt hohen Preisniveaus rote Zahlen geschrieben, sagt der MIV.

Probleme beim Export

Die im internationalen Vergleich überproportional hohen Produktions- und Energiekosten sowie der schwache Euro hemmen die heimischen Molkereien im weltweiten Wettbewerb. Kunden im In- und Ausland fragen weniger nach, die Konsumenten halten sich zurück.

Neue Einbrüche im Export sind denkbar. Zentral hierbei sind die Marktentwicklungen in China, dem größten Milcherzeugnis-Importeur der Welt. Die dort zuletzt verhaltene Nachfrage könnte eine mögliche Folge der Pandemiebekämpfung in China sein. Zuletzt haben die Weltmarktpreise deutlich nachgegeben.

Die Milchpreisentwicklung für das Jahr 2023 wird dem Markt – und damit Angebot und Nachfrage – folgen, sagt der MIV. Der Milchpreis befindet sich aktuell auf einem historisch hohen Niveau, wird in Summe aber nicht das Ergebnis vom Vorjahr erreichen.