Anfang Dezember haben sich EU-Parlament, Rat und Kommission auf Vorschriften zum weltweiten Schutz der Wälder vor Abholzung verständigt. Die „Entwaldungsverordnung“, auch Waldschutzgesetz genannt, verbietet unter anderem den Import von Soja- und Palmölerzeugnissen, wenn die Anbauflächen für die Produkte nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurden. Weil die EU-Verordnung einen exakten geographischen Herkunftsnachweis verlangt, werden bisher gängige Modelle der Massenbilanzierung und des Zertifikatehandels für Soja und Palm nicht mehr genügen, um die zertifizierte Nachhaltigkeit der Ware zu belegen. Stattdessen müssen die Massenschüttgüter aufwendig getrennt geerntet, gelagert und transportiert werden. Das wird die Kosten für den Import dieser Futterrohstoffe zwangsläufig erhöhen.
Aktuell ist zertifizierte Ware ein Drittel teurer
Zurzeit beträgt der Preisaufschlag für nachhaltig zertifizierte Soja bei segregierter Ware nach Angaben von Dr. Hermann-Josef Baaken rund ein Drittel. Wie sich die Preisdifferenz künftig entwickeln wird, dazu wollte der Sprecher der Geschäftsführung des Deutschen Verbands Tiernahrung (DVT) bei einem Pressegespräch mit Agrarjournalisten am Mittwoch (14.12.) keine Vorhersage wagen. „Aber es wird natürlich teurer“, wenn die EU-Verordnung eine Nämlichkeit der Ware vorschreibe, sagte Baaken.
Diese Faktoren könnten den Preisanstieg dämpfen
Zwei Faktoren könnten den Preisanstieg allerdings dämpfen. Wenn alle EU-Mitgliedstaaten künftig einheitlich nachhaltige Ware kaufen, wird dies der neue Standard werden. Eine aufwendige Trennung in Partien mit unterschiedlichem Nachhaltigkeitsstatus wird zumindest für EU-Destinationen wegfallen. Die Exportländer werden „konventionelle“ Soja- oder Palmprodukte nicht mehr auf den Binnenmarkt liefern können. Der zweite preisdämpfende Effekt wird nach Einschätzung von Baaken davon ausgehen, dass die EU-Agrarpolitik den Anbau von Eiweißfutter tendenziell attraktiver werden lässt.
Strukturwandel unter den Futtermühlen wird angeheizt
Die exakte Preiswirkung der EU-Entwaldungsverordnung für den europäischen Mischfuttermarkt sei daher nicht einzuschätzen, sagt der DVT-Geschäftsführer. Klar ist aus seiner Sicht allerdings, dass die zusätzlichen Anforderungen an die Lieferkette für große Importeure und Futterhersteller leichter zu erfüllen sein werden als für kleine Futtermühlen. Er rechnet daher mit einer Beschleunigung des Strukturwandels in der Branche.
Landwirte in Deutschland kaufen wesentlich weniger Mischfutter
Dabei bewegt sich die Mischfutterindustrie ohnehin in einem schwierigen Umfeld. Der Rückgang der Tierhaltung in Deutschland wirkt sich in einem deutlich rückläufigen Absatz an Futtermitteln aus. Insgesamt rechnet der DVT für das laufende Jahr mit einem Minus von 4 bis 6 Prozent oder rund 1 Mio. t Mischfutter gegenüber dem Vorjahr. Zwei Drittel dieser Einbußen entfallen auf den Bereich der Mischfutterproduktion für Schweine. „Wir sehen viele leere Ställe, aber auch Verunsicherung der Landwirte“, berichtete Baaken. Die Landwirte erwarteten politische Entscheidungen, die für klare Perspektiven sorgen.
Futterversorgung durch Ukraine-Krieg gesichert
Weil diese Entscheidungen auf sich warten lassen, sind die Aussichten für das kommende Jahr nicht besser. „Der Absatz von Mischfutter wird sich auch 2023 nicht positiv entwickeln“, sagt Baaken voraus. Bestenfalls sei mit einer Stagnation zu rechnen. Positiv bewertet der DVT-Geschäftsführer, dass es der Mischfutterindustrie gelungen sei, trotz der Herausforderungen in der Rohstoffverfügbarkeit durch den Ukraine-Krieg stets eine sichere Versorgung der Tierhalter mit Futter zu gewährleisten.