Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Jahrespressekonferenz

Dünger und Pflanzenschutz: Markt im Krisenmodus

Thumbnail
Redaktion Wochenblatt
am Dienstag, 10.05.2022 - 16:00

Industrieverband Agrar: Weitere bedeutende Einsparungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldünger möglich.

Düngen

Wird Mineraldünger in den nächsten Monaten in Deutschland verfügbar sein? Und wenn ja, zu welchen Preisen? Beides ist derzeit kaum vorhersehbar. Darauf hat der Industrieverband Agrar (IVA) heute (10.5.) auf seiner Jahrespressekonferenz in Frankfurt aufmerksam gemacht. Der russische Angriff auf die Ukraine habe die Agrarmärkte geschockt, sagte IVA-Präsident Michael Wagner.

Die Landwirtschaft müsse sich einer fast schon überwunden geglaubten Herausforderung stellen, dem Kampf gegen den Hunger. Wagner forderte darum eine grundlegende Transformation der Landwirtschaft. Produktivität und Ökologie müssten jetzt beide intensiv betrieben werden.

Beispiellose Preisrally für Stickstoffdünger

Der Vorsitzende des IVA-Fachbereichs Pflanzenernährung, Marco Fleischmann, berichtete von den Verwerfungen am deutschen Düngemittelmarkt: In den vergangenen Monaten sei es zu einer beispiellosen Preisrally für Stickstoffdünger gekommen. Zeitlich verzögert seien die Preise auch für Phosphat und Kali in die Höhe geschossen. Wesentliche Treiber waren die steigenden Energiepreise und die Nachfrage-Hausse auf dem Weltmarkt.

Allerdings sei der deutsche Markt jederzeit ausreichend mit Düngemitteln versorgt gewesen, was auch mit einer relativ geringen Importabhängigkeit bei Stickstoff- und Kalidünger zusammenhänge. Fleischmann rechnet mit einem Rückgang des Düngemittelabsatzes. Bereits in der Saison 2020/21 war der Absatz von Stickstoffdüngern um 7,8 Prozent auf knapp 1,27 Mio. t gefallen; das war fast ein Drittel weniger als noch 2014/15 auf den Äckern und Grünflächen in Deutschland ausgebracht worden waren. Der Absatz von Phosphat nahm im gleichen Zeitraum um 36 Prozent auf 192.000 t ab.

Rückgang des Pflanzenschutzabsatzes unterbrochen

Der über viele Jahre ebenfalls massiv geschrumpfte Markt für chemische Pflanzenschutzmittel ist in Deutschland im vergangenen Jahr wieder gewachsen. Nach IVA-Angaben stieg der Absatz gegenüber dem Vorjahr um 5,1 Prozent auf 1,2 Mrd. Euro. Das war allerdings deutlich weniger als im Rekordjahr 2014 mit 1,6 Mrd. Euro.

Als Grund für den Wiederanstieg im vorigen Jahr nannte der Industrieverband die feuchte Witterung. Sie erhöhte den Infektionsdruck und steigerte die Nachfrage nach Fungiziden. Allerdings wurden weniger riskante Pflanzenschutzmittel eingesetzt, wie der weiterhin rückläufige Risikoindikator HRI 1 zeigt, mit dem die Mengen der abgesetzten Mittel nach einem EU-weit einheitlichen Verfahren nach Risiken gewichtet werden.

Farm-to-Fork-Ziele sind nicht unerreichbar

IVA-Präsident Wagner hält weitere bedeutende Einsparungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Mineraldünger für möglich. Die Ziele der europäischen Farm-to-Fork-Strategie seien außerordentlich ambitioniert, aber nicht unerreichbar, sagte Wagner. Er setzt dabei auf Technologie, Züchtungsfortschritt, Innovationen und Präzisionslandwirtschaft mithilfe der Digitalisierung. Durch eine zielgenauere Ausbringung könne etwa ein Viertel der Menge an Pflanzenschutzmitteln eingespart werden – ohne Ertragsverluste.

Neuer Geschäftsbereich für Pflanzenzüchtung

IVA-Präsident Wagner kündigte an, dass sich der Verband künftig breiter aufstellen werde. Konkret geht es um die Lobbyarbeit für moderne Züchtungsmethoden wie Crispr/Cas. Um hier auf politischer Ebene voranzukommen, wird der IVA noch in diesem Jahr einen Fachbereich „Pflanzenzüchtung“ gründen. Erst im vergangenen Jahr hatte der Verband einen Zentralbereich „Digitalisierung“ und im Jahr 2017 den Fachbereich „Biostimulanzien“ eingerichtet.