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Klimaneutralität

Aldis klimaneutrale Milchprodukte: So glaubwürdig sind sie

aldi-klimaschutz
Johanna Michel
am Freitag, 24.06.2022 - 11:14

Ein Bericht des ZDF-Magazins Frontal21 ging der Bezeichnung „klimaneutral“ für eine Aldi-Milch auf den Grund. Das Konzept, entstandene Emissionen auszugleichen, stufen Experten und Verbraucher als irreführend ein.

Mit der Bezeichnung „klimaneutral“ verspricht Aldi, Emissionen, die entlang der Milchproduktion entstehen, vollständig durch die Pflanzung von Bäumen und andere Klimaschutzprojekte auszugleichen. Frontal21 zeigte am Dienstag (21.06.) im Beitrag „Klimaneutral mit Aldi? – Die fragwürdigen Versprechen des Discounters“, wie die Umsetzung der Projekte vor Ort abläuft. Vom Ergebnis fühlen sich die Umwelt- und Verbraucherseite in die Irre geführt.

Aldi gibt an, bereits seit 2017 – als erster Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland – klimaneutral zu sein.

Vom regionalen zum internationalen Klimaschutz

Wie der Frontal21-Bericht zunächst erklärt, verspricht Aldi, bei den gekennzeichneten Produkten alle nicht vermeidbaren CO2-Emissionen entlang der vorgelagerten Lieferkette – Herstellung, Transport, Vertrieb – durch Unterstützung von zertifizierten Klimaschutzprojekten vollständig auszugleichen. Das gelte beispielsweise für die „klimaneutrale“ Milch, die Aldi von der Molkerei Gropper aus dem bayerischen Bissingen bezieht.

Um die CO2-Emissionen auszugleichen, unterstützt Aldi drei Klimaschutzprojekte. Eines davon trägt die Bezeichnung „Hilfe für den Wald“ – gemeint ist ein Wald in Thüringen, für den Aldi junge Bäume pflanzen lässt. Der Projektbetreiber vor Ort erklärt den Frontal21-Reportern allerdings, dass Baumpflanzungen auf europäischen Flächen in Europa nicht als Kompensation zählen. „Mit unseren Arbeiten können Produkte nicht klimaneutral gemacht werden“, so der Projektbetreiber von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.

Auf Nachfrage habe Aldi erklärt, dass es sich hier um ein Missverständnis handle. Die zugehörige Urkunde zur Kompensation von Emissionen wurde korrigiert: Der CO2-Ausgleich und die regionale Baumpflanzung finden nun nicht mehr nur in Deutschland, sondern auch Uruguay statt.

Zwischen Bewaldung und industrieller Papierherstellung

Nach eigener Schilderung fanden die Reporter in Uruguay anstatt eines Waldes jedoch eine „Holzplantage“ vor. Von Aldi sei versprochen worden, Weideflächen in natürliche Wälder umzuwandeln.

Die Aufnahmen zeigen, wie ein Fortwirtschaftsbetrieb Eukalyptusbäume fällt und zerlegt. Das Holz werde anschließend nach China und Indien verschifft. Ein Umweltberater erklärt, dass der Eukalyptus für die Papier- und Holzherstellung angepflanzt werde. Auf eine mögliche Verschlechterung der Emissionen im Papierkreislauf wird hingewiesen.

Aldi habe mitgeteilt, dass das Projekt in Uruguay die nachhaltige Holzproduktion als Ziel verfolge. Zellstoff werde nicht produziert. Dagegen berichtete der Leiter des Betriebs, dass die Bäume zum Teil zu einer Zellulosefabrik gebracht würden.

Auch die Holzproduktion in Uruguay halte nicht das Klimaschutz-Versprechen von Aldi, da so der wichtigste internationale Standard der Zusätzlichkeit nicht eingehalten werde. Eine Schaffung natürlicher Wälder mit zusätzlichen Bäumen und neuen Lebensräumen wurde vor Ort nicht vorgefunden.

Nach Angaben der Firma ClimatePartner, die für den Einzelhandel Urkunden für Klimaschutzprojekte ausstellt, werde das Kriterium der Zusätzlichkeit in Uruguay dennoch vollumfänglich und nachweislich erfüllt. Gegenüber agrarheute betont ClimatePartner, dass die Klimaschutzprojekte durch strenge Standards zertifiziert und laufend durch unabhängige, akkreditierte Auditoren überprüft würden. Das Aufforstungsprojekt in Guanaré (Uruguay) erfülle den international anerkannten VCS-Standard sowie zusätzlich den FSC-Standard für nachhaltige Waldbewirtschaftung. Fehlerhafte Kritik schade den Bemühungen im internationalen Klimaschutz und ignoriere die bereits laufenden Maßnahmen der Unternehmen zur Reduktion ihrer Emissionen, so ClimatePartner. 

Aldi: Klimaschutzprojekte werden mit strengsten und internationalen Standards durchgeführt

Gegenüber agrarheute erklärt Aldi, dass die Aussagen in dem Frontal21-Beitrag sehr ernst genommen würden. Mit seinen Partnern und Lieferanten befinde sich Aldi dazu bereits in Gesprächen.

„Das primäre Ziel von Aldi in Sachen Klimaschutz ist es, Emissionen wo immer möglich zu vermeiden oder zu verringern. Dafür setzt Aldi viele Maßnahmen um“, so der Discounter. Nur dort, wo Treibhausgasemissionen nicht vermieden werden könnten, gleiche Aldi sie durch Klimaschutzprojekte aus. Dabei würden auf strengste und international anerkannte Standards wie den Gold Standard oder den Verified Carbon Standard Wert gelegt.

Der Beitrag „Aldis klimaneutrale Milchprodukte: So glaubwürdig sind sie“ ist zuerst erschienen bei agrarheute.