Wälder können auf verschiedene Weise positiv auf das Klima wirken – aber nur, wenn man sie lässt. Politische Ziele lassen befürchten, dass das Potenzial nachhaltiger Forstwirtschaft und Holzverwendung vorschnell verspielt wird.
Die neue Ampelregierung will beim Klimaschutz das Tempo spürbar erhöhen und dazu das Klimaschutzgesetz gleich im Jahr 2022 konsequent weiterentwickeln.
Diese Weiterentwicklung muss nach Ansicht des BBV zu wichtigen Nachbesserungen genutzt werden. Statt das Klimaschutzpotenzial nachhaltiger Forstwirtschaft und Holzverwendung vorschnell zu verspielen, indem einseitig auf einen Kohlenstoffaufbau im Wald gesetzt wird, ist die stoffliche und energetische Substitutionsleistung der Branche endlich anzuerkennen und viel stärker als bisher zu nutzen. Diesen Ansatz gilt es auch noch im geplanten neuen Bayerischen Klimaschutzgesetz zu verankern.
Unsere Wälder bieten vier Klimapluspunkte
Die Klimaschutzleistung von Wald und Holz zeichnet sich gleich auf vierfache Weise aus. Sie setzt sich zusammen aus der Speicherung von CO2 im Wald (ober- und unterirdische Biomasse), der Speicherung in Holzprodukten sowie der stofflichen und energetischen Substitution.
Hohe Holzvorräte: Der erste Klimapluspunkt sind die hohen Holzvorräte, die laut Bundeswaldinventur III so hoch wie noch nie sind. Im bayerischen Privatwald stehen mit durchschnittlich 433 fm/ha europaweit die höchsten Vorräte. Die Politik darf bei ihren Plänen zur CO2-Anreicherung im Wald aber nicht übersehen, dass sich die Holzvorräte nur noch sehr begrenzt steigern lassen – denn mit steigendem Alter der Wälder steigt auch das Risiko für Kalamitäten und damit für CO2-Freisetzung. Welchen Einfluss die Kalamitäten der letzten Jahre hatten, wird die aktuell laufende Bundeswaldinventur IV zeigen.
Holzbau als Flaggschiff: Der zweite Klimapluspunkt ist der Holzproduktespeicher. Mit jedem Festmeter Holz, der in einem Gebäude als Bau- oder Dämmstoff verbaut ist, wird der Atmosphäre über einen langen Zeitraum CO2 entzogen und das CO2 klimaunschädlich gemacht.
Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, maßgeblicher Initiator des neuen „Bauhaus der Erde“, hat errechnet, dass die Rückkehr zum Holzbau die wichtigste Maßnahme gegen die Erderwärmung wäre. Rund 40 % des Ausstoßes von Treibhausgasen entstehen durch Errichtung und Betrieb von Gebäuden sowie der Infrastruktur. Deshalb brauche es eine Wende beim Bauen – nämlich eine maximal mögliche Reduktion der Energiefresser Beton, Stahl oder Ziegel und die Konzentration auf regenerative Baustoffe mit Holz im Fokus.
Stoffliche Substitution: Damit gehen wir nahtlos über zum dritten Klimapluspunkt, der stofflichen Substitution. Auch wenn der Holzbau das Flaggschiff des Klimaschutzes ist, so sind drüber hinaus die vielen Möglichkeiten des Einsatzes von Holz anstelle von stärker klimabelastenden Produkten und fossilen Rohstoffen zu nutzen und auszubauen. Die enormen Potenziale einer holzbasierten Bioökonomie für den Klimaschutz gilt es zu aktivieren. Dadurch entstehen neue Arbeitsplätze und neue Wertschöpfung in den ländlichen Räumen.
Nachhaltiger Einsatz von Holzenergie: Der vierte Klimapluspunkt ist die energetische Substitution. Kritiker behaupten, dass Holz verbrennen schädlicher ist als Braunkohle zu verbrennen. Als einen Grund verweisen sie auf die niedrigere Energiedichte von Holz im Vergleich zur Kohle. Diese Betrachtung ist aber irrelevant, da es einzig darauf ankommt, dass mit den fossilen Energieträgern CO2 aus der Erde befördert wird, das dort seit Jahrmillionen gebunden ist und jetzt zusätzlich in den CO2-Kreislauf zwischen Biosphäre und Atmosphäre gelangt. Bei der energetischen Nutzung von Holz wird jedoch nur das CO2 freigesetzt, das sich schon im Kreislauf befindet.
Entscheidend bei der Diskussion ist zudem die Tatsache, dass unser Energieholz aus Wäldern stammt, die nachweislich nachhaltig bewirtschaftet werden. Auch wird zum größten Teil nur das Holz energetisch verwertet, das für eine stoffliche Verwendung (bislang) nicht nachgefragt wird. Ersetzt man Heizöl durch Holz, so können für jeden eingesetzten Festmeter etwa 550 kg CO2-Äquivalente vermieden werden (Referenz: Holzwärmemix Bayern, LWF 2016).
Nutzungsverzicht würde Waldumbau erschweren
Mit Blick auf den diskutierten zusätzlichen Nutzungsverzicht in unseren Wäldern hat der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums in seiner Stellungnahme zum Klimaschutzgesetz im Juni 2021 bereits Alarm geschlagen: Um das Minderungsziel 2030 erreichen zu können, müssten 45 Mio. t CO2-Äquivalente mehr als bisher gespeichert werden, das heißt 47 bis 58 % des jährlichen Zuwachses müssten im Wald verbleiben. Dies würde rund die Hälfte der Versorgung mit regionalem Holz kosten.
Die Säge- und Holzindustrie müsste Holz in großem Umfang importieren, wobei die gesetzlichen Standards der Herkunftsländer meist unter dem hohen deutschen Bewirtschaftungsstandards liegen. Nicht zuletzt wird die Axt angelegt an eine der wichtigsten Säulen der Wertschöpfung in den ländlichen Räumen.
Wird der Einschlag halbiert, dann verringert sich auch die Fläche, auf der neue, klimastabilere Wälder aufgebaut werden können. Dabei ist es angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels dringend geboten, das Tempo zu erhöhen. Die Wälder mit ihren langen Reproduktionszeiträumen sind nicht in der Lage, mit dem hohen Tempo des Klimawandels mitzuhalten und sich auf natürlichem Weg anzupassen. Das heißt nicht, dass es keine Wälder mehr geben würde. Allerdings wären diese Wälder – ähnlich der Wiederbewaldung nach den Eiszeiten – wahrscheinlich von Pionierbaumarten geprägt, die wirtschaftlich für nur wenige Einsatzzwecke geeignet sind und die das ganze Ökosystem, das Landschaftsbild und die Klimaschutzleistung verändern würden.
Nur stabile Wälder können CO2 speichern
Mit steigendem Alter der Wälder steigen auch die Risiken, z. B. die Anfälligkeit gegenüber Stürmen, Trockenheit und Schädlingen (v. a. Borkenkäfer). Dabei hätte es viele Vorteile für Klimaschutz, Ökologie und Ökonomie, den Klimarohstoff Holz geregelt im Rahmen des Waldumbaus möglichst ressourceneffizient und wertschöpfend zu nutzen. Auch sind alte Bäume weniger zuwachskräftig und binden weniger CO2 als jüngere Bäume.
Wollen wir unsere Wälder mit ihren vielfältigen Funktionen für Mensch und Natur dauerhaft sichern, wird der Mensch die Anpassungsprozesse aktiv unterstützen müssen. Denn nur vitale Wälder sind in der Lage, das CO2 aus der Luft aufzunehmen und im Holz zu speichern und als Senken zu wirken. Labile Wälder drohen hingegen Quellen von CO2 zu werden.
Deshalb kommt der staatlichen Förderung der Wiederaufforstung der Kalamitätsflächen und des Waldumbaus eine ganz entscheidende Rolle zu. Der Bayerische Bauernverband begrüßt deshalb die Pläne der Bayerischen Staatsregierung, heuer die Mittelausstattung für das waldbauliche Förderprogramm auf 96 Mio. € zu erhöhen.
Nichtstun ist keine Option für das Klima
Leider spricht sich die EU-Kommission im Rahmen der EU-Waldstrategie 2030 und des Fit-for-55-Pakets ebenfalls einseitig für die CO2-Anreicherung im Wald aus. Deshalb fordert der Bayerische Bauernverband die EU-Parlamentarier auf, in der aktuellen Debatte darüber für einen Dreiklang aus Walderhalt bzw. -mehrung, Anpassung an den Klimawandel und nachhaltiger klimaeffizienter Nutzung von Holz, d. h. eine Climate-Smart Forestry, in der EU-Waldstrategie 2030 zu sorgen.
Gleichzeitig muss die Politik endlich dafür sorgen, die CO2-Emissionen spürbar und schnell zu reduzieren. Und hier schließt sich wieder der Kreis zur nachhaltigen Forstwirtschaft und Holzverwendung, wenn unser im Geiste des Generationenvertrages erzeugtes Holz energieintensiv hergestellte Produkte und fossile Energieträger ersetzt und so CO2-Emissionen vermeiden hilft.
Die Politik hat den Ausbau der Bioökonomie verkündet. Der Appell des BBV an die Politik ist klar: Sichern Sie die Wettbewerbsfähigkeit unserer Forst- und Holzwirtschaft, sichern Sie die regionale Holzversorgung, sichern und honorieren Sie die Klimaschutzleistung der aktiven Waldbewirtschaftung und Holzverwendung, sichern Sie den Aufbau klimastabiler Wälder und verzichten Sie auf weitere Nutzungseinschränkungen im Wald. Ein Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft gelingt nur zusammen mit aktiver, nachhaltiger Land- und Forstwirtschaft. Unsere Bauern- und Waldbesitzerfamilien stehen bereit.