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Waldzustanderhebung

Nur jeder fünfte Baum ist gesund: Wälder leiden unter Dürre

Dürrefolgen: Die Trockenheit macht allen Baumarten zu schaffen. Und sie bereitet dem Borkenkäfer bei der Fichte leichtes Spiel.
Sepp Kellerer
Sepp Kellerer
am Dienstag, 21.03.2023 - 17:15

Der Wald der Zukunft soll der Trockenheit und höheren Temperaturen trotzen. Und es gibt noch weitere Herausforderungen.

Was die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer tagtäglich draußen vor Ort mitbekommen, ist nun auch amtlich bestätigt. Die Wälder leiden unter der Dürre. Bei allen Baumarten ist ein Großteil der Baumkronen geschädigt – mit 44 % in der Warnstufe und 35 % sogar mit deutlichen Kronenverlichtungen.

Cem Özdemir, der zuständige Bundesminister (auch wenn der Wald im Namen seines Ministeriums nicht mehr vorkommt) hat die Zahlen vorgestellt und Werbung für seine Politik gemacht: „Wir müssen weiter entschlossen handeln, damit unsere Wälder in Zukunft der Trockenheit und den höheren Temperaturen trotzen können. Das heißt: Mischwald statt Monokulturen. Mit unserem Wald-Klima-Paket stellen wir dafür insgesamt 900 Mio. € bereit, um die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer beim klimagerechten Umbau der Wälder zu unterstützen.“

Fichte

Aber zurück zu den Zahlen: Bei der Fichte ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 46 % auf 40 % gesunken, aber das täuscht, weil der Rückgang teilweise darauf zurückzuführen ist, dass Bäume vollständig abgestorben sind. Auf die Warnstufe entfielen 36 % (2021: 32 %). Ohne Verlichtungen waren 24 % (2021: 22 %). Die mittlere Kronenverlichtung ist mit 29,6 % fast unverändert.

Kiefer

Bei der Kiefer ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 25 % auf 28 % gestiegen. Im Vergleich zu 2018 hat sich der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen um 13 Prozentpunkte deutlich erhöht. Auf die Warnstufe entfielen unverändert 59 % . Ohne Verlichtungen waren nur noch historisch niedrige 13 % (2021: 16 %). Die mittlere Kronenverlichtung steigt 2022 um einen Prozentpunkt auf 23,9 %.

Buche

Bei der Buche ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen mit 45 % auf dem Niveau des Vorjahres. Auf die Warnstufe entfielen 34 % (2021: 39 %). Der Anteil ohne Verlichtungen hat sich mit 21 % (2021: 16 %) verbessert. Die mittlere Kronenverlichtung hat sich leicht verbessert auf 27,5 %. Das mag den Beobachtungen draußen widersprechen, wo die Buche zum großen Teil wirklich schlecht aussieht. Eine Verbesserung hatte sich auch in den bayerischen Zahlen ergeben, jedoch wurde dabei erwähnt, dass ddie im Spätsommer und Herbst aufgetretenen starken Schäden in der Erhebung 2022 nicht mehr erfasst werden konnten.

Eiche

Bei der Eiche ist der Anteil der deutlichen Kronenverlichtungen von 41 % auf 40 % leicht gesunken. Der Anteil der Warnstufe stieg dagegen auf 41 % (40 %). Ohne Verlichtungen waren unverändert 19 % (vgl. 2021: 19 %). Die mittlere Kronenverlichtung ist von 26,9 % auf 26,1 % geringfügig gesunken.

Einflussfaktoren

Trotz der tendenziellen Rückgänge des Blatt- bzw. Nadelverlustes kommt auch die Waldzustandserhebung zu dem Schluss: Dem Wald geht es schlecht. Die regenreichen Monate zu Beginn des Jahres und im Herbst 2022 konnten das Wasserdefizit der Waldböden nicht kompensieren. So konnte sich der Wald nach den trockenen Jahren seit 2018 nicht erholen.

Insbesondere die Fichte litt unter den Dürreperioden der letzten Jahre, sogar auf Standorten mit guter Wasserversorgung und in oberen Höhenlagen der Mittelgebirge. Auch die Vitalität der gemeinen Wald-Kiefer, die bisher als ein Hoffnungsträger im Klimawandel gilt, leidet. Nur noch 13 % der Kiefern sind gesund. Auch die Laubbäume leiden unter mangelnden Niederschlägen und hohen Temperaturen. Die Buche hat mit einem Anteil von 45 % deutlich geschädigter Kronen im direkten Vergleich den größten Anteil in dieser Schadklasse. Auch bei der Eiche gibt es keine Besserung, der Anteil deutlicher Kronenschäden bleibt bei 40 %.

2022 zeigte sich als ein Jahr mit deutlicher Fruchtbildung, was die Kronenvitalität zusätzlich beeinträchtigt hat. Negativen Einfluss haben die weiterhin hohen Stickstoffeinträge und teilweise sauren Waldböden.

Die Totholzanteile der Stichprobenaufnahme liegen mit 3,5 % auf einem neuen Höchststand. Auch die Ausscheiderate, also der Anteil der Bäume, die seit der letzten Erhebung abgestorben sind, liegt mit 6,7 % höher als je zuvor.

In seinem Statement zur Waldzustandserhebung bekennt sich Özdemir ein Stück zur Nutzung der Wälder indem er erwähnt, dass die Betriebe mit dem Waldumbau mehr Klimaschutz und Biodiversität sowie zukunftsfeste Wälder schaffen und den wertvollen, nachwachsenden Rohstoff Holz sichern.

Stimmen zum Zustandsbericht

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Deutschland sieht als Ursache für den schlechten Zustand des Waldes neben der Erderwärmung und der Dürre auch die intensive Forstwirtschaft und die Stickstoffeinträge. Er fordert unter anderem den Umbau der Landwirtschaft und eine Reduktion der Nutztierbestände. Es brauche verbindliche Vorgaben für eine behutsame Waldwirtschaft im neuen Bundeswaldgesetz mit Kahlschlagverbot, einer Mindestmenge an Biotopbäumen und Totholz pro Hektar sowie ein Verbot, Nadelbäume in Reinkultur anzubauen. Verpflichtende Vegetationsgutachten auf Revierebene seien gesetzlich zu verankern. Der Anteil der Naturwälder ohne forstliche Eingriffe sei deutlich zu erhöhen.

Forstreferent Jonas Brandl von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald plädiert für eine Reduktion von Treibhausgasemissionen und für den aktiven Waldumbau. Seit 2019 unterstützt die SDW die Forstpartie mit ihren Waldschutz-Aktivitäten im Bereich Baumpflanzungen und hat in dieser Zeit weit mehr als 1 Million Bäume gepflanzt.

Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, zur Waldzustandserhebung fordert angesichts des Zustandes der Wälder ein Umdenken in der Waldpolitik. „Der Waldumbau hat höchste Priorität. Um ihn stemmen zu können, brauchen wir eine Perspektive für die Produktion und Nutzung des Rohstoffs Holz. Die Novellierung des Bundeswaldgesetzes muss dafür die Voraussetzungen schaffen“, so von Elverfeldt. Die Eigentümer müssten die Freiheit in der standortgerechten Bewirtschaftung haben. Die Betriebe müssten bei den hohen Kosten für die Klima- und Biodiversitätsleistungen des Waldes unterstützt werden Dazu müsse das BMEL als zuständiges Forstministerium die GAK-Mittel für den Wald allein verwalten und die Forstbetriebe in ihrer wichtigen Verantwortung für die Wiederaufforstung und den Waldumbau begleiten.