
Die Erklärung ist relativ einfach. Es werden Äpfel und Birnen miteinander verglichen.
So kommt der Vergleich zustande: Auf die Produktion von 1 kg Rindfleisch entfallen 15.712 Liter Wasser. Diese Zahl existiert tatsächlich und hat auch eine wissenschaftliche Basis. Stellt man dem gegenüber, dass bei einem Duschdurchgang rund 150 Liter Wasser durch die Leitung laufen, resultiert daraus tatsächlich der Faktor 100. Diese Zahl kursiert fleißig in sozialen Medien und findet sich auch in halb- oder pseudowissenschaftlichen TV-Sendungen.
Das ist falsch an dem Vergleich: Der Fehler ergibt sich aus der falschen Verwendung des Wertes 15.712 Liter Wasser/kg Rindfleisch. Er entstammt der Studie „Der grüne, blaue und graue Wasserfußabdruck von Nutztieren und tierischen Produkten“, ist aber aus dem Zusammenhang gerissen. Vergleiche zur Nutzung von Wasser sind nur innerhalb der gleichen Wasserfraktion sinnvoll und die wissenschaftliche Arbeit legt die Basis dafür. Diese Regel wird leider oft missachtet.
Wer sich jetzt fragt, was grün, blau und grau bedeutet, ist schon auf dem richtigen Weg.
Grünes, blaues und graues Wasser
Die Studie unterteilt das Wasser in drei Fraktionen. Außerdem unterscheidet sie mehrere Produktionsformen. Die globalen Durchschnittswerte für Rindfleisch lauten:
Produktionssystem | Weide | Gemischt | Intensiv | Gewichtetes Mittel |
---|---|---|---|---|
Grün | 21121 | 14803 | 8849 | 14414 |
Blau | 465 | 508 | 683 | 550 |
Grau | 243 | 401 | 712 | 451 |
Summe | 21829 | 15712 | 10244 | 15415 |
Quelle: Water footprint of animal products
- Grün ist Kreislaufwasser. Es speist sich vor allem aus den Niederschlägen. Damit der Himmel Regen spenden kann, braucht er aber selbst eine Quelle. Diese ist die Verdunstung auf der Erdoberfläche. Die feuchte Luft steigt nach oben, kondensiert zu Wolken und kommt als Regen wieder zurück. Betrieben wird der Kreislauf zu einem wesentlichen Teil durch die Vegetation. Für Pflanzen ist Wasser der Träger für Nährstoffe. Haben sie die Nährstoffe entzogen, scheiden sie das Wasser wieder über die Blattunterfläche aus. Dort verdunstet es.
- Blau ist Grund- und Oberflächenwasser.
- Grau ist Abwasser, genauer bezeichnet es diejenige Wassermenge, die benötigt wird, um die bei Prozessen anfallenden Stoffe auf ein umweltverträgliches Maß zu verdünnen.
Wasser ist nicht gleich Wasser
Nicht zuletzt schlüsselt der Wasserfußabdruck auch noch seine Werte nach Ländern auf.
Produktionssystem | Weide | Gemischt | Intensiv | Gewichtetes Mittel |
---|---|---|---|---|
Grün | 11083 | 9911 | 5014 | 6675 |
Blau | 130 | 126 | 123 | 138 |
Grau | 1015 | 990 | 854 | 900 |
Gesamt | 12229 | 11027 | 5991 | 7712 |
1 kg Rindfleisch beansprucht weniger blaues Wasser als das Duschen
In obiger Tabelle sind die wichtigsten Kennzahlen aufgeführt. Beim Duschen fließt Grund- oder Oberflächenwasser in Trinkwasserqualität aus der Leitung, also der Typ blau. Bei einem üblichen Duschvorgang sind es 150 Liter. 1 kg deutsches Rindfleisch beansprucht in der gemischten Produktionsform 126 Liter blaues Wasser. Das ist 84 % dessen, was bei einem Duschvorgang verbraucht wird.
Geht man von einem 200 g Steak für eine Mahlzeit aus, bekommt man aus einem kg Rindfleisch 5 Steaks. Für das Wasseräquivalent von 150 Liter Wasser ergeben sich 1,2 kg Rindfleisch. Einmal duschen stehen im Wasseransatz also 6 Rindersteaks gegenüber - bezogen auf die blaue Wasserfraktion.
Nun kann man sich darüber streiten, ob ein Duschvorgang nicht auch einmal kürzer ausfallen kann und damit weniger Wasser verbraucht wird. Der Berechnung liegt eine Durchflussmenge von 15 Litern pro Minute und 10 Minuten Dusche zugrunde. Ein Sparduschkopf mit 12 Litern pro Minute und eine Verkürzung auf 5 Minuten, das ist alles denkbar. Unter einem Äquivalent von einem 200-g-Steak dürfte ein Duschvorgang aber kaum kommen.
Was heißt: Bei der Gegenüberstellung vergleichbarer Wasserfraktionen ergibt sich ein ganz anderes Verhältnis, als in dem Apfel-Birnen-Vergleich unter Einschluss des grünen Wassers.
Warum Rinder keine Wasserverschwender sind
Die Grünlandgürtel mit ihrer Rinderhaltung sind wichtig für die Trinkwasserversorgung in Deutschland. Wiesen und Weiden verfügen über ein immenses und schnelles Wasseraufnahmevermögen. Damit sind sie wichtige Rückhaltezonen und es kommt kommt ihnen eine große Bedeutung bei der Grundwasserneubildung zu.
Der Grund für das hohen Speichervermögen von Grünland ist der hohe Humusgehalt der darunterliegenden Böden. Humus wirkt wie ein Schwamm. Der Vorrat an organischem Kohlenstoff beträgt bei Böden unter Dauergrünland 181 t/ha, Waldböden kommen auf 100 t/ha und Ackerböden auf 95 t/ha. Damit ist das Grünland auch ein wichtiger Kohlenstoffspeicher.
Aufgrund seiner ganzjährigen Bodenbedeckung schützt Grünland außerdem vor Erosion. Selbst bei Starkregen vermeidet die Grasnarbe Bodenabtrag.
Da Rinder und Grünland zusammengehören, ist es widersinnig, Rinderhaltung in der Ecke der Wasserverschwender zu stecken. Wenn es Problemzonen gibt, dann sind das die versiegelten Flächen. Das Wasser fließt oberflächlich ab in Vorfluter und verlässt die Region.
Der hohe Wasserfußabdruck der Wiederkäuer beruht auf Futterart, Futtermenge und Verdauung. Sie nehmen verhältnismäßig viel Biomasse auf. Damit ist ihre Haltung stark flächengebunden. Da Flächenanspruch und angerechnete Wassermenge korrelieren, wirkt sich das auf den Wasserfußabdruck aus. Dafür bereiten sie für den Menschen Unverdauliches, nämlich Gras, zu wertvollen Lebensmitteln auf. Nur so lassen sich die 4,7 Mio ha. Grünland in Deutschland verwerten und letztendlich auch erhalten. Für diese Fläche gibt es keine Nahrungsmittelkonkurrenz zu den Monogastern, zu denen der Mensch gehört.
Wer dagegenhält, dass Rinder mittlerweile auch viel Maissilage fressen würden, die vom Acker kommt, muss zum einen berücksichtigen, dass Rinder in diesem Fall auch den Grünpflanzenanteil verwerten können, zum anderen, dass bei dieser Fütterungsform der Wasserfußabdruck stark sinkt. Der Wasserfußabdruck für Rindfleisch aus den USA beläuft sich in der Intensivmast gerade einmal auf 3.856 Liter/kg Fleisch. Das ist weniger als Kichererbsen benötigen.