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Sauenhaltung

Tapetenwechsel für Sauen

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Dr. Christina Jais, LfL Institut für Landtechnik und Tierhaltung, Grub
am Mittwoch, 26.02.2020 - 13:32

Einen Stall zukunftsfähig auszurichten bedeutet auch, ihn anpassungsfähig an sich wandelnde Vorgaben zu gestalten – in diesem Jahr könnten hier die Kastenstände der Deckbereiche in der Sauenhaltung in den Fokus rücken.

Auf einen Blick

  • Änderungen der gesetzlichen Vorgaben, die Ausdehnung der Gruppenhaltung im Deckbereich und die Vergrößerung der Kastenstände, sind zu erwarten.
  • Weitere Anforderungen können folgen, etwa die Forderung nach geschlossenen oder sogar weichen bzw. eingestreuten Liegeflächen sowie die Gabe von Grundfutter oder ein Auslauf.
  • Ein Stall soll so konzipiert sein, dass man ihn an sich wandelnde Vorgaben anpassen kann. Die Drei-Flächen-Bucht im Deckzentrum weist hier klare Vorteile auf.

Im Tierschutz sind Änderungen zu erwarten

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Nicht nur in Neubauten sondern auch bestehende Sauenställe werden von den 2020 zu erwartenden Änderungen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, konkret die Ausdehnung der Gruppenhaltung im Deckbereich und die Vergrößerung der Kastenstände, betroffen sein – wenn auch für die Anpassung von schon bestehenden Haltungen eine Übergangsfrist gewährt werden wird.

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Mit Ausnahme der Sauen haltenden Betriebe, die im Rahmen des ökologischen Landbaus oder anderer Premiumlabel vermarkten, und nur weniger konventioneller Betriebe, werden Sauen in bayerischen Betrieben derzeit zur Besamung in Einzelständen fixiert und überwiegend auch während der Rausche und damit über mehrere Tage dort gehalten. Das Gros der Betriebe schöpft zusätzlich die gesetzlich zulässige Frist von 28 Tagen Einzelhaltung ab Besamung weitgehend aus und stallt die Sauen erst nach der erfolgreichen Trächtigkeitsuntersuchung zu Beginn der vierten Trächtigkeitswoche in die Gruppenhaltung im Wartestall um.
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Der Vorteil der Einzelhaltung während Rausche, Besamung und Trächtigkeitsuntersuchung liegt vor allem in der einfacheren, schnelleren und sicheren Arbeitserledigung. Während der Rausche verringert sie zudem das Risiko von Fundamentverletzungen bei den Sauen, die in der Gruppe durch das Aufreiten anderer Tiere entstehen können. Ein Blick auf zahlreiche Untersuchungen legt nahe, dass sich durch eine verkürzte Einzelhaltung oder gar durch eine ständige Gruppenhaltung der Sauen ab dem Absetzen Nachteile für die Ferkelzahlen ergeben können, dass dies ist aber nicht der Fall sein muss. Hier dürfte dem Management, etwa bei der Gruppenbildung und bei der Tierkontrolle, eine entscheidende Rolle zukommen.

Nach Stand der aktuellen Diskussion zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung soll die Dauer der Einzelhaltung auf nur wenige Tage um Rausche und Besamung begrenzt werden. Zudem ist eine Verlängerung und Verbreiterung der Kastenstände geplant. Diskutiert wurde eine Länge von 2,20 m und Breiten, die sich an der Schulterhöhe der Sauen orientieren. Lichte Breiten von 85 cm, 75 cm und 65 cm für große, mittlere und kleine Sauen waren hier im Gespräch, es werden von manchen Vertretern jedoch auch noch größere Maße gefordert. Für die Anpassung bestehender Stallungen soll eine Übergangsfrist gewährt werden.

Beim Umbau an weitere Entwicklungen denken

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Bei der nun nötigen Anpassung der Deckzentren sollten aber auch Entwicklungen berücksichtigt werden, die über die aktuelle Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung hinausgehen. Dies sind etwa Anforderungen von Vermarktungsinitiativen („Labelprogramme“), die sowohl Einstiegsstufen (z. B. Initiative Tierwohl) als auch Premiumstufen darstellen (z. B. Ökologische Landbau). Ebenso wie weitere mögliche Änderungen der gesetzlichen Vorgaben, können sich auch die Vorgaben der verschiedenen Labelprogramme ändern. Während der Einstieg in diese Programme frei gewählt werden kann, müssen solche weiteren Anpassungen mitvollzogen werden. Deshalb ist es wichtig Haltungssysteme zu realisieren, welche die Umsetzung künftig nötiger Änderungen ermöglichen. Folgende Punkte sind dabei zu berücksichtigen:

  • Eine weitere Vergrößerung der Kastenstände, wenn sie auch der Liegeplatz der Sauen sind.
  • Ein gänzlicher Verzicht auf die Einzelhaltung in Kastenständen.
  • Die ausschließliche Gruppenhaltung im Deckzentrum.
  • Geschlossene sowie eingestreute oder weiche Liegeflächen anbieten.
  • Die Gabe von Heu, Stroh oder ähnlichem Grundfutter zur artgemäßen Beschäftigung und Ernährung
  • Die Gewährung eines höheren Flächenanspruchs je Tier.
  • Zugang zu unterschiedlichen Klimazonen im Stall.
  • Zugang zu einem Außenauslauf.
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Im Fall eines Neubaus werden wie bisher die meisten Betriebe die Besamung in Kastenständen durchführen wollen. Damit stehen grundsätzlich zwei Buchtentypen für die Gruppenhaltung zur Wahl (siehe Abb. 1): die Zwei-Flächen-Bucht und die Drei-Flächen-Bucht, wobei bei letzterer noch zu klären ist, ob eine Einzelhaltung über mehrere Tage möglich sein soll. Die Drei-Flächen-Bucht gliedert sich in drei Bereiche: Kastenstandreihe mit Trog, Laufgang und Liegefläche, während in der Zwei-Flächen-Bucht der separate Liegebereich fehlt und die Tiere auch bei Gruppenhaltung überwiegend in den Einzelständen ruhen.

Weniger Platzbedarf bei der Zwei-Flächen-Bucht

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Die Zwei-Flächen-Bucht findet man oft im Wartebereich. Ihr Vorteil liegt in der Platzeinsparung, die sich aus dem Verzicht auf den separaten Liegebereich ergibt. Mit den vorgenannten Standmaßen ergibt sich bei einreihiger Standanordnung ein Flächenbedarf von rund 3,5 m² je Tier, bei zweireihiger Standanordnung von etwa 3,0 m² je Tier. Dieser setzt sich zusammen aus dem Laufgang, der nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben mindestens 1,60 m bzw. 2,00 m breit sein muss und den Kastenständen, die hinter dem Trog mindestens 2,20 m lang sein müssen und mit Trog rund 2,60 m Länge sowie eine mittlere Breite („Achsmaß“, also „inklusive Eisen“) von 82 cm, entsprechend einer lichten Weite von 79 cm aufweisen. Sie ermöglicht eine Einzelhaltung während Rausche und Besamung.

In der Drei-Flächen-Bucht nutzen die Sauen zum Ruhen den separaten Liegebereich, der sich an die Kastenstandreihe und den Laufgang anschließt. Der Liegebereich wird in Buchten ab etwa 12 Sauen in Kojen unterteilt, die meist 2 m Tief sind. Da die Sauen sich vermehrt außerhalb der Stände aufhalten, ist für einen ungestörten Tierverkehr zwischen Liegeplatz und Kastenstand gerade aus der Sicht rangniedriger Sauen ein ausreichend breiter Gang von rund 2 m Breite wichtig. Die Bemaßung der Kastenstände hängt von der vorgesehenen Nutzung ab:

  • Wenn in der Drei-Flächen-Bucht zugleich auch eine Einzelhaltung während der Rausche und der Besamung möglich sein soll, müssen die Stände so groß wie in der Zwei-Flächen-Bucht sein. Es ergibt sich dann ein Gesamtflächenbedarf von rund 5,3 m² je Zuchtsau.
  • Wenn auf die mehrtägige Einzelhaltung verzichtet wird und die Sauen nur unmittelbar zur Rauschekontrolle und zur Besamung in den Kastenständen fixiert werden, können diese Stände auch kleiner gehalten werden. Die Breite und Länge der Kastenstände kann dann entsprechend den eigenen Vorstellungen und den betrieblichen Voraussetzungen ab 50 cm Breite und 180 cm Länge frei gewählt werden. Eine mittlere Breite von 70 cm und eine Länge von 2 m sind bequem, wenn Einzeltiere doch mal in den Ständen liegen wollen. Aus diesen Maßen ergibt sich ein Gesamtflächenbedarf von 3,7 bis 4,5 m² je Tier, das sind 0,2 bis 1,5 m² mehr als in der Zwei-Flächen-Bucht benötigt werden.

Die Entscheidung, ob in der Drei-Flächen-Bucht zusätzlich eine Einzelhaltung der Sauen für mehrere Tage angestrebt wird, ist angesichts der Vor- und Nachteile abzuwägen. Die hierfür nötige Verbreiterung und Verlängerung der Kastenstände verursacht einen Flächenmehrbedarf von etwa einem Quadratmeter im Vergleich zu 70 cm breiten und 2 m langen Kastenständen, die nur zur kurzzeitigen Fixierung wie zum Besamen genutzt werden dürfen. Dem gegenüber steht ein geringeres Verletzungsrisiko der Sauen während der Rausche.

Klare Vorteile bei der Drei-Flächen-Bucht

Im Hinblick auf die „Zukunftssicherheit“ hat die Drei-Flächen-Bucht deutliche Vorzüge bezüglich Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, die die Kosten des höheren Flächenbedarfs deutlich überwiegen:

  • Der Kastenstand ist nicht der Liegebereich der Sauen. Deswegen müssen die Stände nicht die für das Liegen nötigen Maße aufweisen. Auch für die weitere Zukunft denkbare Änderungen der Kastenstandmaße, die sich mit den Erfordernissen des Liegens begründen, müssen dann nicht umgesetzt werden.
  • Geschlossene, gegebenenfalls weiche oder eingestreute Liegeflächen können außerhalb der Kastenstände deutlich einfacher und funktionssicherer eingerichtet bzw. nachgerüstet und gepflegt werden.
  • Die Fläche ist für nahezu alle Labelprogramme und im Hinblick auf eine mögliche Ausdehnung der gesetzlichen Mindestfläche absolut ausreichend.

Ställe für Einstreu und Außenauslauf planen

Einstreu und die Gabe verschiedener Grobfutterarten zur Beschäftigung wie etwa Heu sind ein weiteres Kennzeichen von Labelprogrammen und könnten in Zukunft auch gesetzlich vorgeschrieben werden. Sowohl das Einbringen dieser Materialien in die Ställe als auch die Entsorgung der daraus resultierenden strukturreicheren Exkremente muss bei der Stallplanung berücksichtigt werden.
Technik zur Entsorgung strukturreicher Gülle steht in Form von Entmistungsschiebern zur Verfügung. Die Mistachsen münden üblicherweise in einen Querkanal. Der Übergang vom Querkanal in ein Stallabteil wird mit Gummilappen verschlossen, um den Eintritt von Kaltluft zu vermeiden.
Für die technisierte Einbringung loser und gepresster Beschäftigungsfutter arbeiten viele Firmen an der Anpassung der vorhandenen Fütterungstechnik. Erste Produkte sind bereits am Markt und werden in der Praxis getestet. Entmistungsschieber und Einstreutechnik sollten in wenigen, langen und geraden Bahnen im Stall installiert werden, wobei die Grobfutterfördertechnik einige wenige Kurven ohne Beeinträchtigung der Funktion erlaubt. Beide Techniken sind aber nicht für die Anlage der Abteile, Buchten und Güllekanäle wie im bisher dominierenden Kammstallprinzip mit vielen kurzen Achsen geeignet.
Sollen alle Sauen Zugang zu einem Außenauslauf erhalten, müssen alle Gruppenbuchten an eine Stallaußenwand grenzen. Ein Beispiel für eine entsprechende Anordnung der Deck- und Wartebuchten zeigt Abb. 2.

Auswirkungen auf das Raumprogramm

Der Übergang zur Gruppenhaltung im Deckbereich wird zu einer Verschiebung im Raumprogramm, also der Anzahl der in Deck- und Wartebereich benötigten Einheiten, führen. Bisher befanden sich durch die vier- bis fünfwöchige Dauer der Einzelhaltung im 3-Wochen-Rhythmus bis zu zwei Sauengruppen zeitgleich im Deckbereich und bis zu vier Gruppen im Wartebereich. Durch die verkürzte Einzelhaltung reduziert sich nun die Anzahl der Sauengruppen im Deckbereich auf eine, dafür wird im Wartebereich Platz für fünf Sauengruppen benötigt.
Werden die Sauen vom Absetzen weg in Buchten gehalten, die auch eine Gruppenhaltung ermöglichen, bleibt genug Zeit zur Umstallung in eine Wartebucht. Werden die Sauen über Rausche und Besamung in Kastenständen gehalten, ohne dass diese zu einer Gruppenbucht hin geöffnet werden können, kann es zu Engpässen kommen. In diesem Zusammenhang kommt der zukünftig möglichen Dauer der Einzelhaltung eine besondere Bedeutung zu.

Eine Arena für die Sauen nach dem Absetzen

Dürfen Sauen maximal acht Tage einzeln gehalten werden und werden sie gleich nach dem Absetzen in Einzelstände verbracht, muss die Gruppenbucht im Wartebereich, in die sie am 9. Tag nach dem Absetzen eingestallt werden sollen, noch am Tag der Ausstallung der Vorgängergruppe gereinigt, desinfiziert und getrocknet werden.
Mehr Zeit ergibt sich, wenn die Sauen nach dem Absetzen zunächst für zwei bis drei Tage in eine Arena gehen. Dann können sie bis zum 10. Tag nach dem Absetzen in Einzelständen. Ein früheres Einstallen in die Abferkelbuchten ist aufgrund der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nicht möglich, da Sauen nur sieben Tage vor Abferkelung einzeln gehalten werden dürfen. Als Arena kann eine einfache Bucht mit Wasserversorgung und Ad-Libitum-Fütterung genutzt werden. Idealerweise ist der Boden spaltenfrei, trittsicher und durch Einstreu weich. Die Sauen können hier ihre Rangkämpfe auf sicherem Boden austragen und bei genügend Platz, Ziel sind 5 m² je Tier, auch schneller beilegen. In der Praxis finden sich auch Beispiele, die eine Arena mit Fress- bzw. Deckständen zu einer Gruppenbucht kombinieren.

So können bestehende Deckzentren angepasst werden

Schwierig gestaltet sich die Situation, wenn bestehende Deckzentren an die zu erwartenden neuen gesetzlichen Vorgaben angepasst werden müssen. Je nach betrieblicher Ausgangssituation, gekennzeichnet durch die Gebäudesituation, die Frage, ob mit der Umrüstung zugleich ein Wachstumsschritt getan werden soll und bzw. oder ob eine Erweiterung der Gebäude räumlich möglich ist und immissionsfachlich genehmigt werden würde, kommen unterschiedliche Strategien infrage.

In einigen Fällen wird es möglich sein, die bestehenden Deckplätze, die für eine fünf- bis sechswöchige Haltungsphase konzipiert waren (im 3-Wochen-Rhythmus für zwei Sauengruppen), in eine Drei-Flächen-Bucht für eine dreiwöchige Haltungsphase (im 3-Wochen-Rhythmus für eine Sauengruppe) umzuwandeln. Für die „weichende“ niedertragende Sauengruppe muss dann eine Wartebucht neu errichtet werden.

Nur wenige Betriebe werden ausreichend breite Gänge hinter den Fressliegeständen haben, um eine Verlängerung der Stände auf 2,20 m umsetzen zu können und gleichzeitig die Mindestgangbreite von 1,60 m bei Gruppenhaltung und einreihiger Standanordnung und 2 m bei zweireihiger Standanordnung sowie die für eine Gruppenhaltung geforderte Mindestbodenfläche je Tier nicht zu unterschreiten. In diesen Fällen würde die nötige Standverbreiterung der Fressliegstände auf im Mittel etwa 83 cm Achsmaß im Vergleich zu 65 bis 68 cm Achsmaß in der Ist-Situation zu einem Verlust von rund 20 % der Plätze führen. Es wäre dann aber eine Gruppenbucht in Form einer Zwei-Flächen-Bucht mit der Möglichkeit zur Einzelhaltung über mehrere Tage geschaffen.

Bei engeren Gängen und bzw. oder zu wenig Bodenfläche wäre lediglich die Umrüstung der Kastenstände auf die neuen Maße und eine Nutzung dieser Stände nur für die wenigen Tage der Einzelhaltung bis zur Besamung möglich. Für die Gruppenphase müssten neue Gruppenbuchten eingerichtet werden.

Wenn die Gänge hinter den Ständen zu schmal sind, um eine Standverlängerung ohne unzumutbare Nachteile für den Tier- und Personenverkehr vorzunehmen, könnte ein Verzicht auf den Trog und damit der Übergang zur Bodenfütterung eine Möglichkeit sein, um die Länge von 2,20 m für das Liegen in bestehenden Kastenstandlängen zu erreichen.

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