
Platz 3 beim Bayerischen Nutztierwohlpreis: Darüber konnte sich im vergangenen Jahr die Angstl-Nitsche GbR aus dem Landkreis Landshut freuen. Auf einen Aufruf im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt hin haben sich die jungen Landwirte und Unternehmer Dietmar Nitsche aus Freidling und Christian Angstl aus Gundihausen mit ihrer Bullenmast auf Stroh beworben und hatten Erfolg.
Der Jury und der Ministerin Michaela Kaniber gefielen nicht nur die Bedingungen, unter denen die Bullen gehalten und gemästet werden, sondern auch die Vermarktungswege, die sich die beiden Geschäftspartner mit Mut und Einfallsreichtum erschlossen haben.
Die beiden haben es geschafft, mehr Tierwohl auf vielen Tellern zu platzieren. Vier Kantinen konnten sie als Großabnehmer für ihre Strohbullen gewinnen. Dabei sind Kantinen ein preislich sehr schwieriges Feld, denn in solchen Einrichtungen wird meist mit einem geringen Budget kalkuliert.
Doch wie kam es überhaupt dazu?
Im Jahr 2015 übernahm Dietmar Nitsche den damals verpachteten Betrieb seiner Großmutter und beschloss, selbst wieder Bullen zu mästen. Der alte, klassische Bullenmaststall mit Spaltenaufstallung war aber in die Jahre gekommen und es war klar, dass etwas Neues geschaffen werden musste.
Nachdem sich Dietmar Nitsche einige Strohmastställe von Berufskollegen angesehen hatte, entschloss er sich, einen Tretmiststall im Stil eines Offenfrontstalles zu bauen. Von Beginn an war geplant, das Fleisch – so weit wie möglich – direkt zu vermarkten und er begann frühzeitig, mögliche Absatzmärkte auszukundschaften. 2019 nahm er den neuen Stall mit 70 Strohmastplätzen in Betrieb. Eingestallt werden Fresser, die er von regionalen Viehhändlern zukauft und dann in rund 13 Monaten zum fertigen Bullen ausmästet.
Kantine der Allianz ist dabei - Mengen unterschätzt
Bei der Suche nach Abnehmern schickte Nitsche auch eine E-Mail mit einem Angebot an die Kantine der Allianz in München, eine der größten Kantinen in München. Für nur 10 Cent mehr pro Portion Rindfleisch (auf 200 g gerechnet) könne man in der Kantine damit werben, auf Tierwohlfleisch zu setzen, lautete Nitsches Angebot. Er schaffte es, den Kantinenchef zu überzeugen.

„Etwas blauäugig war ich mit dem Angebot damals schon“, meint Nitsche schmunzelnd. „Denn als ich ausgerechnet habe, wie viele Portionen eines bestimmten Teilstückes aus einem Bullen zu erwarten sind und mit dem Bedarf der Kantine verglich, habe ich schnell realisiert, dass ich das mit meinen Mastbullen nicht stemmen kann.“ Trotzdem schloss er den Deal ab und bot einem befreundeten Landwirt, der nur sechs Kilometer weiter ebenfalls Bullen mästet, eine Zusammenarbeit an.
Zum Glück sagte Christian Angstl sofort zu, denn auch er hatte 2017 in einen Strohmaststall für 200 Bullen investiert. „Ich wurde dafür zu dem Zeitpunkt ziemlich belächelt, war mir aber sicher, dass es die richtige Entscheidung war.“ Die erste Zeit war hart, da er seine mit mehr Tierwohl und Aufwand erzeugte Bullen weitgehend nur zum regulären Preis vermarkten konnte.
Bullenmäster gründeten noch 2019 eine GbR
Die beiden Bullenmäster gründeten noch 2019 eine GbR, die für die Vermarktung der Bullen zuständig ist. „Wir waren damals weitgehend unwissend, was die Fleischvermarktung anbelangt, schließlich gingen unsere Bullen bisher immer auf den üblichen Wegen zum Schlachten“, erzählt Christian Angstl im Rückblick.
Die GbR kauft nun die Bullen von den beiden Betrieben ab, vermarktet diese und zahlt die Landwirte dann wieder aus. Außerdem gelang es den beiden findigen Unternehmern, sich einen eigenen Markennamen eintragen und patentieren zu lassen. Auch ein eigenes Logo ließen sie entwerfen. Unter der Marke „Bayerischer Strohbulle“ werden ihre Tiere seitdem verkauft.
Über einen Kumpel tat sich die Möglichkeit auf, die Bullen bei einer regionalen Metzgerei, im etwa 10 km entfernten Pfeffenhausen, die auch Lohnschlachtungen und Zerlegungen anbietet, schlachten, das Fleisch reifen und wie gewünscht vakuumieren zu lassen. Im Januar 2020 ging dann die erste große Fleischlieferung an die Allianz-Kantine.
Kuriose Erstlieferung
„Wir sind mit einem alten, rostigen Audi A4, vollgepackt mit Kühlkisten, nach München gefahren und standen verloren im Anlieferungsbereich der Kantine, der eher für große Kühllastwagen ausgelegt ist. Wir kamen uns an den Rampen ziemlich einsam vor und wären beinahe wieder weggeschickt worden, weil man dachte, wir hätten uns verfahren“, erzählen die beiden heute lachend. Doch am Ende klappte alles und der erste Erfolg konnte gefeiert werden. Statt der damals üblichen rund 3,60 €/kg wurden erstmals 4,10 € realisiert, die voll der GbR zugute kamen.
Alle zwei Monate ein Hofverkaufstag

Alle zwei Monate findet am Betrieb Nitsche außerdem ein Hofverkaufstag statt. Hier können private Haushalte vakuumiertes Fleisch auf Bestellung kaufen. Über die Verkaufstermine kann man sich bei Facebook und Instagram informieren und Preislisten anfordern. Es gibt Mischpakete aber auch individuelle Bestellungen sind möglich und werden entsprechend vorbereitet. Dafür wurde in eine Kühlzelle am Hof Nitsche investiert. Die Kunden kommen und können ihre Vorbestellung mitnehmen.
Da das Fleisch mit drei Wochen gut gereift ist und etwa zu Metzgerpreisen verkauft wird, stimmt auch hier die Nachfrage. „Wir bekommen für die Fleischqualität viel positives Feedback“, betont Dietmar Nitsche. Er ist überzeugt, wenn man hierzulande etwas mehr Zeit und Engagement in die Fleischreifung legen würde, wäre Fleisch aus Südamerika kein großes Thema mehr.
Der rostige Alt-PKW hat ausgedient
Für die größeren Auslieferungstouren wurde inzwischen ein Kühltransporter angeschafft, mit dem die beiden Unternehmer ihr Fleisch selbst ausfahren. Für den Transport der Bullen zum Metzger wurde ein Viehanhänger angeschafft. Im letzten Jahr konnten so 40 Bullen über die Marke „Bayerischer Strohbulle“ vermarktet werden. Und das trotz Coronapandemie, die schon kurz nach ihren ersten Erfolgen zuschlug. Kantinen und Gaststätten machten teils komplett dicht, der Absatz brach ein, erholt sich aber langsam wieder.
Die Unternehmer geben Auskunft
Der Weg, den Dietmar Nitsche und Christian Angstl gegangen sind, war nicht einfach. Und der obenstehende Beitrag kann sicher nicht die zwei Jahre, in denen die beiden ihr Konzept aufgebaut und umgesetzt haben, vollständig abbilden, gibt aber eine gute Orientierung.
Die beiden Betriebsleiter haben sich bereit erklärt, den Abonnenten des Wochenblattes für weitere Auskünfte zur Verfügung zu stehen. Wer noch mehr wissen möchte, ob zur Bullenhaltung oder den Aufbau der Vermarktungsschiene, dem bietet das Wochenblatt die Gelegenheit, persönlich bei beiden nachzufragen. Wir laden dazu am Freitag, 25. März, um 11 Uhr, zu einer Online-Fragestunde ein.
Wochenblatt-Redakteur Hans Dreier wird sie moderieren. Eine Anmeldung ist bis Donnerstag, 24. März um 12 Uhr, per E-Mail möglich unter: Karin.Otte@dlv.de. Die Teilnehmer erhalten dann eine Einladung. Die Teilnahme ist per Laptop oder Smartphone über das Web (Microsoft Edge, Google Chrome) oder mit der Teams-App möglich, die man sich kostenlos herunterladen kann.
