Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Tierwohl

Schweine wollen spielen

Prof. Steffen Hoy und Anika Strom, Universität Gießen
am Dienstag, 27.12.2022 - 13:00

Damit sich Schweine nicht an ihren Buchtenpartner austoben, brauchen sie attraktives Spielzeug - im Idealfall mit Belohnungseffekt.

Der Pellet- oder Trommelfeeder gehört zu den attraktivsten Spielzeugen, weil die Schweine mit Futter belohnt werden.

Im Aktionsplan Kupierverzicht ist ein Maßnahmen-Katalog zur Senkung des Schwanzbeiß-Risikos aufgeführt, der das Angebot verschiedener Beschäftigungsmöglichkeiten beinhaltet. Schweine beschäftigen sich allerdings lieber mit dem Buchtenpartner als mit einfachen Geräten zu spielen. Um die Tiere möglichst vom gegenseitigen Schwanzbeißen abzuhalten, werden attraktive Spielzeuge benötigt.

Die Herausforderung bestand darin, derartige Spielzeuge zu entwickeln, die für die Schweine interessant, aber zugleich auch robust, preisgünstig und wartungsarm sind. Auf der Lehr- und Forschungsstation Oberer Hardthof der Universität Gießen wurden diese Beschäftigungsmöglichkeiten untersucht.

Die Ferkel werden dort in einer Gruppengröße von meistens zwölf Tieren auf Kunststoffrosten gehalten und mit einer Spotmix-Fütterung versorgt. Wasser steht ad libitum über Nippeltränken zur Verfügung. Die Untersuchungen wurden an Ferkeln mit kupierten Schwänzen (Vater: Pietrain, Mutter: Landrasse-, Edelschwein-Sauen oder Hybriden aus beiden Rassen) mit einem Absetzalter von vier Wochen durchgeführt. Schwanzbeißen mit Schäden am Schwanz (das letzte Drittel wurde gekürzt) wurde nicht beobachtet. Routinemäßig sind zur Beschäftigung in jedem Abteil einfache Ketten sowie Wippen mit daran befestigten Ketten und Holzstücken vorhanden. Zusätzlich wurden folgende neue Spielzeuge getestet:

  • Spiegel und Spiegelspielzeug (Wochenblatt 17/2020),
  • Pellet- oder Trommelfeeder,
  • Leckball in zwei Größen und
  • Ketten.

Pelletfeeder und Leckball sind am beliebtesten

on_Abb.1_Spiegel-Spiegelspielzeug_B

Der Pelletfeeder wird manuell mit Pellets oder Maiskörnern gefüllt. Das Wasser im Leckball kann z.B. mit einer Gießkanne nachgefüllt werden. Das Verhalten der Ferkel wurde anhand von Videoaufnahmen in drei Durchgängen über die gesamte Aufzucht in drei Buchten analysiert. Insgesamt gingen demzufolge 108 Ferkel ein, und es wurden 180 Stunden mit fast 1200 Beobachtungswerten ausgewertet. Mit der Untersuchung wurde eine Reihenfolge der Beliebtheit der Spielzeuge für Absetzferkel nachgewiesen.

Dabei ließ sich eine deutliche Abstufung erkennen. Am wenigsten beliebt waren die routinemäßig in der Bucht vorhandenen Spielzeuge (Ketten mit Holzstück). Nur 4,2-mal pro halbe Stunde wurden sie genutzt. Mittelgradig attraktiv waren die Spiegelfolie (6,7-mal/30 min) und das Spiegelspielzeug (7,2-mal/30 min). Das Spiegelspielzeug wurde häufiger als die auf die Buchtenwand geklebte Folie genutzt. Der frei schwingende Spiegel besitzt auf beiden Seiten einen Griff, sodass die Ferkel zubeißen und mit dem Spiegelbild „kämpfen“ können.

Mit signifikantem Abstand am attraktivsten waren jedoch der Pelletfeeder und der Leckball, gefolgt von den Ketten in der Tränke. Die Belohnung mit Futter und Wasser ist die stärkste Motivation für Schweine.

Beim Pelletfeeder werden erst ab einer bestimmten seitlichen Stellung der Trommel einzelne Pellets ausdosiert. Die Ferkel lernen schnell, das Gerät zu bedienen. Sie müssen allerdings dafür „arbeiten“, um kleine Mengen an Pellets zu erhalten.

Beim Leckball werden die Ferkel mit Wasser belohnt, was dieses Spielzeug sehr attraktiv macht.

Beim Leckball schwimmt eine Gummikugel in Wasser. Durch Antippen dreht sich die Kugel und die Oberfläche wird mit Wasser benetzt. Das motiviert die Ferkel sehr stark, sich damit zu beschäftigen. Außerdem müssen die Tiere nicht erst lernen, wie der Leckball funktioniert. Das erklärt die hohe Nutzung dieses Gerätes.

Mit den Ketten in der Tränke können die Ferkel spielen und zugleich bei Bedarf saufen. Insofern sind sie attraktiv für die Ferkel. Die Ketten haben außerdem den großen Vorteil, dass jeder Ferkelerzeuger mit geringem Aufwand die Ketten aufhängen kann und dass sie fast wartungsfrei sind. Eine regelmäßige Kontrolle und gegebenenfalls Säuberung der Tränken sollte ohnehin stattfinden.

Die Verhaltensauswertungen fanden an je zwei Stunden am Vormittag (6 bis 8 Uhr) und an zwei Stunden am Nachmittag (13.30 bis 15.30 Uhr) statt. Es ist bekannt, dass die größte Aktivität von Schweinen am Nachmittag gezeigt wird – daher wurde die Beobachtungszeit so ausgewählt.

Höhere Aktivität am Nachmittag

Auch in der vorliegenden Untersuchung war die mittlere Zahl an Spielzeugnutzung pro halbe Stunde (über alle Spielzeuge hinweg) nachmittags mit 11,1-mal mehr als dreimal so hoch wie am Vormittag (3,4-mal). Am häufigsten wurde der Pelletfeeder zur Beschäftigung genutzt und zwar am Nachmittag 20,7-mal, und sogar vormittags 6,3-mal. Beim Leckball war der Unterschied zugunsten der Aktivität in den Nachmittagsstunden ähnlich deutlich.

Die Attraktivität nimmt im Verlauf der Aufzucht ab

Ketten sind in vielen Buchten angebracht, sie sind allerdings wenig beliebte Spielzeuge.

Die Attraktivität der Spielzeuge ging mit zunehmender Haltungsdauer zurück. Besonders beliebt waren Pelletfeeder, Leckball und Ketten in der Tränke zu Beginn der Aufzucht. Die Ferkel beschäftigten sich sehr häufig in der ersten Woche nach dem Absetzen mit diesen Spielmöglichkeiten.

Bis zum Ende der Aufzucht hin verminderte sich die Häufigkeit der Beschäftigung mit den Spielzeugen. Der Pelletfeeder wurde dabei jeweils mehr als doppelt so häufig wie die Ketten in der Bucht zur Beschäftigung genutzt. Beim Leckball und den Ketten in der Tränke war die Nutzung ähnlich häufig.

 

* Pflichtfeld. Mit der Anmeldung für den Newsletter haben Sie den Hinweis auf die Datenschutzhinweise zur Kenntnis genommen. Sie erhalten den forstpraxis-Newsletter bis auf Widerruf. Sie können den Newsletter jederzeit über einen Link im Newsletter abbestellen.

Auch interessant