Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Schafhaltung

Schäfer: „Die Ausbildung ist tot“

Landesversammlung
Helga Gebendorfer
am Freitag, 17.12.2021 - 08:05

Die Ausbildung der Schäfer und Meister, der Wolf und der Wollmarkt waren traurige Themen der Versammlung in Karlskron. Allerdings wurde auch auf die Leistungen der Schafhaltung und auf den positiven Lämmermarkt verwiesen.

Die Schafhalter-Förderung wird weitergeführt. Darüber freute sich Joseph Grasegger, Vorsitzender vom Landesverband Bayerischer Schafhalter (LV), bei der gemeinsamen Mitgliederversammlung von LV, Bayerischer Wollerzeugergemeinschaft (Woll-EG) und Erzeugergemeinschaft Bayerischer Schafhalter (EG) in Karlskron.

„Der Landesverband hat sich dafür eingesetzt, dass die Förderung ab 2023 für alle Schafhalter zugänglich ist“, erklärte er. Das bedeutet, auch der Haupterwerbsschäfer über einer Fördersumme von 100.000 € der Betriebsprämie kann diese beantragen. Auch die Kleinschafhalter ab 1 ha Grund oder sieben Schafen können einen Mehrfachantrag stellen und eine Förderung zwischen 32 und 35 € pro Tier und Jahr erhalten.

Stirbt der Beruf des Schäfers aus?

Neuwahlen EG

Bei seinem Jahresrückblick berichtete Grasegger von Gesprächen mit dem Präsidenten der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Stephan Sedlmayer und den Vertretern im Landwirtschaftsministerium Dr. Regina Eberhard und Eva Maria Eidelsburger, Friedrich Mayer und Personalverantwortlichen Georg Stark.

Hauptthema hierbei war die Aufrechterhaltung der Ausbildung der Schäfergesellen und Meister sowie die Personalsituation an der LfL für die Ausbildung und Stationsprüfung. „Die Ausbildung ist zurzeit tot und massiv in Gefahr. Wenn sie keine Zukunft hat, ist der Schäferberuf für ganz Deutschland ausgestorben“, stellte Grasegger fest und wies darauf hin, dass Bayern das einzige Bundesland ist, das noch regelmäßig Kurse anbietet. Genauso befürchtete der Vorsitzende, dass es künftig keine Schafzuchtberater mehr gibt. Mit der Ämterreform ist im Moment zumindest pro Regierungsbezirk noch ein Fachberater zugewiesen.

Bei den Gesprächen mit dem Veterinärwesen im Umweltministerium wurde die Aufhebung der Blauzungengebiete zur Sprache gebracht, die vielen Schäfern bei der Wanderschaft zu schaffen macht. Nach einem Antrag an die EU-Kommission wurden diese Restriktionen aufgehoben.

Defizite bei der Umsetzung des Wolfsmanagements

Weitere Probleme prangerte Grasegger in Sachen Wolf an, wozu bereits im März eine Videokonferenz mit der Landesanstalt für Umwelt (LfU) stattfand. Dabei wurden die verzögerte Umsetzung der Weideschutzzonen, welches Aufgabe der LfU ist, sowie die fehlende Besetzung des Beutegreifer-Telefons am Wochenende beanstandet.

Nach Ansicht des Verbandes muss ganz Bayern in das Fördergebiet aufgenommen werden, damit es allen Weidetierhaltern möglich ist, die Tiere zu schützen und der Wolf in den ungeschützten Gebieten nicht an die Nutztiere als Nahrungsquelle gewöhnt wird. „Die Weidetierhaltung muss höher gestellt werden als der Wolf. Die Biodiversität der Schafe ist höher als die der Wölfe“, fügte der Vorsitzende hinzu und freute sich über die sehr gute Teilnahme der Schäfer an der Demonstration „Ausgebimmelt“ in München.

Jeder Schäfer konnte einen Bock ersteigern

Ehrung

Zum Schluss teilte Grasegger mit, dass die Geschäftsstelle mit der Bayerischen Herdbuchgesellschaft endgültig zusammengelegt ist und die beiden Verbände dafür gesorgt haben, dass jeder Schäfer 2021 einen Bock online oder vor Ort ersteigern konnte, was auch nächstes Jahr der Fall sein wird.

Die Leistungen der Schafhaltung lobte in ihrem Grußwort Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel. „Die extensive Beweidung mit Schafen und Ziegen sichert Lebensräume für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten“, so die Politikerin, die besonders stolz auf die im Sommer eingeführte Schaf- und Ziegenprämie war, die auf ihre Initiative zurückgeht.

Nachdem Dr. Michael Siebenhütter von der Bayerischen Tierseuchenkasse mitteilte, dass der Beitrag stabil bleiben wird und ein Grundbeitrag je Tierhalter eingeführt werden soll, um den Verwaltungsaufwand für Kleinstbetriebe zu minimieren, wurde Dr. Stefan Völl, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL) willkommen geheißen. „Wir brauchen eine Stimme für die Weidetierhalter“, gab er zu bedenken, begrüßte die deutschlandweite Weidetierprämie, die es künftig von 2023 bis 2026 geben soll und wünschte sich eine schnellere Entnahme von auffälligen Wölfen.

Nach Auskunft von LV-Geschäftsführer Martin Bartl sind derzeit im LV 1424 Mitglieder organisiert. Im Hinblick auf die Eler-Verhandlungen zur GAP-Reform betonte er: „Wichtig ist, dass das Grundeinkommen der Schäfer erhalten bleibt.“ Dabei gibt es aber bisher zwei Baustellen: der Kannibalismus der Säule I und II sowie die Gefahr, dass die bayerischen Säule II-Programme zum großen Teil wegfallen. So könnte sich bei Kulap-Betrieben bzw. -flächen eine Förderlücke von 100 bis 200 € pro Hektar auftun. „Der LV bringt sich in den Verhandlungen ein und sucht nach Möglichkeiten, um diese Lücke zu schließen“, erklärte er.

Unerfreulicher Wollmarkt hofft auf Besserung

„Der Wollmarkt hängt am Weltmarkt und ist momentan nicht erfreulich“, berichtete Woll-EG-Vorsitzender Martin Brickel. So fielen die sehr hohen Wollpreise von 2019 in den letzten drei Jahren Stück für Stück immer weiter und bewegen sich momentan seitlich bzw. weiter nach unten. Im Frühjahr 2020 wurde für die Merinowolle 50 bis 60 Cent pro kg bezahlt. „Das tut einem im Herzen weh“, so Brickel, der auf Besserung hoffte und empfahl, bis dahin die Wolle trocken und sauber einzulagern. Wenn der Markt wieder anzieht, sind Qualität vor Masse sowie Merinowollen gefragt, bevor grobe Wollen folgen. Eine Alternative stellen Pellets für Schwanzwollen und minderwertige Wolle dar.
Das gemeinsame Projekt mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf „Locwool“ beschäftigte die Woll-EG im letzten Jahr. „Es ist unser Versuch, süddeutsche Wolle öffentlichkeitswirksam darzustellen, Verarbeitern anzubieten und zu etablieren“, verdeutlichte Brickel. Es wurde beim Patentamt angemeldet und verfolgt das Ziel, unabhängiger vom Weltmarkt zu werden und eine höhere Wertschöpfung zu erzielen.

Besser läuft es am Lämmermarkt

Zufrieden zeigte sich EG-Vorsitzender Robert Lechner hinsichtlich des Lämmermarktes. „Aufgrund rückläufiger Importe aus anderen EU-Staaten und aus Großbritannien konnte der Preis für deutsche Qualitätslämmer im laufenden Jahr auf einem erfreulich hohen Niveau von durchschnittlich 3,2 bis 3,4 €/kg Schlachtgewicht gehalten werden“, teilte er mit. In Spitzenzeiten waren für GQB- Lämmer sogar 3,75 €/kg SG zu erzielen. Allerdings bedauerte Lechner, dass sich Rewe aufgrund für das Unternehmen angeblich zu hoher Einkaufspreise aus der Vermarktung von deutschem Qualitätslammfleisch verabschiedete.

Nach dem Ausscheiden des erst im November 2020 eingestellten Geschäftsführers Julian Eggstein erklärte sich Walter Herreiner bereit, die Geschäftsführung erneut zu übernehmen. Nach über 32 Jahren Zugehörigkeit zur EG ging Renate Beiderbeck von der Geschäftsstelle in den wohlverdienten Ruhestand. Nachfolgerin ist Ingrid Schmid.
Herreiner berichtete ebenso über einen kontinuierlich guten Geschäftsverlauf im zu Ende gehenden Jahr. „Auch aktuell ist eine gute Nachfrage nach Lämmern vorhanden“, betonte er. Sorgen bereitet ihm allerdings die zurückgehende Qualität an den Sammelstellen, sodass er an die Schafhalter appellierte, die relativ guten Preise zum Anlass zu nehmen und durch Zufütterung bzw. frühere Einstallung die Qualität der angebotenen Schlachtlämmer zu erhöhen.

Neuwahlen des Vorstands

Vor der Neuwahl bedankte sich der Vorsitzende bei den scheidenden Ausschussmitgliedern Harald Müller, Anton Wunderlich, Quirin Fröwis und bei dem leider schon im Jahr 2020 verstorbenen Franz Vögerl für ihre Unterstützung und Mitarbeit in den letzten fünf Jahren.

Die Neuwahlen ergaben folgendes Ergebnis: 1. Vorstand Robert Lechner/Markt Berolzheim und 2. Vorstand Helmut Knöll/Wallersdorf. Beisitzer für die jeweiligen Regierungsbezirke sind Tobias Vögerl/Niederwinkling, Thomas Graf/Dietfurt, Franz Rupprecht/Fünfstetten und Gerald Heinlein/Wassertrüdingen. Geschäftsführer bleibt Walter Herreiner/Geiselhöring,
Zum Schluss wurde Schafzuchtberaterin Renate Baierlein, die im Juli in Ruhestand ging, zum Ehrenmitglied beim LV ernannt. Sie hat sich als Fachberaterin engagiert für die Belange der Schäfer eingesetzt. Darüber hinaus trug sie als Initiatorin und Mitbegründerin der Bayerischen Jungzüchter im Landesverband bedeutend zur Jugendförderung bei. Bei der Aus- und Fortbildung der Schäfer war sie stets über ihr berufliches Maß hinaus aktiv. Durch ihre Arbeit in verschiedenen Gremien und als anerkannte Spezialistin konnte sie durch ihr Mitwirken zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe beitragen.