Die Stallluftqualität ist ein großes Thema, und Atemwegserkrankungen gehören immer noch zu den häufigsten Erkrankungen in Nutztierställen“, so Dr. Jochen Schulz, Privatdozent der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo). Im Rahmen einer Online-Veranstaltung des Verbunds Transformationsforschung agrar Niedersachsen (trafo:agrar) wurden verschiedene Möglichkeiten der Desinfektion und Reinigung von Stallluft vorgestellt. Ziele der Luftreinigung sind die Emissionskontrolle, die Klimaanpassung sowie das Erregermanagement.
In der Luft von Nutztierställen sind neben Staub unter anderem Bakterien, Schimmelpilze und Toxine enthalten, wobei die Durchschnittskonzentrationen im Hähnchenstall deutlich höher sind als im Rinder- und Schweinebereich.
Technische Verfahren zur Luftreinigung im Stall
Um das Stallklima positiv zu beeinflussen, gibt es verschiedene Managementmaßnahmen (Fütterung, Güllebehandlung etc.) sowie Maßnahmen baulicher Art. Im Fokus der Veranstaltung standen die technischen Maßnahmen der Luftreinigung. Dr. Jochen Schulz nannte einige der aktuellen Verfahren:
- Bindung von Stäuben durch das Versprühen von Öl-Wassergemischen: Abhängig von Sprühintervall und der genauen Zusammensetzung des Gemisches liegt das Minderungspotenzial in untersuchten Schweineställen bei 50 – 90 %.
- Versprühen von Desinfektionsmitteln in die Luft. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, da Reizungen der Schleimhäute der Tiere auftreten können.
- Verdampfung von molekular hypochloriger Säure. Dieses neuartige Verfahren ist im Humanbereich (in gewissen Konzentrationen) zugelassen. Es gibt bereits erste Forschungsprojekte zur Desinfektion von Stallluft.
- Bei Versuchen der Luftreinigung durch Umluftfilter im Schweinebereich konnte durch einen 3-fachen Luftwechsel keine Verringerung der Keim- und Staubreduktionen festgestellt werden.
- Weitere technische Ansätze sind unter anderem die Oxidation, die Ionisation oder die elektrostatische Abscheidung. Bei der Entwicklung neuer Technologien würden jedoch oft die sehr hohen Staubfrachten in Nutztierställen unterschätzt, so Jochen Schulz.
EIP-Projekt „Mee(h)r im Stall“
Anschließend stellte Daniela Wunderl, Tierärztin und Doktorandin an der TiHo Hannover, das von der EU-geförderte EIP-Projekt „Mee(h)r im Stall“ vor. An dem Projekt beteiligt sind zwei konventionelle Hähnchenmastbetriebe aus Niedersachsen.
Auf beiden Betrieben gibt es jeweils einen Versuchs- und einen Kontrollstall mit je 33 500 bzw. 44 500 Broilern. Versuchs- und Kontrollstall sind baugleich und haben ein identisches Management. In den Versuchsställen wurden jeweils zwei verschiedene Anlagen eingebaut. In der Stallmitte unter dem Dach wurde zum einen eine geregelte, überwachte und kontrollierte Wasserstoffperoxid-Feinstverneblungsanlage eingebaut. „Diese ähnelt einer normalen Sprühkühlung“, so Wunderl.
Im Laufe der dreijährigen Projektphase werden verschiedene Sprühintervalle getestet. Wasserstoffperoxid zersetzt sich zu Sauerstoff und Wasser und ist, richtig angewandt, für Mensch und Tier ungefährlich.
Ionisatoren für gutes Stallklima
Zum anderen wurden in den Versuchsställen jeweils zwei Ionisatoren eingebaut. Gunter Heinrich von der Zentri-Jet GmbH erklärte, was es damit auf sich hat: „Die Luft im Gebirge, am Meer oder in der Nähe von Wasserfällen ist meist sehr sauber. Sie enthält viele negative Ionen, die gut für die Lungen und Immunsysteme von Mensch und Tier sind.“ Zu viele positive Ionen, wie sie in der Stadt oder auch im inneren von Gebäuden zu finden sind, wirken sich dagegen nachteilig auf die Gesundheit aus.
Mittels Ionisierung können große Mengen negativer Ionen erzeugt werden. Die Auswirkungen der Ionisation auf das Stallklima in Masthähnchenställen soll ebenfalls im Projekt „Mee(h)r im Stall“ untersucht werden. Die Projektergebnisse werden voraussichtliche Anfang 2025 vorliegen. Vorab werden bereits Zwischenergebnisse veröffentlicht.
Die im Projekt untersuchten Technologien können, sofern eine Emissionsreduktion belegt werden kann, auch als Minderungstechnologie laut TA Luft anerkannt werden. Möglich ist eine Anerkennung sowohl für Ammoniakemissionen als auch für Staub und/oder Geruch.