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Reitplatz

Reiten auf gutem Geläuf

Spaß beim Reiten hat man, wenn der Untergrund stimmt. Je nach Nutzungsrichtung gibt es beim Bau und bei der Pflege eines Reitplatzes einiges zu beachten.
Gisela Ehret
am Freitag, 21.10.2022 - 10:58

Eines der komplexesten Themen im Bau von Reitanlagen ist der Reitplatz. Am falschen Ende gespart, heißt Ärger ohne Ende. Die Lösung dafür ist: Überlegen, was man braucht und dann sorgfältig planen und gut bauen.

Fehlende Drainage: Ein Reitplatz darf keinesfalls morastig werden. Hier besteht Handlungsbedarf.

Kein Reitplatz ist wie der andere: Vom Untergrund über die Trennschicht bis zum Belag gibt es sehr viele Varianten. Genauso vielfältig sind die Anforderungen an einen Reitplatz. Marco Münster, Sachverständiger für Sportböden und Reitplatzbau, brachte beim sogenannten Ludwigsburger Abendgespräch Licht ins Dickicht.

„Sehr oft sind Reitplätze in schlechtem Zustand“, berichtet er und nennt auch den Grund. „Es wird an den falschen Ecken gespart.“ Er plädiert dafür, lieber genau zu planen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und entsprechend Geld in die Hand zu nehmen, um einen langfristig funktionierenden Platz zu bekommen.

Mit Material von Folgende Punkte berücksichtigen
Anspruchsvoller Bau: Der Untergrund, die Ent- und Bewässerung, der richtige Sand – damit der teure Reitplatz dann auch seinen Dienst leistet, kann sich die Investition in eine Fachfirma lohnen.

Folgende Punkte muss man bei der Planung zunächst berücksichtigen:

  • Art der Nutzung: Wird auf dem Platz hauptsächlich gesprungen, Dressur geritten oder longiert? „Wenn man allen Anforderungen gerecht werden will, bekommt man von allem nur das Mittelmaß, betont der Sachverständige und rät dazu, sich auf wenige Schwerpunkt-Disziplinen zu beschränken.
  • Nutzung: Wie oft wird der Platz von wie vielen Pferden beritten?
  • Qualität der Reitfläche: Wird sie nur fürs Freizeitreiten genutzt, wird darauf trainiert oder gar Turniere veranstaltet?
  • Baufläche: Wie ist der Untergrund? Gibt es Wasser- und Stromanschluss?
  • Budget: Wie viel kann ausgegeben werden?

Diese Fragen sind zu klären

Sind diese Fragen geklärt, muss der Systemaufbau geplant werden. Auch hier stellen sich Fragen:

  1. Ist der Baugrund tragfähig? Ein Reitplatz wird von schweren Pferden begangen und mit Traktoren befahren. Ist der Untergrund nicht tragfähig, braucht er eine künstliche Tragschicht. „Je schlechter der Boden, desto dicker muss die Tragschicht werden“, empfiehlt Münster. Für einen Platz der Standardmaße 20 x 40 Meter können dabei schon 10 000 € zusammen kommen. Günstiger sind Recycling-Materialien. Hier rät Münster jedoch zu Materialien mit einem Zertifikat aus dem Straßenbau. Keinesfalls sollte man Mischbauschutt wählen. Dieser kann sehr groben Müll enthalten.
  2. Ist der Baugrund wasserdurchlässig? Wenn nicht, wird die Tretschicht im Wasser schwimmen. „Nach unten hin sollte die Durchlässigkeit der Materialien immer höher sein als in den darüber liegenden Schichten“, erklärt Münster. Eine vertikale Entwässerung (in den Boden hinein) funktioniert dann nur über eine großporige Drainschicht und Drainagerohre. Günstiger im Bau ist die überwiegend horizontale Entwässerung mit einem Gefälle in der Tretschicht. Dieses Gefälle muss aber ständig aufrechterhalten werden, was erheblichen Pflegeaufwand bedeutet: Jede Senke und Mulde, jeder Huftritt muss egalisiert werden. Ein solcher Aufwand verursacht ebenfalls Kosten, warnt der Sachverständige. Außerdem muss auch hier der Baugrund genauso tragfähig sein.
  3. Sind Baugrund und Tretschicht filterstabil? Eine Tragschicht aus groben Schottersteinen darf sich nicht mit der feinen Tretschicht vermischen. Daher braucht es in den meisten Fällen eine Trennschicht.

Als Sonderform stellt der Experte die Einstau-Bewässerung vor, besser bekannt als Ebbe-Flut-System. Hier wird über eine technische Einrichtung mit Pumpe und Strom Wasser gespeichert und bei Bedarf an den Reitboden abgegeben. Dadurch hat der Boden immer die optimale Feuchte, allerdings ist dieses System kostenintensiv. In manchen Gegenden ist die Genehmigung zudem schwierig, weiß Münster.

Der beste Untergrund nutzt nichts, wenn die falsche Tretschicht gewählt wird. Die auf dem Markt angebotene Palette reicht von reinen Sand-Tretschichten über Sand mit Zuschlagstoffen bis zu Reitplätzen aus Holz-Hackschnitzeln oder Textil.

Tretschicht: Es gibt guten Sand – und schlechten

Sand ist der wichtigste Ausgangsstoff. Hier rät Münster, unbedingt auf die von der FLL empfohlene Sieblinie zu achten. Wichtige Parameter sind außerdem:

  • Kornform: Ein Sand mit ausschließlich runden Teilen rollt davon („Sandstrandeffekt“). Ein ausschließlich scharfkantiger Sand bietet gute Trittfestigkeit, aber eine schlechte Eindringtiefe und belastet damit die Gelenke. Optimal ist eine Mischung aus runden und scharfkantigen Körnern, oder aber ein spezieller kantengerundeter Sand.
  • Wassergehalt: Feuchter Sand ist sehr trittfest, trockener Sand rollt dagegen eher weg. Hierbei ist zu beachten: Jeder Sand und auch die Zuschlagstoffe werden durch den Beritt zerrieben, es entsteht Staub. Daher sollte jeder Reitplatz bewässert werden.
  • Zuschlagstoffe: Groß ist die Auswahl an Zuschlagstoffen für Sandböden. Gerade die synthetischen Zuschlagstoffe stehen mittlerweile stark in der Kritik, sind hierzulande aber noch nicht verboten und haben nach Münsters Ansicht durchaus noch „ihre Daseinsberechtigung“. Alternativen dazu stecken noch in den Kinderschuhen.

Gute synthetische Zuschlagstoffe können einen ungeeigneten Sand verbessern, urteilt er. Aber: Hier muss genau hingesehen werden. Es sollten nur sortenreine und schadstofffreie Materialien verwendet werden. „Jeder Reitplatzbauer, der etwas auf sich hält, verwendet nur ungefährliche Zuschlagstoffe“, betont der Sachverständige. Gleichzeitig mahnt er: „Bei jedem Baustoff, den Sie einkaufen, sollten Sie wissen, was Sie bekommen!“

Kunden sollten insbesondere für die Tretschicht Zertifikate einfordern. Mündliche Absprachen sind im Rechtsfall schwierig zu bewerten. Kunststoffe müssen beispielsweise ein Sicherheitsdatenblatt haben, in dem die Unbedenklichkeit belegt wird.

Die üblicherweise genutzten Vlieshäcksel bestehen aus PE und PP, beides chemische Stoffe, die auch im Haushalt verwendet werden – beispielsweise für Kochlöffel, Schüsseln und Kleidung. Sie sind nahezu schadstofffrei. Keineswegs sollte man aber zu billigen Mischungen aus Gummi, Schaumstoff, Plastikfolien etc. greifen, und auch nicht zu Teppichschnitzeln. „Das ist Müll!“, betont Münster.

Dran denken: Entsorgen kann teuer werden

Ebenfalls zu bedenken: Früher oder später ist jeder Reitbelag zu ersetzen. Entmischen lassen sich Sand und Zuschläge vom Betreiber des Reitplatzes nicht, und so kann die Entsorgung solcher Böden in die Zigtausende gehen. Manche Reitplatzbauer bieten an, die Reitbeläge im Entsorgungsfall für den Kunden mit speziellen Siebmaschinen zu entmischen, dann müssen nur die Zuschlagstoffe entsorgt werden.

Mikroplastik im Reitboden

60 % der Reitböden enthalten synthetische Zuschlagstoffe und so kommt das Thema Mikroplastik ins Spiel. Der Frage der Nachhaltigkeit und Umweltbelastung muss man sich daher beim Einbau solcher Materialien stellen. Der Kunststoff verbleibt ja nicht nur auf dem Reitplatz – er wird zerrieben, gerät in Gewässer, wird über die Pferdehufe oder die Pferdeäpfel beim Abmisten ausgetragen und anschließend auf Felder ausgebracht.

Mancherorts sind synthetische Zuschlagstoffe in Reitböden daher bereits verboten. Die Europäische Chemikalienagentur ECHA schlägt vor, den absichtlichen Einsatz von Mikroplastik ganz zu verbieten. Wie das ausgeht, ist ungewiss.

Alternativen zur Synthetik gibt es bereits: Manche Reitplatzbauer und Anwender haben gute Erfahrungen beispielsweise mit Zuschlägen aus Baumwolle, Jute oder Bambus gemacht. Die Lebensdauer dieser Stoffe ist noch nicht ganz erforscht, sie liegt aber in jedem Fall unter jener von Kunststoffen. Sie verursachen dadurch mehr Aufwand und sind teurer. Auch Holz wird seit vielen Jahren erfolgreich als Zuschlagstoff eingesetzt, muss aber ebenfalls häufiger ausgetauscht werden, da es verrottet. Das alles sind weitere Gründe, den Reitplatzbau sehr sorgfältig zu planen.