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Weidemanagement

Mit richtiger Weidehaltung: So sparen Landwirte Produktionskosten

Der Aufwuchs ist das Futter: Weideprifs nutzen den idealen Vegetationsstand auf ihren Flächen optimal für die Verwertung durch das Vieh. Das bringt neben wirtschaftlichen, auch arbeitstechnische Vorteile.
Siegfried Steinberger
am Dienstag, 28.02.2023 - 12:04

Grasende Rinder geben nicht nur ein schöne Bild ab, das für ein besseres Image der Tierhaltung stehen kann, die Weidehaltung bietet auch deutliche wirtschaftliche Vorteile. Doch was macht den wirklichen Weideprofi aus?

Milchauszahlungspreise von über 50 Cent je kg Milch könnten die Milchbauern optimistisch stimmen. Allerdings steigen auch die Produktionskosten, vor allem für Energie und Kraftfutter. Die aktuellen politischen Entwicklungen lassen hier einen weiteren stark steigenden Trend erwarten. Doch wie kann man dem entgegenwirken?

Können sich die Rinder von Vegetationsbeginn bis zum Herbst auf der Weide ohne Zufüttern von Grobfutter ernähren, so entfallen für diese Zeit jegliche Kosten für die Konservierung und Futtereinlagerung. Im günstigsten Fall entfallen für die Weideflächen die Kosten für Mähen, Zetten, Schwaden, Häckseln, Transport und Einlagerung für bis zu sieben Schnitte im Jahr. Gleiches gilt auch für die Ackerfuttererzeugung, da nur noch für die Winterperiode Maissilage erzeugt werden muss. 

Ein konsequentes Umsetzen der Kurzrasenweide ermöglicht eine weitgehend verlustfreies Nutzen des Aufwuchses. Gleichzeitig entfallen bei Vollweidehaltung die täglichen Arbeiten am Silo, sowie der Futterbereitung, der Stallpflege und die anteilige Gülleausbringung. 

Weidegras zum optimalen Zeitpunkt nutzen

Nicht abgestimmt: Bei zu hohem Futterangebot bilden sich sogenannte Fressinseln.

Der Erfolg stellt sich allerdings nicht von allein ein: Das Weidegras ist im Drei-Blatt-Stadium zu nutzen. Das bedeutet, eine Stängelbildung wird verhindert. Der optimale Nutzungszeitpunkt von Weidegras ist im 2,5-3-Blatt-Stadium. Dadurch steht dem Rind ein hochverdauliches Futtermittel zur Verfügung. Gleichzeitig entspricht dieser Nutzungszeitpunkt dem natürlichen Fressverhalten eines Rindes. Steht einem Rind auf der Weide ein Futterüberangebot bereit, so werden entsprechende Fressinseln gebildet, in welchen der Aufwuchs stets im Blattstadium abgeweidet wird. Nicht gefressene Bereiche gehen in die Stängelbildung und werden von den Weidetieren gemieden. 

Weideführung als Kurzrasenweide

Eine professionelle Weidehaltung muss den Ansprüchen des Grünlandes (Narbendichte und -zusammensetzung, Verunkrautung, Trittschäden etc.), des Tieres (hohe Futterqualität und -kontinuität, Verdauungsvorgängen, Tierwohl etc.), der Arbeitswirtschaft und v. a. auch der Ökonomik des Verfahrens gerecht werden. Die größte Schnittmenge zwischen den Forderungen wird durch eine konsequente Weideführung als Kurzrasenweide erreicht. Kurzrasenweide wird in der Regel als Standweide geführt. Dabei kann man dies auch auf mehreren Koppeln erreichen,wenn diese regelmäßig beweidet werden. Das Ziel ist stets, dass auf der Weide der tägliche Futterzuwachs mit dem täglichen Futterverzehr übereinstimmt. Nur so wird der optimale Nutzungszeitpunkt optimal eingehalten und die Futterverluste auf der Weide minimiert. Dies erfordert ein flexibles Anpassen der Besatzstärke.

Zur Bestimmung der optimalen Besatzstärke ist eine konsequente wöchentliche Aufwuchshöhenmessung anzuraten. Dabei wird auf der Weidefläche eine visuelle Messstrecke festgelegt und alle zehn Schritte eine Messung (Deckelmethode siehe Bild) durchgeführt. Es werden dabei kurz abgefressene sowie vorhandene Geilstellen erfasst. Im Mittel sollte sich der Auf-wuchs innerhalb 4 - 7 cm befinden. Der ständige Verbiss fördert die Bestockung der Gräser und unterdrückt aufkommendes Unkraut. Das gedrungene Wuchsverhalten der Gräser bei Dauerbeweidung ermöglicht einen ständigen Wiederaustrieb, da die Assimilationsfläche bis zur Halmbasis reicht.

Steht ausreichend Weidefläche zur Verfügung, kann ab Mitte/Ende April in der Regel auf Vollweide umgestellt werden, d. h. jegliche Zufütterung (Ausnahme Mineralfutter) im Stall entfällt. Da Weidegras das kostengünstigste Futter darstellt, sollte nach Möglichkeit so viel wie möglich geweidet werden. Jegliches Zufüttern von Grob- bzw. Kraftfutter verdrängt Weidegras.

Zufütterung verdrängt Weidegras

Es ist zu erkennen, dass eine Futterergänzung bei Weidehaltung zu keiner zusätzlichen Futteraufnahme führt. Im Gegenteil: Steht ausreichend Weidegras zur Verfügung wird dies durch eine Zufütterung von Grobfutter nahezu 1:1 verdrängt. Bei einer Ergänzung mit Kraftfutter ist dies in erster Linie von der eingesetzten Menge und dem Laktationsabschnitt abhängig. Man beachte allerdings, vor allem bei den aktuell herrschenden Preisen, den zu erwartenden Nutzen, wenn gutes Weidegras annähernd den Energiegehalt von Kraftfutter aufweist.

Mit der Deckelmethode misst man den Aufwuchs.

Betriebe, welche auf Grund fehlender arrondierter Weidefläche auf Zufütterung im Stall angewiesen sind, sollten dringend auf „blanken“ Barren „kontrolliert satt“ füttern. In der Regel wird hierbei eine Nachtweide umgesetzt und am Tag im Stall Grobfutter und Kraftfutter ergänzt. Dabei ist es wichtig, dass am frühen Nachmittag das Futter im Stall aufgefressen ist und die Tiere „hungrig“ auf die Weide gehen, um eine befriedigende Weidefutteraufnahme zu erzielen. Betriebsleiter, welche diesen Rat nicht beherzigen, werden ansonsten gezwungen sein, mehrmals in der Vegetationsperiode Reinigungsschnitte oder Flächenmulchen durchzuführen. Dadurch steigen die Kosten und die Futterverluste der Weidehaltung drastisch an. Die ökonomischen Vorteile schwinden, ja sie können sogar ins Gegenteil umschlagen.

In diesem Zusammenhang soll auch auf die zu erwartenden Entwicklungen sogenannter Bewegungsflächen (Joggingweiden) hingewiesen werden. Halten sich die Tiere auf einer kleinen Fläche vorwiegend nur zur Bewegung, insbesondere zum Abliegen auf der „Weide“ auf, so wird sich der Nährstoffentzug minimieren, da der Aufwuchs relativ stark verschmutzt und die Tiere „satt“ sind. Nach dem Aufstehen wird verstärkt Kot und Harn von den Kühen abgesetzt. So kommt es mittelfristig zu einer Nährstoffanreicherung im Boden.

Nach geltender Düngeverordnung darf bei Versorgungsstufe D (hoch) nur noch die Hälfte des Nährstoffentzuges (P, K) gedüngt werden. Bei Versorgungsstufe E (sehr hoch) ist jegliche Düngung untersagt. So laufen Betriebsleiter Gefahr, dass diese hofnahen Flächen mittelfristig aus der „Beweidung“ ausscheiden. Dies ist vor allem bei der Umsetzung der aktuell gültigen EU-ÖKO Verordnung bzw. aktuellen Haltungsstufen zu berücksichtigen.

Stundenweide und Vollweide im Vergleich

Im ökologisch bewirtschafteten Lehr- und Versuchszentrum Kringell wurde über drei Jahre ein Systemvergleich zwischen Stundenweide (Stallherde) und ganzjähriger Kalbung und Vollweide mit Winterkalbung (Weideherde) im System der Kurzrasenweide durchgeführt. Aus der Tabelle 3 sind die Ergebnisse ersichtlich. Die Milchleistung der Stallherde liegt um 1300 kg höher bei einem um 16,5 dt/Kuh und Jahr höherem Kraftfuttereinsatz. Grobfutterleistung und die kalkulierte Flächenleistung war in der Weideherde höher. Ökonomisch war die Weideherde im Vorteil.

  • In Zeiten steigender Produktionskosten, erhöhter Umweltauflagen, beschränkter Ressourcen und gesellschaftlichem Wandel gewinnt die effiziente, verlustarme Nutzung des Grünlandaufwuchs mehr und mehr an Bedeutung.

  • Eine konsequente Weideführung als Kurzrasenweide hat sich hierzu auf vielen Betrieben hervorragend bewährt.

  • Vollweidebetriebe, welche ihren gesamten Rinderbestand – bei Verfügbarkeit geeigneter hofnaher Flächen – während der Vegetationsperiode auf der Weide halten, können sich 40 Prozent der anfallenden Kosten für Silagewerbung und Gülleausbringung sparen.

  • Der größte Vorteil ist neben der wirtschaftlichen Verbesserung in dem Zugewinn an Arbeits-, Lebensqualität und verbesserten Reputation zu finden.

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