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Tiergesundheit

Pferdezucht: Tupfern wird oft unterschätzt

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Caroline Rezabek, Tierärztin
am Montag, 26.10.2020 - 08:57

Von der Belegung der Stute bis zum gesunden Absetzer gibt es viel zu beachten. Wichtig ist schon die Hygiene vor dem Decken, also dass die Stute getupfert wird. Sonst können sich Hengste und Fohlen mit Krankheiten infizieren.

Auf einen Blick

  • Vor Beginn der Zuchtsaison sollen Hengst und Stute untersucht werden. Wichtig ist, die Stute mit einer Tupferprobe auf pathogene Keime und CEM zu testen.
  • Nach der Geburt sollen Stute und Fohlen vom Tierarzt untersucht werden.
  • Während der Laktation benötigt die Stute meist eine Energiezulage über Kraftfutter. Diese sollte langsam gesteigert werden.

Hengst und Stute untersuchen

Zur Gesunderhaltung und erfolgreichen Trächtigkeit sollen vor Beginn der Zuchtsaison Hengst und Stute untersucht werden. Hengststationen setzen eine mikrobiologische Tupferprobe auch bei Stuten meist voraus. In etwa 26 Prozent der entnommenen Tupferproben können krankmachende Keime nachgewiesen werden.

Bei der Stute wird idealerweise während der Rosse ein Abstrich („Tupferprobe“) aus der Gebärmutter und dem Muttermund entnommen. Um eine Endometritis zu vermeiden und eine erfolgreiche Trächtigkeit zu ermöglichen, muss beim Nachweis von Genitalinfektionen eine Behandlung der Stute erfolgen.

Bakterien sind auch fürs Fohlen gefährlich

Geburt bei Karl Weber

Durch die Tupferprobe werden vorhandene pathogene Keime identifiziert, ein Antibiogramm zur gezielten Antibiotikagabe angefertigt und weitere therapeutische Maßnahmen festgelegt. Nach Beendigung der Therapie wird zehn Tage später eine erneute Tupferprobe durchgeführt, um den Behandlungserfolg sicherzustellen. Unterschieden wird die zuchthygienische Untersuchung (Nachweis von Keimen wie ß-hämolysierenden Streptokokken, E. coli, Klebsiella sp., Pseudomonas aeruginosa oder Pilzen) und der Nachweis von CEM (Kontagiöse Equine Metritis durch den Erreger Taylorella equigenitalis). Hengste erkranken nicht an CEM, sind allerdings Träger und Verbreiter der Krankheit. Weniger als 0,1 % der Tuperproben von Stuten weisen einen positiven Befund von CEM auf. Daher wird meist eine zuchthygienische Untersuchung ohne CEM-Nachweis durchgeführt. Auch für das ungeborene Fohlen können bestimmte Bakterienstämme gefährlich werden.

B_2_Follikelkontrolle mittels Ultraschall

Bakterielle Infektionen können symptomlos verlaufen. Daher ist es sehr wichtig, ausnahmslos alle zu bedeckenden Stuten vor der Belegung mittels Tupferprobe zu untersuchen. Aus medizinischer Sicht bedenklich ist, dass einige Zuchtverbände auf eine Tupferprobe bei Bedeckung in der Fohlenrosse verzichten lassen. Auch Maidenstuten sollten getupfert werden, denn auch sie können bereits an Genitalinfektionen erkranken, z. B. durch einen mangelnden Schamschluss oder deckende Wallache.

Im Rahmen der Probennahme können auch die Geschlechtsteile von Hengst und Stute untersucht werden. Liegen Schleimhautentzündungen vor, können diese z. B. durch das Equine Coitalexanthem (ECE) verursacht werden. Dies ist eine ansteckende Erkrankung durch das Equine Herpesvirus Typ 3. Die Impfung gegen das Equine Herpesvirus umfasst diesen Virentyp nicht. Stuten, die genitalen Ausfluss zeigen, abortieren oder nicht erfolgreich bedeckt werden konnten, sollten auch auf weitere Erkrankungen untersucht werden.

B_4_Nachgeburt

Eine erfolgreiche Belegung kann auch durch speziell mineralisierte Zusatzfuttermittel erhöht werden. Speziell Carotin hat eine positive Wirkung auf die Eierstöcke. Diäten und abrupte Futterumstellungen sind zu vermeiden, insbesondere in den drei Wochen vor und acht Wochen nach Belegung. Nicht nur bei tragenden und laktierenden Stuten sollte besonders der Übergang von der Heufütterung im Winter auf die Grasfütterung durch die beginnende Weidesaison sehr vorsichtig gestaltet werden. Übergewicht sollte bei tragenden Stuten langsam über den Sommer hinweg abgebaut werden, da es Schwergeburten begünstigt.

Der Energiebedarf der Stute steigt erst im letzten Drittel der Trächtigkeit um etwa das 1,5-fache, bis dahin ist es weder nötig noch sinnvoll, zusätzliches Kraftfutter zu füttern.

Das Fohlen darf nicht an den Leckstein kommen

Nach der Geburt benötigt die Stute meist eine Energiezulage über Kraftfutter, welches in den ersten zwei Wochen langsam gesteigert werden soll. Das Kraftfutter der Stute und Salzlecksteine müssen für Fohlen unzugänglich verabreicht werden. Stallwechsel sollten mindestens zwei Wochen vor der Geburt und frühestens vier Wochen nach der Geburt erfolgen, um eine Anpassung an die stallspezifische Keimflora zu ermöglichen.
Neben der Tupferprobe gibt es noch weitere Vorsorgemaßnahmen, um eine problemlose Trächtigkeit und ein vitales Fohlen zu begünstigen. Um eine Zwillingsträchtigkeit auszuschließen soll 14 – 17 Tage nach der Trächtigkeit eine Ultraschalluntersuchung erfolgen. Dieser Zeitpunkt ist ideal für einen Trächtigkeitsabbruch oder die Reduktion einer Zwillingsträchtigkeit. Zwillingsträchtigkeiten sind unerwünscht, da sie meist zum Abort oder zur Frühgeburt nicht lebensfähiger Fohlen führen. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Fohlen lebend und gesund geboren werden, ist äußerst gering.
Generell soll am Tag der Geburt eine tierärztliche Untersuchung von Fohlen und Stute erfolgen. Hier wird die Stute auf Geburtsverletzungen hin untersucht und die Nachgeburt auf Vollständigkeit und Auffälligkeiten. Geht die Nachgeburt nicht innerhalb von drei Stunden nach Geburt ab, muss ein Tierarzt hinzugezogen werden. Im Gegensatz zu Kühen sind Stuten sehr empfindlich gegenüber Folgeerkrankungen durch Nachgeburtsverhalten. Diese können Infektionen, Fieber bis hin zu Hufrehe und auch den Tod der Stute zur Folge haben.

Nabel nach der Geburt mehrfach prüfen

Das Fohlen wird ebenso sehr eingehend untersucht. Auch die Kolostrumaufnahme und der Abgang des erstens Kots werden festgestellt. Sollte der erste Kotabsatz („Darmpech“) noch nicht erfolgt sein, kann der Tierarzt diesen mittels eines Einlaufs erleichtern. Besonders der Nabel stellt eine große Eintrittspforte für Keime dar. Deshalb ist eine Desinfektion und Kontrolle des Nabels sehr wichtig.
Die sogenannte Fohlenimpfung darf nicht verwechselt werden mit Impfungen beim erwachsenen Pferd. Regional sehr unterschiedlich versteht sich darunter eine Injektion von Antibiotika, Fohlenlähme-Serum, Immunstimulantien oder Injektionen mit Selen, Vitaminen oder Tetanus-Serum etc. Die aktuellen Empfehlungen sprechen sich allerdings bei gesunden Fohlen gegen eine einmalige Injektion von Antibiotika aus, da diese die Bildung resistenter Keime begünstigt.
Angeborene Fehlstellungen wie z. B. eine Sehnenverkürzung oder sehr schwache Sehnen und Gliedmaßenfehlstellungen können in den ersten Lebenstagen am besten behandelt werden. Deshalb sollte man das Fohlen daraufhin kontrollieren. Es sollte innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt stehen können und nach spätestens zwei Stunden auch saufen.
Die Kolostrumaufnahme des Fohlens ist von sehr großer Bedeutung für seine Immunabwehr, da Fohlen weitgehend ohne Antikörper geboren werden und diese erst mit der ersten Milch aufnehmen. Durch Schutzimpfungen der Mutterstute während der Trächtigkeit kann das Fohlen spezifische Antikörper über die Milch aufnehmen, z. B. gegen Wundstarrkrampf (Tetanus), Influenza oder Equines Herpesvirus.

Kolostrumaufnahme unbedingt beachten

Im Zeitfenster von 14 –16 Stunden nach der Geburt kann mittels eines Schnelltests überprüft werden ob das Fohlen ausreichend Antikörper durch die Muttermilch erhalten hat. Bereits 16 Stunden nach der Geburt beginnt sich die Darmschranke des Fohlens zu schließen. Das bedeutet, dass lebenswichtige Antikörper aus der Milch nicht mehr ins Blut des Fohlens gelangen können. War die Aufnahme unzureichend, kann über eine Plasmatransfusion das Überleben des Fohlens und eine verminderte Infektanfälligkeit begünstigt werden.
Die ersten Fohlen einer Stute und Hengstfohlen haben nicht selten Startschwierigkeiten beim Saufen. Die Stute kann abgemolken und mittels Fläschen dem Fohlen Kolostrum eingegeben werden. Bei unzureichendem Saugwillen kann der Tierarzt eine Nasenschlundsonde setzen und Kolostrum eingeben. Wird tiefgefrorenes Kolostrum verwendet, darf es nur im Wasserbad und nicht in der Mikrowelle erwärmt werden. Bei mutterlosen Fohlen muss das Tränken, je nach Alter, zwölf- bis sechsmal täglich erfolgen.
Die meisten Fohlen zeigen ungefähr eine Woche nach der Geburt etwas Durchfall. Dies hat nichts mit der Fohlenrosse der Stute zu tun, wie oft geglaubt wird, sondern erklärt sich durch die Anpassung der Darmflora des Fohlens, welche in etwa der gleichen Zeit wie die erste Rosse der Stute geschieht. Das Fressen von Kot der Mutterstute scheint die Besiedelung der Darmflora mit Bakterien zu begünstigen und ist daher als normal anzusehen. Durchfallerkrankungen, die beim etwas älteren Fohlen auftreten, sollten ernst genommen und behandelt werden. Mögliche Ursachen können neben Infektionen (z. B. Rotaviren, Salmonellen, Clostridien oder Parasiten) sowie die Aufnahme von Sand, Stroh, Salz oder übermäßigem Trinken sein.
Da Fohlen und Jungpferde noch kein voll trainiertes Immunsystem haben, sind sie anfälliger für Spulwürmer und andere Parasiten. Sie sollten deshalb mit sechs bis acht Wochen erstmalig entwurmt werden. Ein starker Spulwurmbefall kann den Darm verstopfen und zu sehr lebensbedrohlichen Koliken führen. Daher muss vor allem in den ersten Lebensjahren eine regelmäßige Entwurmung erfolgen.
Das Absetzen kann stressfreier gestaltet werden, wenn dies nicht zu abrupt und mit einem direkten Stallwechsel und Futterwechsel verbunden wird. Um die Skelettentwicklung zu fördern, ist eine sparsame Kraftfutterfütterung und die tägliche Bewegungsmöglichkeit von großer Bedeutung. Große Kraftfuttermengen bei Aufzuchtfohlen begünstigen Erkrankungen der Gelenke.
Impfungen gegen Tetanus, Influenza und weitere Erkrankungen sollten nur in Ausnahmefällen vor dem sechsten Lebensmonat erfolgen. Bis dahin können über die Muttermilch aufgenommene Antikörper die Wirkung der Impfung beeinträchtigen. Bei unklarem Impfstatus der Mutter kann das Fohlen schon ab dem 4. Lebensmonat auf Antikörper untersucht werden und ein individuelles Impfschema angepasst werden.

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