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Bewegungsställe

Pferdehaltung - Freunde dürfen zusammenbleiben

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Andrea Tölle
Andrea Tölle
am Dienstag, 24.04.2018 - 10:59

In der Gruppenhaltung kann jedes Pferd individuell gemanagt werden.

In der Pensionspferdehaltung geht der Trend zu Bewegungsställen. Waren die Einsteller noch bis vor ein paar Jahren damit zufrieden, dass die Pferde einen Unterstand auf einer Wiese haben und täglich gefüttert werden, sind die Anforderungen gestiegen. Vor allem in den letzten fünf Jahren entwickelten die Firmen Schauer und Hit aktiv Stallungen, in denen die Pferde dazu animiert werden sich mehr zu bewegen. Auch das bisher vor allem in Offenställen häufige Problem vieler übergewichtiger Pferde ist hier nicht vorhanden. Denn die Futtermenge kann genauso individuell zugeteilt werden wie in der Boxenhaltung. Der Pferdebesitzer bestimmt welche Menge an Kraft-, Mineralfutter und Heu sein Pferd zu fressen bekommt und wie lange es auf die Koppel darf, der Stallbesitzer programmiert das ein – und der Computer regelt alles.

Zur Erkennung können die Pferde mit einem 23 mm-Implantat im Hals gechipt werden. Der bei der Fohleneintragung implantierte Chip mit 13 mm hat dafür eine zu geringe Reichweite. Wer sein Pferd nicht mit einem zusätzlichen Implantat versehen will, kann den Transponder auch in die Mähne einflechten oder dem Pferd ein Halsband mit einem Chip anlegen. Seit einiger Zeit bieten einige Ställe auch Chips an einem Fesselband an.

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So werden die Pferde in den Futterstationen erkannt. Die Stationen dienen als Sortierschleusen. Man kann z. B. eingeben, dass die Pferde nach der Kraftfutterstation in die Heuhalle dürfen, wo sie ad libitum fressen können. Dies kann man zeitlich begrenzen und den Zugang zur Heuhalle für ein Pferd nur von 16 bis 18 Uhr gestatten. Ansonsten werden die Pferde in den Stallbereich gelenkt, wo es nur Stroh zu fressen gibt. Von dort haben sie dann z. B. Zugang zu einer Raufutterstation, die ebenfalls selektiert. Allerdings rät Carola Brandt, Verkaufsleiterin der Firma Schauer, dazu, gerade beim Heu so wenig wie möglich aus der Station zu füttern, da Pferde gerne miteinander fressen wollen. Und weil Brandt ihre Pferde gut kennt und das Programm es hergibt hat sie den Computer so programmiert, dass immer die Tiere zusammenkommen, die sich gerne mögen.
Dass die Pferde immer wieder zum Ausgangspunkt zurückkommen liegt daran, dass hier die Tränke ist. Bei der Programmierung ist man sehr flexibel und kann die Zeiten auch kurzfristig ändern. So kann man z. B. nach einer Sedierung eine Futterpause programmieren. Für Brandt, die selbst einen Bewegungsstall mit 24 Pferden in Pastetten betreibt, ist das Arbeiten mit dem Computer ideal. „Wenn die Einsteller eine Änderung wünschen und mir eine WhatsApp schicken, kann ich diese sogar von einer Messe aus schnell umprogrammieren. Außerdem kann ich übers Handy ganz einfach und zeitlich sehr flexibel kontrollieren, ob alles passt“, sagt Brandt.
Praktisch ist, dass man auch kont-rollieren kann, welches Pferd schon wie viel gefressen hat und sich anschauen kann, wo sich ein Pferd die letzten 24 Stunden aufgehalten hat. „Obwohl in der 24-köpfigen Herde alle Pferde in einem Stall stehen gibt es nichts, auf das man nicht eingehen könnte. Ich habe z. B. bei einem sehr leichtfuttrigen Pferd derzeit einprogrammiert ‚Raufutter ohne Koppel‘“, berichtet die Stallbetreiberin.
Der Computer berechnet die zugeteilte Kraftfuttermenge danach wie oft ein Pferd in den letzten zwei Tagen in der Kraftfutterstation war. Je öfter es vorbeikommt desto kleiner sind die Rationen. Da alte Pferde nach der Erfahrung von Carola Brandt nicht so oft in die Station gehen, hat sie hier manuell die einzelnen Portionen größer einprogrammiert. Und die Pferdehalter profitieren z. B. von arbeitswirtschaftlichen Aspekten, die in die Planung eines Bewegungsstalles mit einbezogen werden.

Berittpferden kann man das Futter so einstellen, dass sie nicht gerade vollgefressen sind, wenn der Trainer kommt. „Aber bei diesem System fressen sich die Pferde nicht richtig voll“, meint Brandt und verweist darauf, dass es auch in ihrem Betrieb so gut wie nie Schlundverstopfung gibt, weil das Kraftfutter langsam eindosiert wird und in Intervallen gefüttert wird, die ebenfalls individuell eingestellt werden. So erhält z. B. die 28-jährige Kalinka ihr Futter in 30-sekündigen Intervallen, damit sie in Ruhe kauen kann während die neue junge Stute Fior, die noch sehr hektisch ist, jede Sekunde eine Portion bekommt, bis sie im Automaten ruhiger geworden ist. Die Pferde sollen lernen ruhig zu fressen. Eine Portion ist eine Schneckenumdrehung des Zuteilers und bringt ca. 10 bis 20 Körner. Ebenfalls einprogrammiert ist, wie lange Pferde nach der letzten Portion in der Station bleiben dürfen, Dauerparker erhalten erst das Zeichen, dass der schwenkbare Trog zurückfährt, dann gibt es ein Piepen und wenn das nichts hilft wird das Pferd mit einer Gerte herausgetrieben.

Praktisch ist, dass es für jedes Pferd ein Fressprotokoll gibt. Auch dass man anhand einer Grafik einen schnellen Überblick über das Fressverhalten aller Pferde bekommt. ist sehr hilfreich. War ein Pferd länger nicht mehr beim Fressen, muss man nach dem Rechten sehen. Der Grund dafür kann sogar sein, dass es sich auf der Koppel in seiner Winterdecke verheddert hat. Obwohl Brandt kein Freund von eingedeckten Pferden in Offenställen ist, geht sie – wie auch bei der Futterzuteilung – auf die Kundenwünsche ein. Andrea Tölle