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Pferdehaltung

Wenn Pferde kotzen könnten

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Mag. Caroline Rezabek, Tierärztin
am Mittwoch, 26.02.2020 - 13:52

Pferde können sich nicht übergeben. Rinnt Futterbrei aus Maul und Nüstern, stammt dieser meist nicht aus dem Magen sondern von einem Hindernis in der Speiseröhre, man spricht dann von der Schlundverstopfung.

Auf einen Blick

  • Bei einer Schlundverstopfung können Futtermittel in die Luftröhre gelangen, was eine Lungenentzündung zur Folge haben kann.
  • Der Tierarzt kann bei einer Schlundverstopfung krampflösende Medikamente geben und/oder die Speiseröhre mit einer Nasen-Schlund-Sonde vorsichtig freispülen.
  • Nach einer Schlundverstopfung sollte für einige Tage täglich Fieber gemessen und darauf geachtet werden, ob das Pferd Auffälligkeiten beim Fressen oder Husten zeigt.
  • Damit die Pferde beim Fressen nicht schlingen, sollte das Kraftfutter immer nach dem Raufutter gegeben werden.
  • Quellende Futtermittel, die nicht richtig aufgeweicht wurden, stellen eine Gefahr dar.
  • Auch ältere Pferde mit Zahnproblemen oder junge Pferde im Zahnwechsel sind gefährdet. Ihnen sollte Obst und Gemüse nur geraspelt gefüttert werden.

Aufquellende Futtermittel

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Unter einer Schlundverstopfung wird die Verlegung der Speiseröhre mit Futter verstanden. Meistens wird diese durch aufquellende Futtermittel oder ein zu großes Futterstück, und einem darauffolgenden Krampf der Speiseröhrenmuskulatur hervorgerufen. Bleibt ein Futterbissen im Hals stecken, beginnt das Pferd während des Fressens mehrmals zu husten, streckt den Kopf und den Hals nach vorn und frisst nicht mehr weiter. Futterbrei und Speichel rinnen dann durch die Nüstern zurück, was an einem grünlich-schleimigen Nasenausfluss zu erkennen ist.

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Natürlich können sich auch Pferde einfach „Verschlucken“. Dabei gelangt Nahrung oder Wasser in die Luftröhre und löst einen Hustenreiz aus. Ein mehrmaliges Husten reicht dabei meist aus und das Pferd setzt die Futteraufnahme sehr schnell wieder fort.
Bei einer Schlundverstopfung bringt Husten keine Hilfe. Es kann sogar dazu kommen, dass in Folge von Husten Futterpartikel auch in die Luftröhre gelangen, was eine Lungenentzündung zur Folge haben kann. Das ist, neben der Verletzung der Speiseröhre, eine weitere Komplikation bei einer Schlundverstopfung.

Die Speiseröhre wieder vorsichtig freispülen

Ein kurzer entspannender Spaziergang, bis zum Eintreffen des Tierarztes, kann leichte Krämpfe der Speiseröhre manchmal wieder lösen. Andernfalls müssen vom Tier- arzt krampflösende Medikamente gegeben und/oder die Speiseröhre mittels Nasen-Schlund-Sonde vorsichtig freigespült werden. Je nach Ausgangspunkt der Verstopfung kann dies mehrere Stunden dauern.
Nach einer Schlundverstopfung sollte für einige Tage täglich Fieber gemessen und darauf geachtet werden, ob das Pferd Auffälligkeiten beim Fressen oder Husten zeigt. In solchen Fällen ist das Pferd nochmals dem Tierarzt vorzustellen, um Folgeerkrankungen durch die Schlundverstopfungen frühzeitig behandeln zu können.
Eine auffallende Häufung an Schlundverstopfungen kann im Herbst festgestellt werden. Vermutlich wird durch das nachlassende Grasangebot auf der Weide oder im futterlosen Paddock, das Futter im Stall hastiger gefressen, da die Pferde sehr hungrig sind. Deshalb sollte Kraftfutter auch erst nach dem Raufutter gefüttert werden und nicht als Anreiz verwendet werden, um „in den Stall gehen“. Hastig fressenden Pferden können größere Steine in die Futterkrippe gelegt werden, um die Kraftfutteraufnahme zu verlangsamen. Auch wird nach Ende der Weidesaison im Herbst oft mit der Zufütterung von quellendem Futter, wie Heucobs oder Rübenschnitzel begonnen, welche nicht eingeweicht wurden. Zudem können anatomische Fehlbildungen, sogenannte Ösophagus-Divertikel (Ausbuchtungen der Speiseröhre) wie sie z. B. beim Friesen gehäuft vorkommen, zu wiederkehrenden Schlundverstopfungen führen.

Quellende Futtermittel vollständig aufweichen

Vorbeugend sollten quellende Futtermittel wie Mash, Rübenschnitzel und Heucobs möglichst vollständig in Wasser aufgeweicht werden, bevor sie gefüttert werden. Einige Hersteller werben mit einer verringerten Quellfähigkeit, welche ein trockenes Verfüttern möglich machen soll. Bei Pferden mit Zahnerkrankungen ist hiervon abzuraten. Eine verringerte Kaufähigkeit führt dazu, dass solche Heucobs zu wenig eingespeichelt werden und in der Speiseröhre quellen können.
Doch nicht nur quellende Futtermittel können eine Gefahr darstellen. Prinzipiell sind Schlundverstopfungen mit allen Arten an Futtermitteln möglich. Besonders hervorzuheben sind ältere Pferde mit Zahnproblemen oder fehlenden Zähnen, aber auch sehr junge Pferde im Zahnwechsel. Hier kommt es besonders leicht dazu, dass Äpfel- oder Karottenstücke unzerkaut abgeschluckt werden und zu einer Schlundverstopfung führen. Diese können mit der Nasen-Schlund-Sonde nicht immer freigespült werden, sondern müssen in einer aufwändigen Operation chirurgisch entfernt werden. Aus diesem Grund sollte Pferden mit Zahnproblemen Obst und Gemüse nur geraspelt, keinesfalls aber in Stücke geschnitten oder im Ganzen, gefüttert werden.