„Besprechen Sie mit dem Tierarzt Ihren Managementplan“, riet Dr. Henrik Wagner den Teilnehmern eines Online-Seminars der Firma MSD Tiergesundheit und weiter: „Dazu gehören Kotprobenanalysen, kontrollierter Wurmmitteleinsatz und frühzeitiges Reagieren.“ Der Fachtierarzt für kleine Wiederkäuer der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Justus-Liebig-Universität Gießen teilte die Innenparasiten ein in Einzeller (Protozoen), zum Beispiel Kokzidien, und Würmer (Helminthen), die sich in Plattwürmer, zum Beispiel Saug- und Bandwürmer, sowie Rundwürmer, zum Beispiel Leberegel, unterteilen.
Elf Wurmarten befallen Schafe
Als häufigste Vertreter nannte Wagner bei den Schafen Kokzidien sowie elf Wurmarten, zum Beispiel der rote gedrehte Magenwurm, Zwergfadenwürmer, Bandwürmer sowie Lungenwürmer. Gleichzeitig machte er auf zum Teil erforderliche Zwischenwirte, wie die Zwergschlammschnecke, die Ameise oder die Moosmilbe aufmerksam. „Magen-Darm-Würmer brauchen keinen Zwischenwirt, können sich sehr schnell vermehren und massive Verluste verursachen“, gab der Tierarzt zu bedenken.
Wurmbefall erkennt man durch das äußere Erscheinungsbild des Tieres wie struppiges Wollvlies, Durchfall mit kotverschmiertem Hinterteil oder eine weiße Augenschleimhaut aufgrund von Blutverlust.
Kotuntersuchung liefert Beweis für Wurmbefall
Die praktikabelste Methode für den Nachweis ist die Kotuntersuchung, die sich für den akuten und prophylaktischen Fall eignet. „Für eine korrekte Diagnostik muss allerdings die Probe passen“, so Wagner, der die eindeutige Zuordnung zu einem Einzeltier durch frisch abgesetzten oder rektal entnommenen Kot empfahl. Die Stichprobe muss ausreichend groß sein, schnell und am besten gekühlt mit Untersuchungsanforderung versandt werden.
Untersuchungsverfahren gezielt auswählen
Für verschiedene Parasiten gibt es unterschiedliche Untersuchungsverfahren. Darum ist es ratsam, eine zielgerichtete Vorauswahl mit dem Tierarzt zu besprechen. Der rein subjektiven Einschätzung des Untersuchers bei der „Semi-quantitativen Untersuchungsmethode“ mit „negativ, geringgradig (+), mittelgradig (++), hochgradig (+++)“, zog der Tierarzt die weniger subjektive Auswertung des modifizierten McMaster-Verfahrens durch die Anzahl Eier pro Gramm Kot (=EPG) vor.
Etwa 10 bis 14 Tage nach der Behandlung sollte eine Nachuntersuchung erfolgen, um die Wirkung des Antiparasitikums zu überprüfen. Bei dem sogenannten Eizahlreduktionstest (EZR) ist ein 95-prozentiger Erfolg nötig. Darunter ist eine Resistenzbildung wahrscheinlich. Der Fachtierarzt stellte klar, dass bei der Interpretation des Ergebnisses die parasitologischen Befunde immer im Zusammenhang mit der Klinik, dem Alter, der Haltung und der Vorgeschichte des Tieres zu sehen sind. „Wichtig ist, keine prophylaktische Entwurmung zu machen, sondern nur nach Kotuntersuchung entwurmen“, legte er den Schafhaltern ans Herz.
Orientierungswerte zur Entwurmung
Zur Hilfestellung gab der Tierarzt den Praktikern ein paar Orientierungswerte in Sachen Entwurmung an die Hand:
- Magen-Darm-Strongyliden ab 500 EPG;
- Bandwurm: Lämmer immer bei Nachweis, Alttiere nur bei höherem Befall;
- Kokzidien: Adulte oft nicht betroffen, Lämmer abhängig von Klinik;
- Lungenwürmer: Adulte bei mittel-hochgradigem Befall und klinischer Symptomatik, Leberegel immer bei Nachweis.
Massive Schäden durch Wurmbefall möglich
Wichtig war Henrik Wagner, eine Reihe von Denkanstößen zu geben. So wies er darauf hin, dass das Thema Entwurmung in der Praxis eher vernachlässigt wird, obwohl sich der Zyklus jährlich wiederholt. Oft wird ein Wurmbefall auch zu spät erkannt und führt zu massiven Folgeschäden bzw. ist im Hinblick auf den Tierschutz kritisch zu sehen. Sinnvoll ist eine Bestandsbetreuung durch einen sachkundigen Tierarzt, der für die richtige Diagnostik sowie eine angepasste Medikation sorgt.
Der Wurmbefall wiederholt sich jedes Jahr, denn die Entwicklung der Würmer unterliegt einem jahreszeitlichen Verlauf und einem kurzen Generationsintervall. Die Entwicklung ist teilweise auch an den Zyklus vom Wirtstier gekoppelt. Weil die Würmer bzw. Wurmeier auch überwintern können, ist ebenso ein Befall im Stall oder zeitigen Frühjahr möglich. In der Regel steigt jedoch der Infektionsdruck im Laufe des Jahres an. Zudem führen die Resistenzbildung der Würmer, die Kosten für Präparate und Diagnostik, kaum Kotprobenanalysen sowie die Umweltbelastung im Bereich der Landschaftspflege zu immer wiederkehrendem Befall.
Anthelminthika richtig einsetzen
Prinzipiell stehen mit Ausnahme von Milchschafen für Schafe ausreichend Anthelminthika zur Verfügung. Diese müssen jedoch gezielt und in ausreichender Dosierung eingesetzt werden. Monepantel (Zolvix) sollte hinsichtlich Resistenz nicht wahllos verabreicht werden. Vielmehr müssen Schafhalter routinemäßige Kotprobenkontrollen einführen, korrekt dokumentieren und vor allem bei Mastlämmern die teilweise langen Wartezeiten beachten. „Ziel ist eine Entwurmungsstrategie mit sinnvoller Reduktion der Parasiten. Die Lämmer sollen sich mit den Parasiten auseinandersetzen und eine Immunität ausbilden“, so Wagner.
Eine Resistenzbildung wird begünstigt durch:
- hohe Behandlungsfrequenz,
- subtherapeutische Dosis,
- Einsatz gleicher Wirkstoffgruppen,
- Würmer ohne „Refugium“,
- kurzes Generationsintervall der Würmer und
- Dose-and-move System, das heißt das Verbringen der Schafe nach dem Entwurmen auf eine saubere Weide oder das kurzfristige Aufstallen.
Wiederkäuer auf die Weidesaison vorbereiten
Der Experte riet dazu, die Weidesaison frühzeitig vorbereiten, wobei mit Weidemanagement der Parasitendruck gesenkt werden kann. Dazu sollten folgende Aspekte geklärt werden:
- Welche Weiden stehen zur Verfügung?
- Gibt es Feuchtstandorte?
- Wo standen die Schafe im letzten Jahr?
- Wird von einigen Wiesen Heu gewonnen?
- Gibt es die Möglichkeit, Wiesen zu kalken und andere Tierarten, wie Kühe und Pferde auf die Weide zu lassen?
Parasiten immer selektiv behandeln
Die Parasitenbehandlung sollte in jedem Fall selektiv erfolgen. Das bedeutet: Kotprobe untersuchen lassen, Sammelkotprobe von jedem Standort bzw. Altersgruppe nehmen, wobei eine Kotprobe von Diarrhö-Tieren ungeeignet ist, erst ab bestimmtem Befall überhaupt entwurmen, Entwurmung nur der schwächsten Tiere, vor Entwurmung Tiere mindestens zwölf Stunden nüchtern lassen und orale Medikamente hinter dem Zungengrund applizieren.
Wagners Rat: Zutreter oder Böcke dazu in Quarantäne stellen, Kotprobe untersuchen lassen und bei positivem Nachweis mit zwei Wirkstoffgruppen entwurmen, um Resistenzbildung zu vermeiden. Das Vorgehen bei einer akuten Behandlung: Blutprobe, Kotprobe, Bluttransfusion, gezielte Entwurmung und Infusion mit Glucose und NaCl bzw. Sterofundin.
Vorteile bei Kotproben
„Die Kosten für die Kotproben rechnen sich“, meinte der Tierarzt und wies auf deren Nutzen hin:
- Einsparung von Wurmmittel durch gezielte Entwurmung,
- Verringerung des Risikos der Resistenzbildung,
- Aufbau einer gewünschten natürlichen Immunität,
- keine Wartezeit auf Milch/Fleisch,
- Leistungserhalt bei den Tieren und
- geringere Umweltkontamination.
Abschließend unterstrich Wagner die Besonderheit von Kokzidien: Es sind besonders junge Lämmer betroffen, wobei eine Stall- und Weidekokzidiose möglich ist. Eine medikamentöse Therapie ist nicht möglich, jedoch ist eine Metaphylaxe ist mit Diclazuril oder Toltrazuril erlaubt. Am besten sollten die Schafhalter aber bereits im Vorfeld reagieren.