
Wer einen Milchviehbetrieb im Nebenerwerb führt, der kennt den ewigen zeitlichen Kampf von der frühen Stallarbeit zum außerbetrieblichen Job und wieder zurück unter die Kuh, bis man abends k.o. ins Bett fällt.
Für Familie oder Freizeit bleibt da oft kaum mehr Spielraum übrig, denn Zusatzaufgaben rund um das Herdenmanagement und die Außenwirtschaft müssen natürlich auch erledigt werden.
Kein Wunder, dass viele dieser Doppel- bzw. Mehrfachbelastung auf Dauer nicht standhalten und angesichts des zunehmenden wirtschaftlichen Drucks und den bürokratischen Hürden das Handtuch schmeißen oder sich eben für einen Job außerhalb der Landwirtschaft entscheiden.
Für Familie Ramstetter aus dem oberbayerischen Kleinrückstetten bei Teisendorf (Lks. Berchtesgaden) war das Aufgeben keine Option. Zu sehr sind Josef und Martina, ihre Kinder und auch die Altenteiler Stefan und Monika mit der Milchviehhaltung verwurzelt. Doch ihr Anbindestall aus dem Jahre 1986 verlangte Mensch und Tier letztlich zu viel ab. „Arbeitswirtschaftlich war das Harakiri“, sagt der 42-jährige Josef Ramstetter, der den Betrieb mit seiner Familie heute im Nebenerwerb führt und Vollzeit als Landmaschinenhändler tätig ist.
Bereits 2015 fiel im Rahmen eines Besuchs der Rieder Messe der Entschluss, einen neuen Milchviehstall zu bauen oder den alten Stall zu modernisieren und zu erweitern. Ramstetters wurden fündig auf der Suche nach dem geeigneten Stallbaupartner und dem idealen Konzept für ihren Betrieb.
„Wichtig war uns, dass wir quasi alles aus einer Hand bekommen. Wir wollten unbedingt zusätzliche Warteschleifen oder Probleme bei der Abstimmung zwischen den einzelnen Firmen, zum Beispiel aufgrund von Lieferengpässen, vermeiden“, berichtet der Milchviehhalter über seine Erfahrungen.
Zudem seien folgende Aspekte für das Konzept des neuen Stalls entscheidend gewesen:
- Erhalt des Altgebäudes und Nutzung der alten Futterachse bzw. des Futtertisches.
- Kostengünstige Erweiterung des Stalls, indem die alte Stallfasade auf der Westseite geöffnet wurde, um mehr Licht und Luft in den Stall zu bekommen.
- Beachtung der Gebäudestatik – Der Dachstuhl des Anbaus sollte sich selbst tragen.
- Nach wie vor sollte eine Fütterung vom Heuboden über Deckenlucken möglich sein.
- Direkter Zugang vom Haus aus in den Stall, damit die Tierkontrolle etc. auch nachts oder bei schlechtem Wetter stets sichergestellt ist.
Eineinhalb Jahre hat man sich am Geierhof für die Planung Zeit genommen. Gebaut wurde ohne Förderung. So konnte man kurz vor Baubeginn auch noch kleine Feinjustierungen, wie das Verlegen der Abkalbebox und das Integrieren eines Klauenpflegestandes in das Separationsabteil, vornehmen. „Wir mussten uns ohnehin an den Richtlinien unseres Bioverbandes orientieren. So wurde den Tieren großzügig Platz eingeräumt“, erzählt Ramstetter. Bereits 2008 haben er und seine Familie die Milcherzeugung auf Bio umgestellt und liefern seit 2009 an die Molkerei Berchtesgadener Land.
Harte Übergangszeit
Anfang April 2017 fiel dann der Startschuss für den Bau des neuen Stalls. „Für diese Übergangszeit haben wir für unsere 25 Kühe damals eigens einen Weidemelkstand angeschafft. Zu allem Überfluss machte uns ein verspäteter Wintereinbruch genau am Tag des Baubeginns das Leben schwer. Aber das haben wir auch gemeistert“, meint Josef Ramstetter und lacht heute, wenn er sich an das Melken im Schnee zurückerinnert.
Ohne den Zusammenhalt der Familie und die hervorragende Betreuung durch die Baufirma Stockinger sei das alles nicht möglich gewesen, ist er sich bewusst. Und am 17. 7. 2017 konnte die Herde der Ramstetters schließlich in ihren alten/neuen Stall einziehen.
Kühe nicht am Limit

Dass er mit seiner „Low-cost-Strategie“ in der Milcherzeugung heute auf rund 1000 kg Milch bei der durchschnittlichen Herdenleistung verzichtet, macht ihm nichts aus. „Schließlich ist auch der Aufwand viel geringer und die Kühe laufen nicht am Limit, was sich wiederum positiv auf die Tiergesundheit auswirkt“, betont Ramstetter.
Besonders zufrieden ist er mit den seit jeher guten Inhaltsstoffen der Milch seiner Herde, mit 3,5 % Eiweiß und 4,3 % Fett (Herdenschnitt 2021 6400 kg Milch). „Außerdem schauen wir, dass wir mehr Wintermilch melken, denn das wirkt sich über den etwas höheren Auszahlungspreis wieder positiv auf die Wirtschaftlichkeit aus“, so der oberbayerische Milchviehhalter.
Eine Person schafft alles

Herzstück des neuen Stalls ist der einseitige Side-by-Side-Melkstand, der es ermöglicht, sieben Kühe auf einen Streich zu melken.
Er wurde sehr kompakt und nach den Ansprüchen effizienter Arbeitswirtschaft in das Gesamtkonzept integriert.
Die Kühe verlassen den Stand über den Schnellaustrieb direkt zum Laufgang hin und auch Einzeltiere können so schnell selektiert werden, wenn z. B. eine Brunst vorliegt.
Die Melktechnik ist mit Melkdauer-, Milchmengen- und Leitfähigkeitsmessung sowie einem Pulsstopp ausgestattet. So kann der Melker selbst entscheiden, ob die Maschine nochmal eingeschalten werden muss oder er das Melkzeug abnimmt.